Zum Inhalt springen.

Navigation

Allgemein

Differenzierte Abbildung des Veloverkehrs im KVM-AG

Noè Fiabane | 8. Juli 2025

Seit dem 1. Januar 2023 ist das Veloweggesetzes in Kraft. Mit dem Gesetz werden die Kantone verpflichtet, ihr Velowegnetz grundsätzlich zu überarbeiten. Innert fünf Jahren müssen hierfür die Pläne feststehen und innerhalb von weiteren 15 Jahren umgesetzt werden. Der Kanton Aargau ist bereits auf diesem Weg und nimmt dazu in seinem neusten Richtplan Stellung.

Damit ein Velowegenetz auch die Bedürfnisse der Bevölkerung widerspiegelt, muss die Politik sowie die Verkehrsplanung ein entsprechendes Netz aufbauen. Hierfür werden Planungsinstrumente benötigt, die die Entscheidungsgrundlage für solche Projekte liefern können. Das kantonale Verkehrsmodell Aargau (KVM-AG) ist ein solches Instrument. Diese Vertiefungsarbeit befasst sich mit der Frage, wie das KVM-AG für die künftigen Fragestellungen im Veloverkehr fit gemacht werden kann. Im Rahmen einer studentischen Projektarbeit wurde untersucht,
was aus wissenschaftlicher Sicht wünschbar und modell- und datentechnisch
machbar ist.

Status Quo

Das KVM-AG bildet bereits den Veloverkehr ab. Dieser umfasst das Velo als eigenständiges Verkehrsmittel sowie verschiedene Raumwiderstände wie Infrastrukturtyp oder Steigung. Seit der letzten Aktualisierung des Modells ist jedoch einiges geschehen. Die Zahlen aus dem Mikrozensus Mobilität und Verkehr des BFS belegen, dass der Anteil an E-Bikes und S-Pedelecs am Modalsplit zunimmt. Mit der höheren Geschwindigkeit, insbesondere beim S-Pedelec (bis 45 km/h), ist dieses in Bezug auf die Reisezeiten auch auf längeren Fahrten bis 15 km zudem deutlich konkurrenzfähiger mit dem MIV als das konventionelle Velo. Dieses Potenzial wurde von der Politik erkannt, weshalb im Kanton Aargau unter anderem der Ausbau von Velovorzugsrouten geplant ist.

Ein guter Indikator für die Entwicklung und die künftige Bedeutung der E-Bikes und S-Pedelecs für die Verkehrsmodellierung zeigen die Verkaufsstatistiken von Velosuisse. Darin ist zu sehen, wie die Verkäufe von Fahrrädern mit Tretunterstützung an Bedeutung gewinnen. Der Vergleich mit dem konventionellen Velo zeigt auf, dass die E-Bikes und S-Pedelecs mittlerweile 43% der gesamten Radverkäufe im Jahre 2023 ausmachen. Ebenso ist der Vergleich mit den Neuzulassungen von Personenwagen interessant, da sie die Dimensionen der Radverkäufe besser interpretierbar machen. Zugleich gilt es einzuordnen, dass die Lebensdauer und die Fahrleistung von Personenwagen nicht vergleichbar ist mit jener von Velos.

Verkaufszahlen von Velos, E-Bikes, S-Pedelecs und Neuzulassungen von Personenwagen
Datengrundlage:
Personenwagen: BFS (2024), Neue Inverkehrsetzungen von Strassenfahrzeugen
Velo, E-Bikes und S-Pedelecs: Velosuisse (2024), Statistik Neuverkäufe 2012 – 2023

Richtige Priorisierung

Aufgrund dieser Ausgangslage befasst sich diese Arbeit mit der Frage, wie eine differenzierte Abbildung des Veloverkehrs im KVM-AG möglich ist. Zum einen muss die Erweiterung geeignet sein für künftige Fragestellungen, zum anderen muss eine Datengrundlage vorhanden sein, um die Aussagekraft und Validität der Aussagen zu garantieren. Daher stellt nicht jede Erweiterung des Modells automatisch eine Verbesserung dar.

Datengrundlage ist entscheidend

Im Laufe der Arbeit hat sich gezeigt, dass insbesondere die Datenverfügbarkeit entscheidend dafür ist, ob eine Umsetzung im Modell sinnvoll erfolgen kann. Aus den Experteninterviews und der Literatur existieren viele Ansätze, wie man den Veloverkehr besser abbilden kann. In der Praxis besteht jedoch das Problem, wie die Wirkung dieser Verbesserung in einem Verkehrsmodell quantitativ abbildbar ist. Die Recherche ergab, dass insbesondere zwei Erweiterungen hierfür geeignet sind, die jedoch nur in Kombination sinnvoll implementiert werden können.

Besitzquote für E-Bikes und S-Pedelecs

Durch die Nutzung von E-Bikes und S-Pedelecs verringert sich der Raumwiderstand im Radverkehr. Dadurch werden vermehrt auch längere Strecken mit höheren Geschwindigkeiten als beim herkömmlichen Velo zurückgelegt, und Steigungen erfordern weniger körperlichen Aufwand.

Um diese Effekte räumlich präzise abzubilden, ist eine genaue Beschreibung der räumlichen Verteilung der Besitzquoten von E-Bikes und S-Pedelecs eine wesentliche Grundlage. Bei S-Pedelecs kann die Besitzverteilung aufgrund der Kontrollschildpflicht direkt aus Registerdaten abgeleitet werden. Für E-Bikes zeigt die Auswertung von Daten des Mikrozensus Mobilität und Verkehr, dass der Besitzanteil mit abnehmender ÖV-Güteklasse zunimmt.

Radbesitzanteile und ÖV-Güteklasse im Kanton Aargau (n = 4’491)
Datengrundlage:
, BFS und ARE (2023), Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV) 2021


E-Bike und S-Pedelec als zusätzliches Verkehrsmittel mit
eigenen Verhaltensparametern

Aufgrund der räumlichen Unterschiede bei den Besitzquoten und dem verringertem Raumwiderstand bei Nutzung eines E-Bikes oder S-Pedelecs erscheint eine Erweiterung des bestehenden Modells um die entsprechenden Verkehrsmittel sinnvoll.

Aus verschiedenen Studien zur Routen- und Verkehrsmittelwahl im Radverkehr wird klar, dass das subjektive Sicherheitsempfinden das Verkehrsverhalten beeinflusst. Bei der Abbildung im Modell muss aber auch die Datenverfügbarkeit zur Beschreibung einer Veloinfrastrukturqualität berücksichtigt werden. Aufgrund der Analyse wird empfohlen, bei der Modellierung die bisherigen Widerstände (Steigung, MIV-Belastung und Infrastrukturtyp) beizubehalten und diese an die Bedürfnisse und Eigenschaften von E-Bikes und S-Pedelecs anzupassen.

Durch die Umsetzung der vorgeschlagenen Erweiterung wird das KVM-AG besser auf zukünftige Fragestellungen in der Velowegplanung vorbereitet sein. Mit der konkreten Umsetzung wird sich die darauffolgende Master-Thesis befassen, deren Bericht im Herbst 2025 vorgelegt wird.

Schlussbericht

Der vollständige Schlussbericht der Vertiefungsarbeit ist im Institutional Repository (IRF) der FHNW öffentlich einsehbar: Link zum Bericht

Schlagworte: Aargau, E-Bike, FHNW, S-Pedelec, Veloverkehr, Verkehrsmodell, Vertiefungsprojekt

zurück zu allen Beiträgen

Kommentare

Keine Kommentare erfasst zu Differenzierte Abbildung des Veloverkehrs im KVM-AG

Neuer Kommentar

Footer