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Wie wichtig ist die erste und letzte Meile für Veloverleihsysteme?

Alexander Erath | 14. September 2025

Veloverleihsysteme erleichtern die erste und letzte Meile im öffentlichen Verkehr – aber wie stark werden sie tatsächlich intermodal genutzt? Eine neue Analyse aus Basel, Luzern und Chur zeigt, welche Faktoren die Kombination von Velo und ÖV fördern.

Ausgangslage und Fragestellung

Veloverleihsysteme haben sich in vielen Schweizer Städten zu einem festen Bestandteil des urbanen Mobilitätsangebots entwickelt. Unabhängig von Fahrplänen und Liniennetzen ermöglichen sie einen flexiblen Zugang zu Bahnhöfen und erleichtern insbesondere die erste und letzte Meile. Allerdings sind ihre Tarife bislang nicht in das ÖV-System integriert, was die kombinierte Nutzung mit Bahn, Bus und Tram erschwert. Wie relevant eine solche intermodale Nutzung dennoch bereits heute ist – und welche Faktoren sie begünstigen – untersucht die hier vorgestellte BSc-Arbeit.

Datengrundlage

Als Datengrundlage dienen die Nutzungsstatistiken der Veloverleihsysteme Velospot/PubliBike in Basel, NextBike in Luzern und Mooinz in Chur für das erste Halbjahr 2025. Potenziell intermodale Fahrten werden dabei als alle jene definiert, die an einer Velostation in Bahnhofsnähe beginnen oder enden.

Velos und E-Bikes des Verleihspystems «PubliBike Velospot» in Basel (links) und «nextbike» in Luzern (rechts)

Unterschiedliche Tarifsysteme

In Luzern ermöglichen die Stadt und die Gemeinden den Bewohnerinnen und Bewohnern im Bediengebiet eine kostenlose Nutzung der Velos für die ersten 30 Minuten jeder Fahrt. In Chur profitieren Inhaberinnen und Inhaber eines Transreno-ÖV-Abonnements sowie Mitarbeitende von Partnerunternehmen ebenfalls von den ersten 30 Minuten kostenloser Velonutzung. In Basel ist das Angebot kostenfreier Fahrten auf Personen beschränkt, die über eine Partnerschaft ihres Arbeitgebers oder über ein eigenes Veloverleihabonnement Zugang haben.

Höherer Anteil untermodaler Fahrten in Luzern und Chur

Die Datenanalyse zeigt, dass die Veloverleihsysteme in Luzern und Chur deutlich populärer sind als in Basel, wobei der Anteil intermodaler Fahrten nahezu doppelt so hoch ausfällt. Fast 40 % aller Fahrten in Luzern und Chur starten oder enden an einem Bahnhof, während es in Basel nur rund 20 % sind.

Diese Unterschiede lassen sich auf mehrere Faktoren zurückführen: In Luzern und Chur entstehen den Nutzenden bei etwa 60 % bzw. 70 % der Fahrten keine direkten Kosten, in Basel hingegen nur bei etwa der Hälfte. Zudem besteht in Luzern für die Einwohnerinnen und Einwohner bereits seit mehreren Jahren ein Vorzugszugang, während das System in Chur erst dieses Jahr gestartet ist. In Basel konkurriert das Veloverleihsystem zudem mit einem zweiten Anbieter sowie mehreren E-Trottinetts und hatte bei der Markteinführung im Jahr 2021 mit technischen Problemen zu kämpfen.

Anteil intermodaler Fahrten in den Veloverleihspystemen Luzern, Chur und Basel. Erhebungszeitraum: 1.1.2025 – 30.6.2025 (Chur, Luzern) resp. 1.1.2025 – 31.5.2025 (Basel)

Interessanterweise zeigt die Analyse der Anteile intermodaler Fahrten nach Tarifmodell, dass diese weitgehend unabhängig vom Tarifmodell sind. Eine Ausnahme bildet Basel: Dort weisen Personen, die ihr Veloverleihabonnement selbst bezahlen, einen um fünf Prozentpunkte höheren Anteil intermodaler Fahrten auf als andere Nutzungsgruppen..

Die Auswertung nach Tages- und Jahreszeit zeigt, dass der Anteil intermodaler Fahrten städteübergreifend in den morgendlichen und nachmittäglichen Stosszeiten am höchsten ist. Im Winter steigt der Anteil zudem relativ an, da sich die Fahrten stärker auf notwendige Wege – insbesondere die erste und letzte Meile – konzentrieren.

Anzahl und Aneil intermodaler Fahrten nach Station im Veloverleihsystem Basel (Betrachtungszeitraum Juni 2024 – Mai 2025)

Die Kartendarstellung der Fahrten im Basler Veloverleihsystem verdeutlicht, dass die Bedeutung intermodaler Fahrten rund um grosse Arbeitsstandorte wie Roche, das Universitätsspital oder den Bachgraben besonders ausgeprägt ist. 

Fazit: Breitere Zugang für mehr Intermodalität

Die Analyse zeigt, dass eine kostenfreie Nutzung von geteilten Velos deren Nutzung auf der ersten und letzten Meile indirekt fördert. Breit zugängliche Gratis- und Vergünstigungsmodelle verändern die Sichtbarkeit, Nutzungsgewohnheiten und Akzeptanz von Veloverleihsystem, ohne pro Fahrt zwingend einen höheren intermodalen Anteil zu generieren. Die Verfüg- und Sichtbarkeit von Leihrädern an Bahnhöfen, deren Relevanz im Gesamtverkehrssystem und die Bedienfreundlichkeit der Apps und Leihräder sind weitere Aspekte, die sich auf das intermodale Potenzial von Veloverleihssystemen auswirken, aber im Rahmen der BSc-Arbeit nicht weiter untersucht worden sind.

Die Ergebnisse zeigen, dass ein möglichst breiter Zugang zu Vergünstigungsmodellen das intermodale Potenzial geteilter Velos sowie deren Nutzungsintensität deutlich steigern kann. Besonders wirkungsvoll wäre eine stärkere Integration der Veloverleihsysteme in bestehende Tarifverbünde, wodurch der liniengebundene öffentliche Verkehr durch ein flexibles, zeitlich unbeschränkt verfügbares Mobilitätsangebot ergänzt würde.

Schlussbericht

Der vollständige Schlussbericht der Vertiefungsarbeit wird demnächst im Institutional Repository (IRF) der FHNW veröffentlicht.

Schlagworte: Chur, FHNW, Intermodalität, Luzern, Mooinz, Nextbike, Publibike, Velospot, Veloverleihsystem

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