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Marketing Automation im eCommerce

19. April 2019

Lasst mich beginnen mit einer kurzen Reise in die Vergangenheit. Es ist das Jahr 2001 – Ich bin 23 Jahre alt, komme gerade zurück von meinem Sprachaufenthalt in Australien und brauche einen Job – die vielen Partys in Australien haben mein Budget arg strapaziert. Ich lande bei einer Firma, die sich mit Data Warehousing und Relationship-Marketing-Datenbanken beschäftigt und ich habe so gar keinen Plan, was das eigentlich ist. Ein paar Wochen später merke ich, ich bin voll im Trendthema der Zeit gelandet – alle grossen Firmen haben Interesse an unseren Produkten und wollen ihre Kunden und Kundinnen besser kennen, Werbebotschaften personalisieren und den richtigen Zeitpunkt erkennen, um den Erfolg ihrer Marketingaktivitäten zu steigern, also so etwas wie Marketing Automation!

Tatsächlich gehen die ersten Anstrengungen in diesem Bereich auf das Jahr 1992 zurück, als drei Studenten des MIT (Massachusetts Institute of Technology) die Firma Unica Technologies gründen. Sie entwickelten eine Marketingsoftware mit Fokus auf Data Mining und Predictive Modeling.

Fast dreissig Jahre später ist Marketing Automation angesagter denn je. Sie ist zwischenzeitlich in der breiten Masse angekommen und fast jeder in der Branche befasst sich damit. Noch nie war die Nachfrage bei Unternehmen nach Möglichkeiten von Marketing Automation so hoch wie heute.


Analyse der Marktführer (gem. Datanyze.com) im Bereich Marketing Automation in der Schweiz

Seit Sommer 2018 steigt der Einsatz von Marketing Automation Tools sprunghaft an, die Party hat begonnen und nun ist es Zeit sich Gedanken zu machen, ob es sinnvoll ist, dies als Trend abzustrafen oder sich schnellstmöglich über den Einsatz von Automatisierungen im Marketing fit zu machen.

Aber was bedeutet Marketing Automation?

Es gibt unzählige Definitionen und Einordnungen. Tatsächlich verstehen auch die meisten Marketingprofis Unterschiedliches unter Marketing Automation. Eine simple Antwort findet Neil Patel „Marketing Automation ist der Prozess unter Einsatz von Software und Technologie zur Optimierung, Automatisierung und Messung repetitiver Online-Marketing-Aufgaben.“ Punkt.

Welche Aufgaben eigenen sich für die Automatisierung?

In erster Linie eignen sich Prozesse, die du selber schon im Griff hast, die Abläufe kennst, weisst, wo und wieso Fehler passieren können. Denn eines ist sicher – Fehler werden passieren. Denn auch Codes sind nicht unfehlbar. Dann beginne damit, sich wiederholende Aufgaben und Prozesse zu identifizieren, die sich mit einfachen Regeln automatisieren lassen.

Zum Beispiel: Listen mit Leads für eine Verkaufsaktion, die jeweils an das Verkaufsteam abgegeben wird mit dem Ziel, einen Verkaufsabschluss zu erreichen.

Nehmen wir folgendes Szenario an:

  1. Leads werden über eine Landingpage generiert, in dem sich die Kunden anmelden, um E-Mail-Updates zu einem bestimmten Thema zu erhalten.
  2. Diese Leads werden einer “E-Mail-Leads-Thema 1”-Liste hinzugefügt und erhalten in den nächsten Wochen eine Folge von zehn E-Mails, die mit jeweils fünf Tagen Abstand versendet werden.
  3. Die E-Mail-Nachricht Nr. 4 in der Sequenz macht ein unwiderstehliches Angebot. Einige der Leads auf der Liste nutzen dieses Angebot und ergreifen Massnahmen (Kauf, Download eines Assets etc.).
  4. Leads, die nach dem Empfang der Nachricht Nr. 4 die gewünschte Aktion ergriffen haben, werden dann in eine «potenzielle» Liste migriert, die für die Dauer der Kampagne gezieltere Nachrichten erhält (z.B. Nachrichten, die dazu bestimmt sind, diejenigen, die einen Kauf getätigt haben, im Up- oder Cross-Selling zu verkaufen, oder Nachrichten, die dazu bestimmt sind, Kunden, die einen Download gemacht haben dazu zu bringen, sich für eine Produktdemo anzumelden oder mit einem Verkaufsberater, einer Verkaufsberaterin zu sprechen.
  5. Leads, die nach dem Empfang der E-Mail-Nachricht Nr. 4 nicht die gleiche Aktion durchgeführt haben, bleiben auf der ursprünglichen Liste und erhalten weiterhin die restlichen Nachrichten in der Kampagne.

Häufig wird E-Mail-Marketing mit Marketing Automation gleichgesetzt – was jedoch schon nach Lesen der obgenannten Definition nicht richtig ist. E-Mail-Marketing ist ein Teilbereich der Marketing Automation – sicherlich ein wichtiger, aber bei weitem nicht der einzige. Weitere repetitive Aufgaben sind zum Beispiel

  • Communication (Live Chat, SMS, Facebook Messenger, WhatsApp)
  • Social Media Advertising
  • Lead Nurturing und -Scoring
  • Landing Pages
  • Customer Loyality

Zum Schluss und bestenfalls ist das Marketing Automation Tool in der Lage, über all diese Kanäle zu tracken und daraus definierte Kampagnen zu starten – sodass die richtige Mitteilung zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Empfänger erreicht.

Marketing Automation – ganz einfach?

Leider nein. Auch wenn immer mehr coole und preiswerte Anbieter in diesen Markt eindringen. ActiveCampaign, Drip, GetResponse, Autopilot um nur einige zu nennen. Fast überall kriegst du einen Gratis-Testaccount und kannst dich mit dem Look & Feel der Tools auseinandersetzen. Irgendwo wirst du mit Begeisterung hängen bleiben und dich tiefer einarbeiten.

Daten – oder das Schreckgespenst der Automation.

Die erste Ernüchterung kommt relativ schnell. Falls du bereits ein CRM-System hast, das über Jahre sehr auf die eigenen Unternehmensbedürfnisse angepasst und nicht mehr out-of-the-box ist, eine funktionierende Verkaufsabteilung und dazu noch ein separates E-Mail-Marketing-Tool nutzt, dann wird’s ein langer und steiniger Weg – der sich lohnt – aber der gegangen werden muss, auch wenn es weh tut.

Die Speicherung von Daten in verschiedenen Systemen birgt sehr viele Risiken – denn, wenn wir etwas automatisieren möchten, müssen wir sicherstellen, dass wir aktuelle Daten haben und diese zentral in einer Datenbank zusammengefasst werden. Vor allem wenn wir noch den Aspekt der DSGVO-GDPR berücksichtigen müssen. Der Vorteil vieler Marketing Automation Tools gegenüber gängigen CRM-Systemen ist die Zusammenfassung aller Daten aus digitalen Kanälen. Ich kann sehen, welche Kunden oder Kundinnen wie mit uns interagieren, ob sie die Newsletter-E-Mails öffnen, ob bestimmte Themen relevanter sind als andere, sehe die Transaktions- und Verhaltensdaten auf der Webseite.

Die wichtigsten Komponenten von Marketing Automation

  • Listen/Segmentierungen: Organisiere deine Kunden. Potenzielle Leads, bestehende Interessenten oder bestehenden Kunden. Erstelle Listen nach Kanal, aus denen die Leads generiert wurden. Nach Produkt- oder Dienstleistungsbereichen die deren Interesse geweckt haben. Nach demografischen oder geografischen Daten segmentiert. Für jede Liste wird eine entsprechende Kampagne definiert und so eine personalisierte Ansprache erreicht.
  • Triggers & Aktionen: Trigger sind definierte Werte, die eine Aktion im Marketing Automation Tool auslösen. Falls du vertraut bist mit IFTTT, weisst Du, wovon ich spreche. Sobald ein im Vorfeld definiertes Ereignis eintrifft, wird eine weitere Aktion ausgelöst. Das Interessante daran ist, dass verschiedene Attribute miteinander verkettet werden können (Workflows). So stellst du sicher, dass Ereignisse auch mit Verhalten kombiniert werden. Mögliche Trigger sind Abbruch des Warenkorbes, Verweildauer von dreissig Sekunden auf einer Webseite, Anmeldung für einen Newsletter etc. So kann beispielsweise das Marketing Automations Tool ein E-Mail mit einem Rabattangebot für die Expresslieferung an Warenkorbabbrecher schicken, die das dritte Mal auf deiner Seite sind und sich vorher über die Versanddauer deiner Waren informiert haben.

Drei Schritte, um mit Marketing Automation zu beginnen

  1. Beginne mit den einfachsten Prozessen – und mach dich vertraut mit der Funktionsweise von Automation. Vielleicht hast du bereits Willkommens-E-Mails im Einsatz und baust diese zu einer Serie von E-Mails aus. Liefere dem Kunden, der Kundin über einen Zeitraum von einigen Wochen weitere Informationen zu deinen Produkten. Dann analysiere und erstelle daraus Hypothesen und pass die E-Mails an – analysiere wieder und so weiter.
  • Erstellen deinen Marketingtrichter mit Hilfe von Landing Pages, E-Mail-Marketing und Inhalten, die für deinen potenziellen Käufer, Käuferin wertvoll sind, egal ob es sich dabei um einen Blog, ein eBook, ein Whitepaper etc. handelt.
  • Erstelle Inhalte, die Call-to-Actions zu anderen relevanten Inhalten beinhalten, die deinen potenziellen Kunden und Kundinnen helfen, Probleme zu lösen. Wenn du in einem Artikel über die Herausforderungen in der Rekrutierungswelt sprichst, solltest du am Ende auf einen anderen Inhalt verlinken, der hilft, diese Hindernisse zu lösen oder neue Ideen zu präsentieren.

Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Marketingautomatisierung liegt in der Kundenorientierung. Ähnlich wie bei Amazon die Mission, das kundenorientierteste Unternehmen der Welt zu sein, dreht sich bei der Marketingautomatisierung alles um deinen Kunden, deine Kundin, nicht um dich. Marketingautomatisierung ist nicht nur das Versenden von Leads per E-Mail, sondern ein ganzheitlicher Ansatz zur Schaffung eines einzigartigen Erlebnisses, das unaufdringlich und für potenzielle Kunden und Kundinnen relevant ist und diese in jeder Phase des Trichters begeistert.

Links:

https://pushcrew.com/blog/the-rise-of-marketing-automation/
http://www.crmsearch.com/unica-ibm.php
https://www.impactbnd.com/blog/history-of-marketing-automation
https://www.redeye.de/RedEye/media/RedEyeMediaLibrary/PDFs/German%20News/e-commerce-magazin_RedEye_Marketing-Automation_eCommerce_Eigene_Losung.pdf

Autorin / Autor:
Marco Caduff

Blogpost wurde erstellt
im Rahmen vom CAS E-Commerce und Online-Marketing an der FHNW

Dozenten in diesem sehr praxisorientierten Lehrgang sind:
Martina Dalla Vecchia (FHNW, Programmleitung)
Cyrill Gross, Mayoris AG
Jörg Eugster, NetBusiness Consulting AG
Lukas Fässler, FSDZ-Rechtsanwälte & Notariat AG
Luzia Hafen, Stimmt AG
Thomas Lang, Carpathia AG
Markus Peter, PostLogistics
Tobias Scholz, Dept Digital Marketing AG
Lucia Yapi, Yapi Web GmbH

https://youtu.be/ioUrkNDRXI4

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Hier der Link zur Ausschreibung:
CAS E-Commerce und Online-Marketing

FAQ zum
CAS E-Commerce & Online-Marketing:

  • Starttermin ist jeweils im Frühjahr.
  • 7 Minuten zu Fuss vom Bahnhof SBB
  • 100% Berufsbegleitend.
  • Dozierende sind Experten aus der Praxis.
  • Hoher Praxisbezug.
  • Inkl. Zertifizierung im Bereich rechtskonformer Webshop
  • Erarbeitung eines Online-Marketing und E-Commerce-Konzeptes (Vorlage/Beispiel).
  • Persönliche Begleitung durch Martina Dalla Vecchia.



Schlagworte: CAS E-Commerce & Online Marketing; FHNW, eCommerce, Marketing Automation

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