1998, Aargau

1998 – Viel Herzblut für die Disziplin

9. August 2021

Als 1999 der Direktionsbereich Soziale Arbeit in die neu errichtete aargauische Fachhochschule «Gesundheit und Soziale Arbeit» überführt wurde, passte dies nicht allen. Doch Luzia Truniger, designierte Direktorin des Bereichs «Soziale Arbeit», liess sich nicht beirren. Mit grossem Engagement setzte sie sich für den Aufbau der Fachhochschule ein. Eine Erfolgsgeschichte.

Quelle: CD «Partnertag 2002, FHA Soziale Arbeit, 22.4.2002»; Besitz: HSA FHNW

«Es ist ein Etikettenschwindel, den Direktionsbereich Soziale Arbeit als Fachhochschule zu bezeichnen, und es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis er wieder zur Höheren Fachschule zurückgestuft wird.» Dies sagte eine wichtige Persönlichkeit an einem Strategietag des Gesundheitsbereichs der Fachhochschule Aargau «Gesundheit und Soziale Arbeit» im Sommer 1999, an der Luzia Truniger als designierte Direktorin des Bereichs «Soziale Arbeit» eingeladen war. Noch bevor Luzia Truniger ihr Amt antrat, intervenierte sie daraufhin im kantonalen Bildungsdepartement und machte klar, dass eine solche öffentliche Aussage deplatziert sei und dass sie für den Aufbau einer Fachhochschule gewählte wurde, dafür eine reelle Chance haben wolle und für die Führung einer Höheren Fachschule nicht zur Verfügung stehe. Die Intervention lohnte sich – sie erhielt Rückendeckung.

Zum Kontext: 1997 wurden in der Schweiz die ersten Fachhochschulen gegründet. Die ehemals Höheren Fachschulen erhielten einen vierfachen Leistungsauftrag (Ausbildung, Forschung und Entwicklung, Weiterbildung und Dienstleistungen) und wurden als Hochschulen den Universitäten gleichgestellt. 1998 wurde die Höhere Fachschule für den Sozialbereich HFS Aargau – seit 1994 ein Zusammenschluss der Interkantonalen Höheren Fachschule für Sozialarbeit Aargau und der Aargauischen Fachschule für Heimerziehung Brugg – als Direktionsbereich «Soziale Arbeit» in die neu errichtete Fachhochschule «Gesundheit und Soziale Arbeit» überführt.

Im Oktober 1999 trat Luzia Truniger ihr Amt als Direktorin an. Es war ein turbulenter Start. Ihr Einstieg war mit dem schon im Frühjahr erteilten Auftrag des Fachhochschulrates verbunden, Perspektiven für die Fachhochschulentwicklung zu erarbeiten und Mitte Dezember einen sogenannten «Portfolio-Bericht» vorzulegen. Die vier bestehenden Abteilungen «Grundstudium», «Aufbaustudium Sozialarbeit», «Aufbaustudium Sozialpädagogik» sowie «Weiterbildung/Dienstleistungen» hatten bis zu diesem Zeitpunkt je für sich erste Vorarbeiten geleistet, aber kaum zusammen geredet. So organisierte Luzia Truniger eine Plattform, um sich gegenseitig über Stand und Inhalt der Arbeit zu informieren und damit eine Basis für die Auftragserfüllung, für Verständnis und Vertrauensbildung zu schaffen. Schliesslich gelang es, einen gemeinsamen Bericht einzureichen, der vom Fachhochschulrat gutgeheissen wurde. Ein weiterer Meilenstein war, nach aussen zu treten und das Portfolio mit Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis zu diskutieren. Im Mai 2000 fand dazu im Casino in Baden eine Tagung statt. «Diese Öffnung war sehr wichtig. Wir sind in den Diskurs getreten, haben in einem frühen Stadium der Fachhochschulentwicklung den Dialog gesucht und selbstbewusst gezeigt, wo wir stehen und was wir denken. Das wurde geschätzt und wir haben wertvolle Anregungen erhalten», ist Luzia Truniger überzeugt.

Von Beginn weg wurden verschiedene Entwicklungen eingeleitet. Um den Bereich Forschung und Entwicklung zügig aufzubauen wurde ein Abteilungsleiter gewählt und erste wissenschaftliche Mitarbeitende angestellt. Es wurde u.a. die Mitwirkung der Mitarbeitenden und Studierenden eingeführt und eine Gleichstellungsbeauftragte ernannt. Ausserdem wurde eine Weiterbildungsoffensive lanciert. Denn anfänglich hiess es noch, wenn Dozierende an eine Tagung gingen, würden sie nicht arbeiten, erinnert sich Luzia Truniger.

Schon früh wurden im Kanton Aargau die zwei Fachhochschulen «Technik, Wirtschaft und Gestaltung» und «Gesundheit und Soziale Arbeit» zu einer Fachhochschule Aargau Nordwestschweiz zusammengeführt und die Pädagogik integriert. Mit der innerkantonalen Fusion im März 2002 wurde eine departementale Struktur eingeführt, der Direktionsbereich Soziale Arbeit wurde zum «Departement Soziale Arbeit». Die Abteilungen wurden aufgelöst und neben dem Bereich «Diplomausbildung» zwei Institute gegründet: «Soziale Arbeit und Gesundheit» und «Forschung und Soziale Innovation».

Was war nun mit Blick auf die Soziale Arbeit typisch für Aargau? Das Department Soziale Arbeit der FHA stand für die Disziplin und Profession der Soziale Arbeit. Typisch war auch seine Wissenschaftsnähe bei gleichzeitiger Anwendungsorientierung.

Nicht ohne Stolz schaut Luzia Truniger auf die Zeit damals zurück: «Es war eine unglaublich dichte, dynamische und intensive Zeit. Wir haben viel Pionierarbeit geleistet. Das hat mich fasziniert. Ich fand es inspirierend und eine einmalige Chance, die Fachhochschulentwicklung massgeblich zu prägen und den damals enormen Handlungsspielraum in der Hochschulführung und für die Soziale Arbeit zu nutzen.»

Informationen aus:

Gespräche mit Luzia Truniger, 23.4.2021 sowie 5.5.2021

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