Harmony Square

Harmony Square versetzt Spielende in die Rolle von fiktiven «Desinformationsbeamten». Diese wählen in vier Spielrunden (Kapiteln) jene Aktivitäten aus, die bestmöglich geeignet sind um in der Lokalität «Harmony Square” die Idylle zu zerstören. Sie schüren Spannungen und hetzen die Bewohner vor allem durch soziale Medien gegeneinander auf. Die Spielenden nutzen typische Manipulationstaktiken, wie «Trollen», emotionale Aufhetzung und Eskalation, Verschwörungstheorien und den Einsatz von Technologien wie Bots und gekaufte Social Media Beiträge. Durch Chat-basierte Interaktionen wählen Spielende vorgegebene Handlungsoptionen aus und erhalten daraufhin Feedback und erklärende Zusatzinformationen zur Wirkung ihrer Taktiken. Sie wählen z.B. emotionalisierende Posts oder reisserische Schlagwörter aus, die sie via Social Media verteilen.  Das Ziel des Spiels ist, möglichst viele Likes und Follower zu generieren. Am Ende des Spiels erhalten Spielende eine Auswertung wie sie im Vergleich zu anderen abgeschnitten haben.

Sprache/n:Englisch, französisch, niederländisch, indonesisch, arabisch, tschechisch, arabisch, deutsch, ungarisch, slowenisch, russisch, vietnamesisch, chinesisch
Verfügbarkeit:kostenlos frei zugänglich
Bezugsort:https://harmonysquare.game/
Zusatzinformationen zum Spiel: https://harmonysquare.game/en/share
Spieldauer:Ca. 15 – 25 Minuten
Empfohlene Altersgruppe:Personen ab 15 Jahren (gemäss den Entwicklern)
Spielmodus:Single Player Game (für eine/n Spielende/n)
Plattform:Browserbasiertes Spiel
Spieltyp:Interaktive, chatbasierte Entscheidungsfindung und Feedback
Spielmechanismen:Punktesystem, mehrere Runden, Registrierung möglich
Herausgeberschaft:Zentrum zur Bekämpfung von Propaganda und Desinformation (GEC) des US-Außenministeriums, die Behörde für Cybersicherheit und sichere Infrastruktur (CISA) des US-Ministerium für innere Sicherheit, DROG und die Universität Cambridge
Fokus der Vermittlung:Desinformationstaktiken in der Rolle von Manipulator:innen vermitteln und dadurch Spielende sensibilisieren.

Didaktische Einschätzung des Spiels

Die folgende Evaluation basiert auf einem didaktischen Konzept das Fähigkeiten, Wissen und Einstellungen umfasst, die im Umgang mit Fake News erforderlich sind.

Die Spielenden lernen Manipulationstechniken, die auf Social Media fokussieren, kennen. Diese Techniken sind stark beitragsbezogen. D.h. die Spielenden wählen multimediale Nachrichten resp. Nachrichteninhalte in Form von Texten und Bildern aus, die polarisieren und emotionalisieren, und daher geeignet sind eine möglichst grosse Aufmerksamkeit zu erzielen.

Auf Veröffentlichungskontext-bezogene Methoden wird kein direkter Bezug genommen. Lernende könnten indirekt sensibilisiert werden auf den Nachrichtenkontext (Autorenschaft / Plattform) zu achten, weil Themen wie Bots/ Fake Accounts oder Fake News Portale im Spiel thematisiert werden.

Obwohl Spielende in die Rolle eines fiktiven Fake News Akteurs schlüpfen, werden politische oder finanzielle Motive tatsächlicher Fake News Verbreiter nicht ausgeleuchtet. Die Folgen von Fake News werden insofern sichtbar als die Polarisierung der Gesellschaft – durch die Spaltung der Harmony Square Community – aufgezeigt wird. In geringem Masse wird technologisches Wissen, zum Beispiel über die Nutzung von Bots und Fake Accounts thematisiert.  

Die Reflexion über Fake News erfolgt dadurch, dass sich Spielende in die Rolle von Fake News Verbreitern versetzen, was ein Erfahrungslernen durch einen Perspektivwechsel mit sich bringt. In anderen Worten, das Einnehmen der antagonistischen Rolle eines Desinformations-Verbreiters kann dazu führen, dass die Spielenden auch ihre Einstellung und Kritikalität zum eigenen Konsum von (Falsch-)Nachrichten auf Social Media verändern.  

Ein randomisiertes Experiment kam zu dem Ergebnis, dass Personen, die das Spiel gespielt haben, Desinformation als weniger zuverlässig eingestuft haben als Personen einer Kontrollgruppe. Zusätzlich hatten die Spielenden mehr Vertrauen in ihre Entscheidungen und waren weniger geneigt Desinformation weiter zu teilen, was insgesamt die Wirksamkeit des Spiels unterstreicht (Roozenbeek & van der Linden, 2020).

Die Stärke des Spiels liegt in der Vermittlung von Kompetenzen zur Erkennung von Falschnachrichten, was auch die erste rigorose wissenschaftliche Untersuchung des Spiels unter Beweis stellt. Viele Teilnehmende der Studie hatten einen Hochschulhintergrund, was ein Indikator dafür sein könnte, dass das Spiel auch für diese Zielgruppe lehrreich sein kann (Roozenbeek & van der Linden, 2020). Spielende lernen primär, indem sie Beitrags-bezogene Propaganda- und Täuschungsstrategien – wie z.B. die Verteilung von emotionalisierenden und polarisierenden Nachrichten in der Rolle von Fake News Verbreitern – anwenden. Auf Veröffentlichungskontext-bezogene Fake News Erkennungsmethoden und Hintergrundwissen wird sehr wenig Bezug genommen.

Die Lernprozesse werden dadurch getriggert, dass Spielendende nach Auswahl von vorgegebenen Optionen instruktionales Feedback zur Qualität ihrer Entscheidungen sowie Zusatzerklärungen zur Wirkung ihrer manipulativen Techniken erhalten. Der Handlungsspielraum ist zumeist auf die Auswahl von 1-3 vorgegebenen Optionen beschränkt. Harmony Square ist eine bewusst geschaffene, realitätsferne Fantasiewelt und wirkt dadurch wenig authentisch.

Das Spiel eignet sich als guter erster Einstieg in die Thematik, auf dessen Basis im Unterricht konkrete Handlungskompetenzen vertieft und praktisch angewandt werden können. Insbesondere die Nutzung von Veröffentlichungskontext-bezogenen Methoden, wie z.B. News-Verifikationstechniken wie die Bilder-Rückwärtssuche oder die Nutzung von Fakt-Checking Seiten könnte zusätzlich vertieft werden. Ebenso eignet sich das Spiel als Ausgangspunkt für eine weitere Auseinandersetzung mit der Entstehung, Verbreitung und den Auswirkungen von Fake News, und für eine systematische Reflexion der eigenen Mediennutzung, die durch die ungewohnte Rolle des «Schurken» ausgelöst werden kann.


Einschätzung des Spiels durch unsere Studierenden

Was Studierenden am Spiel gefallen hat 🙂

  • Was man in der echten Welt nicht sollte oder besser gesagt darf, konnte man in diesem Spiel vollkommen ausleben…Unruhe stiften. Die jeweiligen Kommentare und der generelle Spielaufbau waren unterhaltsam.
  • Ich fand, dass das Spiel lustig aufgebaut war. Es wurde in einer Art Fantasiewelt aufgestellt, so konnte man es einfacher verstehen. Ebenfalls war es, trotz dieser Fantasiewelt, sehr realitätsnah. Man konnte Parallelen zur Realität erkennen.
  • Die Darstellung und das Design des Spiels waren ansprechend. Oben jeweils wurden die Likes angezeigt, was motivierend war. Der Inhalt wird mit viel Witz transportiert, weshalb es Spass macht.

Was Studierenden am Spiel nicht gefallen hat 🙁

  • Das Spiel wirkte so als würde man egal was anklicken das gleiche Resultat erfahren. Zudem wäre es toll gewesen, wenn man noch ein bisschen mehr Auswahl gehabt hätte bei den Postings.
  • Ausserdem weiss man nicht welche Antwort die bessere gewesen wäre, um einen höheren Score zu bekommen. Ausserdem war das Setting für das Spiel etwas unrealistisch.
  • Ich hätte mir noch einen engeren Bezug zur Realität gewünscht, damit klar wird, dass das Spiel auch zur Aufklärung dient.
  • …jedoch war der Lerneffekt für mich persönlich nicht gegeben, da es nicht sehr realitätsnahe war, ein Abstimmung über ein reales Thema wäre sicherlich spannender gewesen und lehrreicher.
  • Zu Beginn war unklar, was der Zweck des Spiels ist.

Weiteres Feedback von unseren Studierenden


Studierende beschreiben ihren Erkenntnisgewinn

  • Ich habe gelernt, wie man eine Gesellschaft durch Falschinformationen spalten kann.
  • Da ich ohnehin sehr kritisch mit Onlinequellen umgehe, konnte ich vor allem von diesem Spiel mitnehmen, wie schnell eine «Lawine» losgelöst wird. Auch das Einsetzen von Bots und Fake-Accounts wurde mir nähergebracht. So hinterfrage ich eine grosse Anzahl an Kommentaren nun mehr.
  • Es öffnet einem die Augen, dass sich solche Posts auch im «echten Leben» schnell verbreitet können
  • Auch wurde mir wieder klar wie emotional Menschen auf alle möglichen Dinge reagieren können. Es ist umso wichtiger sich selber mit Themen auseinanderzusetzen, statt sich auf eine Quelle zu verlassen.

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