Aus- & Weiterbildung, CAS Cybersecurity

Digitales Vertriebsmanagement in der Bekleidungsbranche

17. April 2019


5. April 2019: Ich bin im Berliner Luxus Department Store KaDeWe. Alphatauri setzt sich mit einem 3D-Knit-Lab in Szene. Das Merino-Kaschmir-Sortiment in 14 frühlingshaften Farben zieht meinen Blick in seinen Bann. Ich lasse mich vermessen und suche mir mein Emoji aus, das unten links seinen Platz finden soll. Ich bin gespannt.

Der interaktive Pop-up der Tochter des Red Bull Konzerns belebt die Customer Journey auf 64 qm erlebnisreich und emotional. Vom 1. bis 20. April 2019 trifft online auf offline – die Welt soll ja nicht allein digital werden. Kein Aprilscherz. Sondern eine Ausprägung im Vertrieb 4.0, die den Erfolg und somit die Existenz von Alphatauri sichert. Das auf das individuelle Bedürfnis angefertigte Kleidungsstück schafft einen Mehrwert und den direkten Anreiz beim Zielkunden, bei der Zielkundin. Als nachhaltig präsentiert sich die Bekleidungsmarke unter dem Kollektionsthema «People of the new Sun» auch noch. Wieder ein Mehrwert, der einem Megatrend entspricht. Alles erlebbar im Jetzt und Hier. KaDeWe steht für wegweisende Innovation und Luxus. Eine Win-win-Situation für Marke und Handel.

Die Neuigkeiten rund um das Thema Digitalisierung im Vertrieb in der Textilbranche folgen sich Schlag auf Schlag. Die Branche ist unter Erfolgs- und Umsatzdruck. Das zeigen Zahlen der Textilwirtschaft, der GfK und der Vertriebspartner von Zimmerli Textil AG, wo der Austausch der KPIs zur Kooperation gehört.

Die Markenanbieter sehen sich in der vollumfänglichen Verantwortung: von Sourcing und Produktentwicklung bis hin zur Customer Journey. Egal, ob es sich um eigenen Retail, Marktplätze oder um Flächen und Portale von Dritten handelt. Man weiss es. Seit den 90er Jahren, dem Ausbau von Internet und der Einführung von E-Commerce. Das hat die Konsumgüterindustrie massgeblich verändert, ganz schnell. Agilität und exorbitante Investitionen in die Transformation der Unternehmen sind gefragt. Neueste Technologien und die Neudefinition des Point of Sale ist für die Bekleidungsindustrie überlebensnotwendig. Ebenso ein neuer Mindset im Unternehmen. In einschlägigen Lehrwerken werden Services und Individualisierung als Schlüssel zum Erfolg gepriesen. Es geht nicht um Produkt. Nicht mehr. Oder doch auch noch?

Chief Digital & Operating Officer des Bekleidungslabels S. Oliver, Dirk Schneider, proklamiert in der vorletzten TW-Ausgabe (TextilWirtschaft Nr. 13_2019) die 3D-Revolution in der Entwicklung von Kleidungsstücken als kosten- und zeitsparend. Schnelligkeit in der Visualisierung und damit im Vertrieb. Kostensparend weil keine Muster mehr gemacht werden, so realitätsgetreu sind die Visualisierungen. Eine 3D-Development-Abteilung wurde parallel zur 2D-Entwicklung aufgebaut. Lehrgänge gibt es (noch) keine – on the job ist die Devise für die jungen Arbeitskräfte.

2017 ist der deutsche stationäre Einzelfachhandel um 4.4% geschrumpft, das Umsatzvolumen um 1.9%. Ein Trend. Der Bekleidungshandel ist unter Druck – nicht zuletzt, weil die Digitalisierung eben doch den Vermittler zwischen Entstehung und Verwendung, zwischen Marke und Endverbraucher eliminiert.

Digitales Vertriebsmanagement in der Textilbranche umfasst Markt, Produkt, Kunde und Konsument und nicht zuletzt die Systeme und die eigene Organisation. Die Kultur innerhalb der Organisation ist Key-Faktor für die erfolgreiche Transformation. Gerade in der Luxusbranche, wo sich auch Zimmerli of Switzerland bewegt, besteht ein Nachholbedarf. Dies, obwohl Stimmen wie die von Jens Riewenherm, CDO von Dior, meinen, der Online-Anteil am Luxusgütermarkt im E-Commerce werde 25% des Gesamtumsatzes nicht übersteigen. Zimmerli hat die Zielsetzung, 50% online zu erwirtschaften.

Seit 2014 ist Zimmerli of Switzerland mit eigenem E-Commerce und wenigen eigenen stationären Point of Sales am Start. Der Wholesale ist immer noch für rund 80% des Umsatzes verantwortlich – schrumpfend. Das Unternehmen beschäftigt sich mit klassischen Themen bei der Digitalisierung:

  • Culture – alte Systeme und Denkweisen aufbrechen. Neue Werte definieren: «Wir wollen Digital Leader in der Wäschebranche werden».
  • Organisation – Zimmerli stellt den digitalen Vertrieb neu auf. Es wird in Funktion und nicht in Region gedacht. Der Vertriebsmensch wird zum Bindeglied zwischen der Technik und dem Point of Sale. Er preist nicht nur das Produkt an, sondern Erlebnisse mit der Marke und dem Produkt und wird zum Prozessmanager
  • Prime – wir müssen schneller werden, ganz generell. Dazu sind neue Prozesse notwendig. Durchgängig durch die ganze Wertschöpfungskette.
  • Kundendaten – unabhängige Systeme wurden bislang gepflegt – in vier Applikationen. Die Zusammenführung und die Qualität der Daten stehen im Vordergrund. Künftig wollen wir dem Kunden, der Kundin das richtige Angebot unterbreiten, bevor diese es überhaupt suchen.
  • ERP – ein Betriebssystem, das uns Omnichannel ermöglichen wird. Click & Collect und E-Reservation sollen möglich werden. BORIS und BOPIS sollen keine Fremdwörter bleiben (buy online – return in store/buy online – pickup in store). Der Handel wird miteinbezogen. Die Verfügbarkeit wird transparent für Handel und Endkundschaft.
  • Kommunikation – noch mehr Content und Storytelling, die dem Geschäftskunden und dem Endverbraucher, der Endverbraucherin Erlebnis und Mehrwert bieten. Mit dem professionellen Bespielen der Social-Media-Kanäle werden Neukunden und Neukundinnen gewonnen.
  • B2B Ordertool – für den Handel, für schlankere Prozesse und totale Vernetzung.
  • B2C Redesign der Website – attraktivere Plattform und Customer Data müssen die Nähe zum Endverbraucher, zur Endverbraucherin garantieren und die möglichen Individualisierungen darstellen.
  • Point of Sale als stationärer Touchpoint – bleibt wichtig in der Luxusbranche, muss aber auch transformiert werden. Auch hier wird der Handel miteinbezogen, durch gemeinsam verstärkte Inszenierungen und Pop-ups Erlebniswelten zu schaffen.

Zimmerli folgt mit seiner Unternehmensstrategie und der digitalen Transformation den Ansätzen des Outdoorspezialisten Mammut, der in seiner Domäne zum Digital Leader erkoren ist. Mammut setzt auf Apps, NFC (Near Field Communication) und den Handel.

Quelle: https://www.digitalconnection.de/connected-customer/mammut-digitalisiert-seine-produkte-mit-nfc/

KaDeWe Berlin am 5. April 2019. Ich gehe zurück zum Alphatauri Lab – und hole nach nur einer Stunde Wartezeit, die ich gerne auf der Kulinariketage verbracht habe, den massgeschneiderten, nahtlosen Strickpulli in wunderschönem Königsblau für 199 Euro ab. Online trifft offline. Und mich. Mitten hinein. Der Moment beim Öffnen der Verpackung meines Pullis ist magisch.

Er passt!

Geht es doch auch ums Produkt?


Autor: Sylvia Zankl

Blogpost wurde erstellt
im Rahmen vom CAS Digitales Vertriebsmanagement an der FHNW

https://youtu.be/ioUrkNDRXI4

Dozenten in diesem sehr praxisorientierten Lehrgang sind:
Martina Dalla Vecchia, FHNW, Programmleitung
Stephan Heinrich, Content Marketing Star GmbH
Christian Huldi, DataCrea AG
Guglielmo Imbimbo, memoris consulting GmbH
Erica Kessler, Kessler Social Media
Frederik Thomas, Interdiscount
Holger von Ellerts, COOP

Beim nächsten CAS live dabei sein?
Hier der Link zur Ausschreibung: CAS Digitales Vertriebsmanagement

FAQ zum CAS Digitales Vertriebsmanagement:

  1. Starttermin: Jeweils im Frühjahr.
  2. Location: 7 Minuten zu Fuss vom Bahnhof SBB, Basel.
  3. Intensität: 100% berufsbegleitend.
  4. Dozierende: Experten aus der Praxis.
  5. Didaktik: Masterplan, Vorlagen, Checklisten, Show Cases, Networking.
  6. Fokus: Digitale Strategien und Konzepte (nicht die Technik).
  7. Leistungsnachweis 1: Erarbeitung eines digitalen Vertriebskonzeptes.
  8. Leistungsnachweis 2: Pitch vor der Geschäftsleitung.
  9. Support: Persönliche Begleitung durch Martina Dalla Vecchia.

Schlagworte: Bekleidungsbranche, CAS Digitales Vertriebsmanagement

zurück zu allen Beiträgen

Kommentare

Keine Kommentare erfasst zu Digitales Vertriebsmanagement in der Bekleidungsbranche

Neuer Kommentar

×