Anna hat ein grosses Problem: Sie wird unheimlich schnell wütend. Wenn die riesengrosse Wut über Anna herfällt, werden ihre Wangen knallrot, ihre Haare werden zu Stacheln und ihre Augen funkeln rabenschwarz. Anna muss kreischen, fluchen, heulen und mit dem Fuss stampfen. Sie muss beissen, spucken und treten. Anna kann sich gegen diese Wut nicht wehren. Aber das glaubt ihr niemand. Keiner mehr will mit ihr spielen, sie wird ausgegrenzt und ist viel allein. Mama rät ihr, sie solle ihre Wut einfach runterschlucken. Papa meint, sie könne doch der Wut aus dem Weg gehen. Beides hilft leider rein gar nichts. Aber dann kommt Opa und schenkt Anna eine Trommel. Er sagt: «Anna, mit der Trommel kannst du deine Wut verjagen». Anna probiert die Sache sofort aus. Als sie mit Bauklötzen einen Turm baut und dieser einstürzt, reicht ihr Opa schnell die Trommel. Anna trommelt sofort los; laut und sehr heftig. Opa hat nicht geschwindelt: Ihre Wut verschwindet tatsächlich. Nun trägt Anna ihre Trommel immer mit sich herum. Weil sie so oft am Trommeln ist, werden ihre Schläge immer rhythmischer und präziser. Bei den Kindern draussen erntet sie bald Applaus und nun darf sie ab und zu sogar mitspielen.
Christine Nöstlinger, eine der ganz grossen Autorinnen für Kinder, schrieb diese Geschichte vor dreissig Jahren. Sie hat schon damals gewusst, dass sich viele Kinder gegen ihre Wut kaum wehren können. Schnörkellos, direkt und für alle nachempfindbar beschreibt sie Annas Verzweiflung und den Kampf gegen ihre Ausraster. Annas grosse Wut und die daraus resultierende Einsamkeit wird auch in Anke Kuhls Bildern deutlich, im Ausdruck und in der Gestik der Figuren, aber auch in der Farbgebung. Sind die ersten Seiten im Buch nur in Blau- und Rottönen gehalten, werden die Illustrationen gegen Ende des Buches immer bunter. Ein wichtiges Buch über ein Gefühl, das alle Kinder von sich oder andern kennen und das Gespräche geradezu herausfordert. Für Kinder ab etwa 4 Jahren.

Christine Nöstlinger /Anke Kuhl: Anna und die Wut. Fischer Sauerländer 2025. ISBN: 978-3-7373-7357-9

Rezension: Maria Riss