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Den Erfolg im Handel immer wieder neu verhandeln

13. Juni 2018
Am Tag des Handels gewannen rund 250 Handels­unternehmerInnen, PolitikerInnen und VerbandsvertreterInnen im Kursaal Bern Erkenntnisse zum Freihandel und zur Entwicklung des Schweizer Handels im Zuge der Digitalisierung. Ob stationär oder online – nachhaltige Erlebnisse und gute Beratung sind unverzichtbar. Für die neuen Freihandelsabkommen der Schweiz braucht Staatssekretärin Ineichen-Fleisch mehr Flexibilität im Verhandlungsrahmen. Da ist die Agrarwirtschaft gefordert. Die Schweiz behauptet ihre Rolle in der Welt immer wieder neu. So koordiniert sie eine Gruppe von mittelgrossen Ländern, die die WTO weiter entwickeln wollen. Handel Schweiz veranstaltete zum ersten Mal den Tag des Handels zusammen mit fünf anderen Verbänden, die Unternehmen aus den Bereichen Spielwaren, Hebebühnen, Edelstahl- und Metall sowie technische Produkte bzw. Leasinggeschäft vertreten. Jean-Marc Probst, Präsident von Handel Schweiz, zeigte in seiner Begrüssung auf, dass der zunehmende Handel die Armut in der Welt gesenkt habe und insgesamt eine sehr positive Entwicklung nach sich ziehe. Man dürfe aber auch nicht die Augen vor jenen Bereichen verschliessen, die es weiterhin zu verbessern gäbe wie zum Beispiel das immer noch sehr grosse Gefälle zwischen den sehr Reichen und den sehr Armen. Der Bildung komme hier eine Schlüsselrolle zu. Jean-Marc Probst freute sich, dass es dem Handel in der Schweiz und der Schweizer Wirtschaft insgesamt sehr gut gehe. Das sei auch auf die klug verhandelten Freihandelsabkommen der Schweiz zurückzuführen. Freihandel ist nicht frei, sondern folgt Regeln Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, Direktorin des SECO sowie Direktorin der Direktion für Aussenwirtschaft, ist seit 2007 der zentrale Kopf der Schweiz, wenn es um die Verhandlung von Freihandelsabkommen geht. Am Tag des Handels ging die Staatssekretärin vor rund 250 HandelsunternehmerInnen, PolitikerInnen und VerbandsvertreterInnen im Kursaal Bern auf die aktuellen Herausforderungen des Schweizer Handels im internationalen Kontext ein. Sie erläuterte, dass das Wort Freihandel missverständlich sei, denn kein Handel sei frei von Regeln. «Freihandel heisst frei von Zöllen und von unnötigen Verfahren. Es gibt jedoch sehr wohl klare Regeln im Freihandel.» Diese Regeln sind das Kernthema der WTO. Sie widmet sich dem abgestimmten und regelkonformen internationalen Handelssystem. Deshalb setzt sich die Schweiz seit jeher aktiv für die Welthandelsorganisation ein. Neu koordiniert die Schweiz im Rahmen der WTO eine Gruppe von mittelgrossen Ländern, denen der Erhalt und die weitere Entwicklung der Welthandelsorganisation wichtig ist. Staatssekretärin Ineichen-Fleisch erklärte: «Die sehr kleinen und die ganz grossen Länder sind nicht bei dieser Gruppe vertreten, aber viele lateinamerikanische Staaten, zahlreiche Länder aus Südostasien und einzelne aus anderen Weltregionen. Ohne die WTO wären diese Länder im internationalen Handel in keinem Verbund vertreten, in dem sie sich durch ihre Stärke behaupten könnten.» Freihandelsabkommen im internationalen Wettbewerb Sie betonte, wie wichtig die nicht isolierte Betrachtungsweise der Schweizer Freihandelsabkommen sei. Sie stünden immer im Zusammenhang mit anderen, gerade abgeschlossenen oder sich in Verhandlung befindlichen Freihandelsabkommen in der ganzen Welt. Denn bei Freihandelsabkommen herrsche ein konstanter Wettbewerb der Länder untereinander. Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch nannte ein einleuchtendes Beispiel: «Wenn zum Beispiel die EU durch ihr Freihandelsabkommen mit Kanada einen besseren Zugang zum Käsemarkt in Kanada erhält, hat das relativ schnell Auswirkungen auf die Käseexporte der Schweiz. Deshalb müssen wir dann in den Freihandelsabkommen nachziehen können, damit unser Teil des Käseexports gesichert ist.» Von Loeb bis brack.ch: Die Marke muss stimmen In der anschliessenden Podiumsdiskussion widmeten sich Nicole Loeb, Delegierte des Verwaltungsrates der Loeb Holding AG, Prof. Martina Dalla Vecchia von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW und der Gründer der Online-Plattform brack.ch Roland Brack der Frage, wie sich der Handel in der Schweiz im Zuge der Digitalisierung verändern werde. Die Mitinhaberin des stationären Warenhauses, die das 1881 gegründete Unternehmen in der fünften Generation führt, und der Online-Händler mit einem Sortiment von 200’000 Produkten sind sich darin einig, dass der Kern der Marke und die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden das Zentrum aller Anstrengungen sind. Für Loeb, «dem persönlichsten Warenhaus der Schweiz», das u.a. für seine speziell gestalteten Schaufenster bekannt ist, steht die Kundenbindung im Fokus. Das gilt für Innovationen wie die Showküche und das Nähcafé im Warenhaus oder den Dash Button an der Waschmaschine zuhause, mit dem das neue Waschmittel für den kommenden Tag bestellt werden kann. Nicole Loeb erklärte: «Wir betreiben ein Warenhaus und machen dieses mit vielen Facetten attraktiv; elektronische Mittel sind dabei eine Unterstützung.» Auch der Online-Händler Brack.ch bleibt bei seinen Stärken und plant keine Ausweitung in den stationären Handel. «Das ist nicht mein Business», betonte Roland Brack. Doch wie im stationären Handel ist bei Brack die umfassende Beratung sehr wichtig – allerdings in diesem Fall per Telefon, Whatsapp und E-Mail. Digitalisierung erfordert ein Digitales Mindset und den Mut zu experimentieren Prof. Martina Dalla Vecchia von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW geht davon aus, dass im Schweizer Handel ein grosses Innovationspotenzial besteht. Sie erlebt, dass Führungskräfte mit vielen guten Ideen unterwegs sind. Doch um diese zu nutzen, müssten Unternehmen anders vorgehen als früher: «Es braucht Digital Leaders in den Firmen, die Potenziale erkennen und diese umsetzen – sei es für den Vertrieb oder für interne Prozesse.» Dabei gelte es, die immensen Erfahrungen aus dem Handel mit den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung zu verschmelzen. So böten Virtual Reality und Augmented Reality ganz neue Chancen, um Kunden zu begeistern, in der Automation von Marketingmassnahmen oder in der Schulung von Mitarbeitenden. Quintessenz der Diskussion: Wichtig ist es, die eigenen Stärken zu kennen, eine klare Strategie zu verfolgen und digitales Wissen im Unternehmen systematisch auszubauen. Kaspar Engeli, Direktor von Handel Schweiz, zeigte sich zufrieden mit der ersten derartigen Durchführung des Tag des Handels: «2019 findet der Tag des Handels am 21. Juni statt. Wir freuen uns, gemeinsam mit befreundeten Verbänden und Organisationen die Zukunft der kleinen, aber starken Handelsnation Schweiz weiter zu entwicklen.»  

Schlagworte: Digitalisierung Schweiz, FHNW, Handel, Handel Schweiz, Institut für Wirtschaftsinformatik, IWI, Martina Dalla Vecchia, tag des handels

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