Neue Semesterstruktur, praxisorientierte Lernwelten an der HTU
Probleme – Projekte – Challenges

Mehr Flexibilität für Studierende, neue Räume für Lernen, Ausprobieren und Vertiefen – das wird möglich durch die neue Semesterstruktur der HTU ab Herbstsemester 2025/26 Als erstes sichtbares Element dieses Wandels bieten wir in den KW5-6 2026 sieben interdisziplinäre Blockmodule an.
Damit diese Blockmodule ihr volles Potenzial entfalten, setzen wir auf praxisorientierte Lehr/Lernformen. In einer Zeit beschleunigten Wandels reichen Vorlesungen allein nicht mehr aus. Heute stehen didaktische Ansätze im Vordergrund, die Eigenverantwortung stärken, aktives Lernen fördern und komplexe Problemlösungsfähigkeiten entwickeln. Besonders prominent sind dabei drei Formate:
- Problembasiertes Lernen (PBL)
- Projektbasiertes Lernen (PjBL)
- Challenge-basiertes Lernen (CBL)
Diese Lehr/Lernformen arbeiten mit realitätsnahen Fragestellungen, regen zu selbstständigem Handeln an und fördern Teamarbeit. Zugleich sind sie eng mit berufspraktischen Kompetenzen verknüpft und bereiten so optimal auf die Herausforderungen von Studium und Beruf vor.
An den beiden Hochschulen HTU und HSI werden diese Lehr/Lernformen z.T. bereits angewendet, wie z.B. die Challenge X als Praxismodul im HSI-Studiengang Data Science oder die Semesteraufgabe: Auslegung & Bau eines Skateboards aus Composites im HTU-Modul c1m. PBL kommt bei der jährlichen Teilnahme des interdisziplinären Marsrover-Teams bei der European Rover Challenge zum Einsatz. Um das Potenzial dieser Ansätze besser zu verstehen, lohnt sich ein genauer Blick auf ihre didaktischen Merkmale sowie auf die damit verbundenen Stärken und Grenzen.
Problembasiertes Lernen (PBL)
Problembasiertes Lernen ist ein lernerzentrierter Ansatz, der auf der Bearbeitung, komplexer Probleme beruht. Dabei wird nicht primär Wissen vermittelt, sondern über die Problem eigenständig erarbeitet. Die Bewertung erfolgt häufig über Gruppenpräsentationen, mündliche Prüfungen oder schriftliche Ausarbeitungen, die den Problemlösungsprozess dokumentieren.
Merkmale
- Ausgangspunkt ist ein praxisnahes, aber unstrukturiertes Problem
- Lernende arbeiten in Kleingruppen und strukturieren den Lernprozess selbstständig
- Die Siebensprung-Methode dient als didaktisches Grundgerüst
- Die Kleingruppen werden von Tutor*innen begleitet, die den Prozess moderieren.
Stärken und Schwächen
- Förderung analytischer und kritischer Denkfähigkeit (+)
- Hohe Eigenverantwortung und aktive Wissenskonstruktion (+)
- Anforderungen an Selbstorganisation und Motivation der Lernenden (-)
Projektbasiertes Lernen (PjBL)
Projektbasiertes Lernen ist eine didaktische Methode, bei der Studierende in Projektform über einen längeren Zeitraum an realitätsnahen Projektaufträgen arbeiten. Ziel ist es, fachliches Wissen und praktische Anwendung zu verbinden. Typische Prüfungsformen sind Projektberichte, Präsentationen, Reflexionsberichte sowie die Bewertung des Projektergebnisses selbst.
Merkmale
- Arbeit an praxisnahen, oft interdisziplinären Projekten
- Selbstorganisation und Teamarbeit stehen im Zentrum
- Lehrende treten als Coaches und Prozessbegleiter auf
- Ergebnisorientierung: konkrete Produkte oder Dienstleistungen entstehen
Stärken und Schwächen
- Hohe Praxisrelevanz und Motivation durch realitätsnahe oder reale Projektaufträge (+)
- Förderung von Schlüsselkompetenzen, z.B. Teamarbeit, Kommunikation, Projektmanagement (+)
- Nachhaltiger Wissenserwerb durch Verknüpfung von Theorie und Praxis (+)
- Hoher Organisationsaufwand für Lehrende und Studierende (-)
- Gefahr, dass fachliche Inhalte zugunsten der Projektdynamik in den Hintergrund geraten (-)
Challenge-basiertes Lernen (CBL)
Challenge-basiertes Lernen baut auf PBL und PjBL auf und erweitert diese durch die Bearbeitung gesellschaftlich relevanter „Challenges“. Der Ansatz wurde ursprünglich von Apple Education entwickelt und zielt auf ein aktives Engagement in realen Kontexten. Prüfungen orientieren sich häufig an der Präsentation der Challenge-Lösungen, prototypischen Umsetzungen sowie Reflexionen über den Lernprozess.
Merkmale
- Fokus auf gesellschaftlichen Herausforderungen („Big Ideas“)
- Interdisziplinäre Teams entwickeln Lösungsansätze mit realer Wirkung
- Enge Verknüpfung von Forschung, Praxis und sozialem Engagement
- Starke Betonung digitaler Medien und kollaborativer Werkzeuge
Stärken und Schwächen
- Motivation durch gesellschaftliche Relevanz (+)
- Entwicklung von Innovations- und Gestaltungskompetenz (+)
- Förderung von Verantwortung, Partizipation und Transferfähigkeit (+)
- Hohe Komplexität kann zu Überforderung führen (-)
- Ressourcenbedarf (Zeit, Vernetzung, externe Partner) (-)
Übersicht Pbl, PjBL und CBL

PBL – PjL – CbL auf einen Blick
Fazit & Ausblick
Die Lehr- und Lernformen PBL, PjBL und CBL stellen unterschiedliche, aber miteinander verwandte Ansätze dar, die das klassische Lehren und Lernen nachhaltig erweitern. In der Praxis treten dabei oft auch Mischformen auf, die die Stärken der einzelnen Formate kombinieren. Gemeinsam ist allen Ansätzen, dass Leistungsnachweise nicht losgelöst, sondern eng an die Prozesse und Produkte des Lernens gebunden sind. Dies macht die Leistungsnachweise anspruchsvoll. Jedoch erwerben die Studierenden nicht nur fachliches Wissen, sondern entwickeln zugleich zentrale Kompetenzen, die sie direkt in ihrer beruflichen Praxis einsetzen können. Wir arbeiten derzeit an der Ausgestaltung dieser Formate und der konkreten Umsetzung in den neuen Blockmodulen – More to come…
Vertiefende Informationen im Kontext mit diesen sowie weiteren praxisorientierten Lehr/Lernformen geben die folgenden Quellen:
Weiterführende Beispiele
- ETH Zürich Dokument: Framing project-based education at ETH Zurich | ETH Learning and Teaching Journal
- “Lehre Laden”: Problemorientiertes Lernen « LEHRE LADEN
- HTU-Modul c1m: Composite 1 – Manufacturing Technologies
- HSI Challenge-X: Praxismodule – Studienform Data Science FHNW
- Marsrover Team: FHNW Rover-Team bei der European Rover Challenge 2025 in Krakau | FHNW
Literaturverzeichnis zum Artikel «Explorative, praxisorientierte Lehr- und Lernformate: Problem-,Projekt- und Challenge-basiertes Lernen»
- Weber, A. & Slemeyer, A.: Die Siebensprung-Methode der Universität Maastricht. [ohne Verlagsangabe], 2007.
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