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19.3.2021 | Hochschule für Life Sciences

Schwerpunkte, Projekte und Aktivitäten im Berichtsjahr 2020

Die Forschungsaktivitäten der Hochschule für Life Sciences FHNW waren 2020 von fachlich heterogenen und erfolgreich durchgeführten Projekten geprägt. Highlights waren unter anderem die Entwicklung einer Blaupause für virensichere Masken während des Corona-Lockdowns im Frühling, erste Erkenntnisse rund um die Entdeckung neuer therapeutischer Antikörper zur Bekämpfung des Dengue-Virus und die Entwicklung von Trinkwasserbehandlungssystemen, die fünf Schulen und den anliegenden Gemeinden in Uganda Seewasser in Trinkwasserqualität liefern.

Process Technology Center: Neues Verfahren ermöglichte Serienherstellung von virensicheren Schutzmasken

Ein Highlight im Berichtsjahr war die Entwicklung einer Blaupause für virensichere Masken während des Corona-Lockdowns im Frühling 2020 innerhalb von nur vier Wochen. Das ETH-Spin-off HeiQ entwickelte einen neuartigen Wirkstoff, welcher Corona-Viren auf Schutzmasken abtöten konnte. Als die Corona-Krise einsetzte, gab es jedoch lediglich drei Gramm der neuartigen Formulierung. Innerhalb eines Monats wurden im neuen Process Technology Center (PTC) der Hochschule für Life Sciences FHNW die nötigen Verfahren entwickelt, um mehrere Tonnen des neuen Mittels herzustellen. Das Produktionsverfahren diente daraufhin als Blaupause für Grossproduktionen in der Schweiz, den USA, Australien und China. Die behandelten Masken werden seither weltweit millionenfach eingesetzt.

«Der ganze Prozess vom Ausgangsstoff zur Grossproduktion verlief in Rekordzeit», so Wolfgang Riedl, Arbeitsgruppenleiter Verfahrens- und Prozesstechnologie. «Wir waren innerhalb von drei Tagen betriebsfähig und konnten mit der Entwicklung des Herstellungsprozesses beginnen».

So funktioniert der Virenschutz aus dem Labor: Bei der Behandlung der Schutzmasken werden winzige Silberpartikel neben Fetttröpfchen (Liposomen) mittels Walzen auf den Stoff aufgetragen. Silber ist für seine Wirkung gegen Mikroben schon lange bekannt. In Kombination mit den Fetttröpfchen wirkt es besonders effektiv gegen Coronaviren. Die Barriere reisst Bestandteile aus der Hülle der Viren heraus. Dadurch werden diese inaktiv und können keine Menschen mehr infizieren.

Bild: peterschreiber.media

Entdeckung neuer Dengue-Therapeutika mit Hilfe künstlicher Intelligenz

Ein weiterer Höhepunkt im Berichtsjahr waren wichtige Forschungserkenntnisse rund um die Entdeckung neuer Dengue-Therapeutika mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.

Das Dengue-Virus ist ein viraler Erreger mit weltweit über 390 Millionen Infizierten, Tendenz steigend. Derzeit gibt es weder wirksame Impfstoffe noch therapeutische Behandlungen. Die Entwicklung eines Therapeutikums ist schwierig, da das Virus aus vier ähnlichen, aber serologisch unterschiedlichen Viren besteht. Ein Antikörpertherapeutikum, das alle vier Dengue-Virus-Serotypen bindet und neutralisiert, könnte eine wirksame passive Behandlung gegen schwere Dengue-Virus-Erkrankungen sein. Aufgrund der Unzugänglichkeit und Komplexität der natürlichen Immunantwort bleibt jedoch eine große Anzahl erfolgreicher Antikörperkandidaten unentdeckt.

Ende 2019 hat die aiHealth-Gruppe (Laboratory of Artifical Intelligence in Health) unter der Leitung von Prof. Dr. Enkelejda Miho damit begonnen, mehrere therapeutische Antikörper zu identifizieren, die alle vier Typen des Virus neutralisieren. Dabei wurden Methoden der künstlichen Intelligenz auf große Mengen von Immunsequenzdaten angewendet, was zur Entdeckung seltener, unterrepräsentierter antigenspezifischer Antikörper führen kann.

Im Laufe des Berichtsjahres hat die Gruppe die Entwicklung und Isolierung Antikörper-produzierender Zellen in vivo abgeschlossen und prozessiert diese derzeit im Labor für die Hochdurchsatz-Sequenzierung. Das Team hat mehrere Artificial-Intelligence-Algorithmen unter Verwendung von Immunsequenzierungsdaten entwickelt, um Personen zu diagnostizieren, die eine Dengue-Infektion aufweisen. Darüber hinaus können damit sequenzspezifische Muster innerhalb der Antikörper erkannt werden und Dengue-bindende Antikörper so identifiziert werden. Diese Algorithmen werden auf die eigenen Einzelzell-Sequenzierungsdaten angewendet, um vorauszusagen, welche Antikörperkandidaten gegen alle vier Stämme des Virus als potenzielles Therapeutikum wirken könnten. Diese Kandidaten werden in einem nächsten Schritt im Labor hergestellt und auf ihre Bindungsfähigkeit gegenüber allen vier Viren getestet. Die Plattform hat ein großes Potenzial, um neue neutralisierende Antikörper für die therapeutische Behandlung von Dengue-Infektionen zu entdecken und zu entwickeln, sowie das Design von Impfstoffen zu unterstützen. Das Projekt, welches vom Wellcome Trust finanziert wird, soll bis Ende 2021 abgeschlossen werden.

Innovatives Handwaschsystem mit recyceltem Wasser ermöglicht Händewaschen in humanitären Krisengebieten

Ein weiteres Highlight ist ein Forschungsprojekt der Hochschule für Life Sciences FHNW (HLS) im Bereich der humanitären Hilfe, welches die Hochschule in enger Zusammenarbeit mit diversen Partnerorganisationen umsetzt. Im Berichtsjahr entwickelte und implementierte das Projektteam unter der Leitung der Trinkwasserexpertin der HLS, Maryna Peter, ein innovatives Handwaschsystem, welches dank Wasser-Recycling nur sehr wenig Wasser verbraucht. Bereits heute können diese Systeme täglich von 600 bis 1400 Schulkindern genutzt werden und sparen bis zu 6 000 Liter Wasser pro System und Monat ein.

Kinder unter fünf Jahren, die in Konfliktgebieten leben, haben ein zwanzigmal höheres Risiko, an Krankheiten zu sterben, die durch unsauberes Wasser und mangelnder Hygiene ausgelöst werden, als durch Bomben und Geschosse. Eine so einfache Handlung wie Händewaschen kann die Häufigkeit von Durchfall und Lungenentzündung bei Kleinkindern um 50 Prozent senken. Doch Wasser ist in vielen Krisengebieten Mangelware. Wie wäscht man sich die Hände, wenn man nicht genügend Wasser hat?

Die innovativen Gravit`eau Handwaschsysteme verbrauchen dank Selbstregeneration nur eine sehr geringe Menge Wasser. Das nach dem Händewaschen gesammelte Abwasser wird per Schwerkraft durch einen Membranfilter gefiltert. Eine kleine Fusspumpe bringt das Wasser zurück zum Wasserhahn.

Die Trinkwasserexpertin Maryna Peter von der Hochschule für Life Sciences FHNW hat zusammen mit dem Schweizerischen Kinderhilfswerk Terre des hommes, dem humanitären Verein Gravit`eau, dem Wasserforschungsinstitut Eawag und der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW im Rahmen des von der Glückskette finanzierten Projekts Prototypen der Gravit`eau-Handwaschsysteme entwickelt und evaluiert. Sieben Systeme wurden im Berichtsjahr im Flüchtlingslager Mafa im Epizentrum des Konflikts im Norden Nigerias installiert. Die Systeme, die jeweils von 600 bis 1 400 Kindern pro Tag in Schulen genutzt werden, sparen bis zu 6 000 Liter Wasser pro System und Monat, sind robust und liefern Wasser von guter Qualität. Zwanzig neue Systeme werden derzeit in lokalen Werkstätten in Nigeria und Mali für den Einsatz in Gesundheitseinrichtungen hergestellt.

Die humanitären Organisationen haben erkannt, dass eine solche autarke Technologie eine noch nie dagewesene Lösung in den humanitären Programmen ist, die die Praxis des Händewaschens bequemer macht sowie Logistikaufwand und Kosten spart. Bis 2024 sollen über 80 Systeme in vier afrikanischen Ländern (Mali, Nigeria, Burkina Faso und Gaza) zum Einsatz kommen und evaluiert werden.

Das innovative Handwaschsystem wird bereits täglich von bis zu 1400 Schulkindern genutzt und kann bis zu 6'000 Liter Wasser pro System und Monat einsparen. (Bild: Tdh)

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