Buch des Monats August 2025

Tom Percival: Der Junge in den falschen Schuhen
Der etwa 12-jährige Will wohnt zusammen mit seinem Vater in einer schier leeren, ungeheizten Wohnung. Wills Vater ist seit einem Unfall ohne Arbeit und kommt einfach nicht mehr richtig auf die Beine. Will ist sehr froh, dass er in der Schule wenigstens einmal täglich eine warme Mahlzeit bekommt. Er trägt die falschen Schuhe, weil sie kaputt sind und ihm dauernd nasse Füsse bescheren, und weil er wegen dieser alten Latschen immer wieder ausgelacht wird. Will verbringt viel Zeit bei seinem besten Freund Cameron. Dort gibt es nicht nur einen vollen Kühlschrank und warm geheizte Zimmer, sondern auch ein Gefühl aufgehoben zu sein, das vor allem. Aber um Hilfe zu fragen, dafür ist Will viel zu stolz. Und dann kommt eines morgens vor der Schule ausgerechnet Chris Tucker auf ihn zu. Chris, der ihn bis anhin immer blossstellte, der ihm auf dem Schulweg auflauerte, seine Schulbücher in den Matsch warf und ihm das Leben zur Hölle machte. Chris ist plötzlich überaus nett und verständnisvoll. Er schlägt Will einen Deal vor, durch den er endlich neue Schuhe und ein paar andere Sachen kaufen könnte. Ein bisschen Klauen, nur ab und zu, dafür würde er endlich dazugehören, verspricht Chris. Will kann in diesem Moment nicht widerstehen und klaut ein Paar Kopfhörer. In der folgenden Nacht traut er sich kaum heim, wälzt sich nachts im Bett und weiss weder aus noch ein. Erst als sein Vater ihn in den Arm nimmt, bricht alles aus Will heraus. Ihm wird bewusst, dass es viele Menschen gibt, die Unterstützung anbieten und dass man diese Hilfe auch annehmen darf, dass es gut ist, wenn man seinen Stolz ab und zu überwinden kann. Von unerwarteter Seite kommt für Vater und Sohn schliesslich tatsächlich Hilfe, die in beiden Hoffnung keimen lässt.
Will erzählt diese Geschichte aus seiner Perspektive und er tut dies überaus glaubhaft. Will macht Fehler, er ist kein armer Superheld, aber er ist resilient und meistert seinen schwierigen Alltag meist mit viel Witz, manchmal auch mit einer Prise schwarzen Humors. Dieser Jugendroman berührt und macht die Sorgen und Nöte der Kinder in Armut nachvollziehbar. Trotzdem ist die Geschichte nicht bedrückend, sondernd einfach nur eindringlich erzählt und eignet sich sehr gut zum Vorlesen. Im letzten Kapitel spricht der Autor die Lesenden direkt an und macht seine Botschaft deutlich. Er klärt auf, nicht nur über den Hintergrund dieser Geschichte, er bietet auch klare Fakten: In England, wo Wills Geschichte spielt, ist jedes dritte Kind armutsgefährdet. Auch in der reichen Schweiz nimmt die Zahl solcher Kinder stetig zu. Für Lesende ab etwa 11 Jahren. 336 Seiten.
Tom Percival: Der Junge in den falschen Schuhen. Aus dem Englischen von Martina Tichy. Rotfuchs 2025. ISBN: 978-3-7571-0209-8
Rezension: Maria Riss