Bildungsgerechtigkeit und Inklusion – Was tatsächlich geschieht. Ein Lehrforschungsprojekt
Im Projekt untersuchen Studierende, wie Inklusion und Bildungsgerechtigkeit in Kindergärten und Primarschulen gelebt wird.
Bildungsgerechtigkeit und Inklusion sind «Megathemen» im beruflichen Alltag, die global gerahmt sind, aber doch lokal und das heisst in jedem Schulzimmer konkret ausgestaltet werden. Die damit verbundenen normativen Ansprüche sind hoch und Lehrpersonen begegnen ihnen in je spezifischer Weise. Einzelakteure – wie (angehende) Lehrerinnen und Lehrer – können die Umsetzung von Inklusion nicht bewältigen. Sie können die «Komplexität einer zunehmenden gesellschaftlichen und somit sehr breiten schulischen Vielfalt» (Preuß 2018, S. 12) aber verstehend in den Blick nehmen und vor diesem Hintergrund Möglichkeiten und Grenzen ihres beruflichen Handelns ausloten. Dazu bietet sich eine forschende Auseinandersetzung mit (inklusionsförderlichen) Prozessen auf verschiedenen Ebenen von Unterricht und Schule an.
Im Rahmen des im Hauptstudium verorteten Moduls zu Forschung und Entwicklung haben die Projektbeteiligten eine anspruchsvolle Veranstaltungsreihe entwickelt, in der Studierende auf der Basis aktueller Konzepte und Befunde zu Bildungsgerechtigkeit und Inklusion eine eigene Forschungsfrage entwickeln, Daten erheben, mit einem systematischen Verfahren analysieren und abschliessend Verbindungen zum schulischen Mehrebenensystem herstellen.
Das Projekt wurde im Rahmen der Ausschreibung «Lehrinnovationen zu Diversität» (mehr Infos im PH-Portal für Lehrende) der Pädagogischen Hochschule FHNW beantragt und bewilligt. Es wird von der Hochschule gefördert und findet in den Studienjahren 2018-19 und 2019-20 statt.
Projektbeteiligte:
Katharina Lüthi
Simone Herzog
Das Lehrforschungsprojekt fusst auf einer Educational Governance-Perspektive. Diese bietet ein Analyseinstrumentarium an, mit dem sich Bildung als kollektives Gut und Ergebnis der Handlungsabstimmung aller beteiligten Akteure des schulischen Mehrebenensystems rahmen lässt. Aus empirischer Sicht lassen sich Beiträge für eine inklusive schulische Bildung auf eine «inklusionsorientierte Schulkultur- und Schulqualitätsentwicklung» (Preuß 2018, S. 14) zuspitzen. Schlüsselelemente guter inklusiver Bildung beinhalten u.a., «zielgerichtete, produktive und selbstverständliche Kooperationen, Zusammenarbeit, Partizipation, Austausch, Vernetzung, Öffnung von Schule und Unterricht, systematische Individualisierung und Binnendifferenzierung, Multiprofessionalität sowie Professionalisierung» (ebd.). Mehrebenenspezifische Gelingensbedingungen sind nicht als normative Postulate misszuverstehen, sondern können als «desiderative» Aspekte (a.a.O., S. 42) einen Beobachtungskorridor für Forschungsfragen liefern.
Das Lehrforschungsprojekt fusst auf der Annahme, dass forschendes Lernen als eigenständige wissenschaftliche Auseinandersetzung von Studierenden mit in Kindergärten und Schulen stattfindender pädagogischer Praxis eine doppelte Wirkung hat: Einerseits soll es den Blick auf die Differenz von programmatischen Ansprüchen und der empirischen Realisierung derselben schärfen, andererseits durch die Theoretisierung der Educational Governance-Perspektive eine vorschnelle Kritik der vorfindlichen Befunde vermeiden, indem die im Mehrebenensystem verorteten Verantwortlichkeiten besser verstanden werden.
Literatur: Preuß, Bianca (2018): Inklusive Bildung im schulischen Mehrebenensystem. Behinderung, Flüchtlinge, Migration und Begabung. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.