Schul-Vielfalt-Zukunft: Das war der Zweite Nordwestschweizer Bildungstag

    Unter dem Motto «Schul-Vielfalt-Zukunft» fand am 20. Oktober 2023 der Zweite Nordwestschweizer Bildungstag statt. Ein Rückblick.

    Solothurner Bildungsdirektor Remo Ankli

    Als Repräsentant des Bildungsraums Nordwestschweiz konnte der Solothurner Bildungsdirektor Remo Ankli rund 170 Personen aus Schule, Hochschule, Verwaltung, Politik und Wirtschaft auf dem Campus Muttenz der FHNW begrüssen. Regierungsrat Ankli betonte in seiner Eröffnung, dass Schulen sich aufgrund des sozialen Wandels einer wachsenden Vielfalt stellen müssen. Es gehe aber keineswegs nur darum, dass die Schule sich dem Wandel anpasse: Vielmehr sei es auch eine wichtige pädagogische Aufgabe, für Bindung und Stabilität zu sorgen, um problematische Auswirkungen des Wandels zu korrigieren. Im Anschluss begrüsste Claudia Schmellentin Britz die Teilnehmenden im Namen der PH FHNW und führte in den Tag ein, wobei sie als Deutschdidaktikerin exemplarisch auf Konzepte und Befunde zu sprachlicher Vielfalt einging.

    Bildungsforscherin Miriam Leuchter

    In zwei Vorträgen wurden verschiedene Facetten von Vielfalt als pädagogischer Herausforderung behandelt. Mit einem biographischen Hintergrund als Lehrperson an Kindergärten in der Schweiz und Schweden konzentrierte sich die Bildungsforscherin Miriam Leuchter auf die Unterrichtsgestaltung in der Primarstufe, um Gelingensbedingungen von geleitetem Unterricht und entdeckendem Lernen herauszuarbeiten. Dabei hob sie den Befund hervor, dass gerade für schwächere Schülerinnen und Schüler eine enge pädagogische Begleitung vorteilhaft sein könne.

    Mir hat die Vielfalt der Inputs gefallen. Schön, dass bei der Workshopauswahl und bei den Referaten auch der Vielfalt der Teilnehmenden Rechnung getragen wurde. Der Bildungstag war für mich die erste Veranstaltung, die Vielfalt nicht nur angepriesen, sondern auch gelebt hat. Ich bin ziemlich sicher, dass alle teilnehmenden Personen etwas Spannendes für sich mitnehmen konnten.
    Martina Bless, Lehrperson & Erziehungsrätin (AG)
    Sozialpsychologe Jakub Samochowiec

    Als Sozialpsychologe durch eine Vielzahl von Projekten zum Wandel der öffentlichen Meinung in der Schweiz ausgewiesen, stellte Jakub Samochowiec Befunde einer Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) zu Future Skills vor, wobei er sich auf Zukunftsentwürfe konzentrierte, die einerseits unterschiedliche Entwicklungspfade gesellschaftlicher Komplexität und andererseits unterschiedliche Grade von besser oder schlechter gelingender Koordination berücksichtigen. Für die Ausgestaltung der Future Skills ist es aus seiner Sicht empfehlenswert, ein Modell zugrunde zu legen, bei dem das Wissen und Wollen der Lernenden in eine Feedbackschlaufe zum Wirken gesetzt wird, das aus praktischen Gestaltungsversuchen resultiert.

    Die alltäglichen Herausforderungen im Kontext Schule und Erziehung sind mannigfach, deren Bewältigung wird durch die Reflexion gesellschaftlicher Verhältnisse zunehmend komplexer. Dabei kann man als schulleitende Person Gefahr laufen, sich nicht genügend Zeit für eine zukunftsorientierte und somit eine auf die Ansprüche der Gesellschaft von morgen ausgerichtete Schulentwicklung zu nehmen. Der Nordwestschweizer Bildungstag ist meines Erachtens eine hervorragende Plattform, den Austausch mit Vertretern aus den unterschiedlichsten Disziplinen und Funktionen pflegen und sich dabei über die Kantonsgrenzen hinaus Gedanken zur Schule von morgen machen zu können. Die wissenschaftlichen Referate, die Diskussionen sowie die Workshops stellten für mich hierbei ein gewinnbringendes Rundumpaket dar.
    Michael Müller, Rektor Sekundarschule Pratteln und Co-Präsident des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter Kanton Basel-Landschaft (VSLBL)
    Workshop zum Umgang mit Vielfalt

    In Workshops hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich zum Umgang mit Vielfalt vom Kindergarten bis hinauf zur Sekundarstufe II auszutauschen. Zu den behandelten Themen gehörten Fachgebiete wie Sprache, Mathematik, Naturwissenschaft und Technik. Des Weiteren bestand die Möglichkeit, sich mit dem Potential des selbstregulierten Lernens, des sozialen Lernens und der Begabungsförderung zu befassen. Zudem standen aktuelle Fragen der gymnasialen und beruflichen Bildung sowie Ideen für die Schule der Zukunft auf dem Programm. Die Durchführung der Workshops lag in den Händen von Tandems, in denen Fachpersonen aus der Schulpraxis, der Bildungsverwaltung, der Lehrerinnen- und Lehrerbildung sowie der Bildungsforschung engagiert und einfallsreich zusammenwirkten.

    Für die Netzwerkpflege und -erweiterung ist der Anlass sehr wertvoll: Man trifft bildungsaffine Personen aus den Bereichen Schule, Verwaltung, Politik und Wirtschaft.
    Karin Vallone, Leiterin Bildung, Handelskammer beider Basel

    Während das Feedback zu den Workshops sich durch sehr viel Lob und Anerkennung auszeichnet, stiessen die Keynotes auf ein gemischtes Echo, das von «sehr gut» über «zu anspruchsvoll» bis hin zu «nicht anspruchsvoll genug» reicht – was auch ein Hinweis auf die Vielfalt des Publikums ist, sodass sich für die Zukunft empfiehlt, den «gemeinsamen Nenner» von Vorträgen im Plenum noch besser zu bestimmen.

    Die Vielfalt der Workshops und Diskussionen erlaubte es mir, mein Netzwerk zu erweitern und von den Erfahrungen anderer zu lernen. Es war eine Freude, in diesem Rahmen auf ehemalige und neue Weggefährtinnen und -gefährten zu treffen und sich über unsere individuellen Bildungsreisen auszutauschen. Insgesamt war der Nordwestschweizer Bildungstag für mich eine wertvolle Veranstaltung, die den aktuellen Stand der Bildung reflektierte und einen Blick in die Zukunft wagte.
    Quirina Zumbach, Schulleiterin Neuendorf (SO)
    Podiumsgespräch mit Marc Scherrer, Marianne Schwegler, Adrian van der Floe, Alex Hürzeler, Barbara Bleisch (Moderation), v.l.

    Am Nachmittag wurde der Austausch durch ein Podiumsgespräch abgerundet, das von der Philosophin Barbara Bleisch auf anregende Art moderiert wurde. Im Rahmen des Gesprächs kamen Marianne Schwegler als Stimme der Lehrpersonen und der schulischen Heilpädagogik zu Wort; Adrian van der Floe vertrat die Sicht der Schulleitungen, Marc Scherrer die Anliegen der Wirtschaft im Hinblick auf die Berufsbildung und der Aargauer Bildungsdirektor Alex Hürzeler die Sicht der Politik. Als Aspekte der Vielfalt wurden unter anderem Migrationsfolgen, Schwierigkeiten von Jugendlichen beim Übergang von der Schule in die Berufsbildung und der Bedarf der Schulen an Ressourcen und Personal besprochen. Einigkeit bestand darin, dass es bei wachsender Vielfalt sinnvoll sei, möglichst viel Gestaltungsspielraum auf der lokalen Ebene zu eröffnen, damit dort flexibel und kreativ nach passenden Lösungen gesucht werden kann. Das Podiumsgespräch rundete einen Tag ab, der dem Informationsgewinn und Perspektivenwechsel sowie der Vernetzung gewidmet war.

    An der Tagung gab es vielfältige Anregungen, über die ich mich mit vielfältigen Menschen austauschen konnte. Ich freue mich bereits, den Dialog über die Zukunft der Schule fortzuführen und meinen Beitrag dazu zu leisten.
    Yanick Forcella, Pädagogisches Zentrum PZ.BS
    Der Bildungsraum Nordwestschweiz trifft sich am Campus Muttenz

    Zum Abschluss des Tages dankte Guido McCombie als Direktor der PH FHNW allen Mitwirkenden und Teilnehmenden für die interessanten Impulse und lebhaften Diskussionen. Der Bildungstag trage dazu bei, dass alle Anspruchsgruppen im Bildungsraum Nordwestschweiz einen Dialog auf Augenhöhe führen können. Nachdem 2021 der erste Anlass dieser Art unter Bedingungen der Pandemie weitgehend online durchgeführt werden musste, sei es schön gewesen, 2023 alle Gäste auf dem Campus Muttenz begrüssen zu können.

    Guido McCombie, Direktor PH FHNW

    Der direkte persönliche Austausch sei für den Bildungsraum Nordwestschweiz als Ganzes wichtig und helfe der Pädagogischen Hochschule dabei, die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften und anderen schulischen Fachpersonen praxisnah und zukunftsorientiert auszurichten.

    Bericht: Carsten Quesel

    Unterlagen

    Unterlagen zu den Vorträgen und Workshops sind auf der Eventwebsite zu finden.

    Kontakt

    Adrian Juen, Geschäftsführung Bildungsraum Nordwestschweiz,
    kommunikation@bildungsraum-nw.ch, 062 835 13 46

    Carsten Quesel, Projektleitung «Schule 2030» Pädagogische Hochschule FHNW,
    carsten.quesel@fhnw.ch, 056 202 79 56