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In-vitro Diagnostik

Digitalisierte und personalisierte in-vitro Diagnostik für die alternde Gesellschaft.

Strategische Initiativen der FHNW: In-Vitro-Diagnostik

Patientennahe Sofortdiagnostik in der digitalisierten Gesellschaft

Menschen mit eingeschränkter Mobilität und solche in schwach besiedelten Regionen der Schweiz haben es oftmals schwer, schnell an ärztliche Hilfe und Medikamente zu kommen. Im Zentrum des Projekts patienten- und zeitnahe medizinische Versorgung standen ältere Menschen, die von der Spitex betreut werden.

Folgende Fragestellungen wurden behandelt

  • Wie ist es möglich, Spitex Klienten eine medizinische Rundumversorgung anzubieten, vom Besuch der Pflegefachperson über den Arztkontakt online bis zur Durchführung von vor Ort Labortests, der Medikamentenbestellung & -Auslieferung und schliesslich der Therapie.
  • Lässt sich diese Rundumversorgung als neuer Service in einem komplexen System wie dem Gesundheitswesen gestalten?
  • Kann der Zugang zur medizinischen Versorgung mit einem Labor im Rucksack in Kombination mit einer telemedizinischen Beratung durch Ärzte dezentral zu Hause sichergestellt werden?
  • Lassen sich mit den Diagnosegeräten, die für den Arzt relevanten Parameter vor Ort genau und präzise bestimmen und wie werden Daten zwischen den Akteuren ausgetauscht?
  • Können biochemische und physikalische Diagnosegeräte, mit denen das Labor im Rucksack bestückt wird, mit einer Software zum Transfer von Diagnose Resultaten für den Arzt verknüpft werden?
  • Lässt sich das Konzept der digitalisierten medizinischen Rundumversorgung übertragen?
  • Ist dieses gesellschaftspolitisch plausible Projekt auch für Investoren interessant?
  • Wie ist es möglich, Spitex Klienten eine medizinische Rundumversorgung anzubieten, welche vom Besuch der Pflegefachperson über den Arztkontakt online bis zur Durchführung von Labortests vor Ort alles umfasst und darüber hinaus auch die Medikamentenbestellung, Medikamentenauslieferung und schliesslich die Therapie einschliesst? Was wären dafür gute Anwendungsfälle («use cases»), was ist der spezifische Bedarf an remote in-vitro Diagnostik in dieser Situation? Und welche Nutzungsanforderungen und Bedingungen müssen erfüllt werden um diesen Prozess (alternativ: Zyklus) zu realisieren?
  • Wie kann ein Dienstleistungsmodell (oder; -konzept) für die remote in-vitro Diagnostik für diese Zielgruppe aussehen? Und wie sehen Nutzungsszenarien und der «user journey» in dem Rahmen konkret aus?
  • Wie kann der Zugang zur medizinischen Versorgung mit einem Labor im Rucksack in Kombination mit einer telemedizinischen Beratung durch Ärzte dezentral zu Hause sichergestellt werden?
  • Können biochemische und physikalische Diagnosegeräte, mit denen das Labor im Rucksack bestückt wird, die entsprechenden Diagnoseresultate medienbruchfrei an die behandelnde Ärztin übermitteln?
  • Kann eine behandelnde Ärztin die relevanten Parameter präzise und zuverlässig bestimmen lassen, auch wenn sie die Diagnosegeräte nicht selbst bedient?
  • Lässt sich das Konzept der digitalisierten medizinischen Rundumversorgung auf andere Zielgruppen übertragen?
  • Ist dieses gesellschaftspolitisch relevante Projekt auch für Investoren interessant?

Folgende Impacts wurden erreicht

  • Es ist gelungen eine medizinische Rundumversorgung zu gestalten (Figur 1). Basis war eine ausführliche Analyse des Nutzungskontextes unter Einbezug aller Akteure und aus der Perspektive der beteiligten Disziplinen. Die Abläufe der Rundumversorgung wurde definiert und in der Form einer User Journey Map (Figur 2) visualisiert.

Kreisprozess der In-Vitrodiagnostik mit den Stationen "Pflege vor Ort", "ärztliche Konsultation," "Durchführung des Tests", "Testauswertung", "Rezepterstellung", "Medikamentenerstellung", "Medikamententransport", "Medikamentenübergabe" und wieder Beginn bei "Pflege vor Ort". Alle Stationen werden in der Mitte durch das eDossier, die elektronische Patientenakte verbunden

Figur 1: Medizinische Rundumversorgung.

Bild_2_User_Map.png

Figur 2: Ausschnitt einer User Journey Map.

  • Die Gestaltung der Rundumversorgung wurde in einer abschliessenden Prozesssimulation mit Einbezug verschiedener Praxispartnerschaften evaluiert. Dabei wurde der gesamte Prozess vom Auftreten der medizinischen Symptome über die telemedizinische Konsultation mit dem Labor im Rucksack bis zur Überweisung an eine Spezialistin oder einen Spezialisten durchgespielt. Aus den Aktivitäten aller Beteiligten, deren Aussagen und Interaktionen untereinander konnten konkrete Anforderungen und Bedürfnisse identifiziert werden.
  • Das Labor im Rucksack (Figur 3) enthält die wichtigsten Utensilien für die medizinische Rundumversorgung der Spitex vor Ort. Bedingt durch die Corona-Pandemie war ein Feldtest unter realen Bedingungen im Rahmen des Projekts nicht durchführbar. Basierend auf der Erfahrung aus den Prozesssimulationen, sollte der zukünftige Dienstleistungsprozess erfolgreich in die Praxis überführt werden können. Unklar ist, welche anfallenden Kosten bei den Akteuren abgerechnet werden können.

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Figur 3: Das Labor im Rucksack.

  • Diplomierte Pflegefachpersonen bestimmen die relevanten Parameter beim Klienten zu Hause. Die notwendigen Diagnosegeräte sind kommerziell erhältlich und zertifiziert. Mit welchen biochemischen und physikalischen Diagnosegeräten das Labor im Rucksack bestückt werden soll ist noch nicht abschliessend festgelegt. Ein wichtiger Bestandteil unseres Versorgungskonzepts ist die neu entwickelte Software-Bibliothek SeHDL. Sie vereinheitlicht den Datenaustausch und Messablauf von unterschiedlichsten Diagnosegeräten (Figur 4). Dies ermöglicht Entwicklern von Telemedizin-Applikationen für Android und iOS eine Vielzahl von solchen smarten Geräten auf einfache Art anzusprechen und damit die Telemedizin auf eine neue Qualitätsstufe zu bringen.

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Figure 4: Die Software Bibliothek erlaubt die Vereinheitlichung von Datenaustausch und Messablauf.

  • Das Konzept der medizinischen Rundumversorgung lässt sich in abgeänderter Form auf weitere Patientengruppen übertragen. In Zusammenarbeit mit externen Partnern (Universitätsspital Basel, der Firma Momm Diagnostics, dem CSEM Muttenz und der ETH in Basel) ist die Entwicklung von Testsystemen für Patienten in den Bereichen Organtransplantation, Schwangerschaftsvergiftung und Covid-19 gestartet worden.
  • Die gesellschaftspolitische Relevanz der patientennahen Sofortdiagnostik hat die Covid-19 Pandemie eindrücklich gezeigt. Ärzte und Verbraucher haben erkannt, dass vieles von dem, was sie tun, auch virtuell erledigt werden kann. Schlüsselakteure sind die Krankenkassen, die es in der Hand haben sich auf kostengünstige digitalisierte Behandlungsverfahren einzulassen. Damit lässt sich der Dienstleistungszyklus auf andere Zielgruppen ausweiten. Die Zusammensetzung der Akteure für den mobilen Einsatzdienst Corona wird ergänzt durch kantonale Behörden und nationale Organisation wie z.B., das Schweizerische Rote Kreuz. Das Labor im Rucksack kann zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus leisten.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Am Projekt sind massgeblich drei Hochschulen beteiligt, die die Disziplinen Angewandte Psychologie, Technik und Life Sciences vertreten und im Verlaufe des Projekts gemeinsam mit externen Partnern systematisch den Prozess der digitalisierten medizinischen Rundumversorgung gestaltet haben.

  • Es wurden verschiedene qualitative Methoden wie Feldbeobachtungen, Interviews und Fokusgruppen eingesetzt. Diese Erhebungen wurden mit den relevanten Akteuren des künftigen Dienstleistungszyklus durchgeführt. Dazu gehörten die Spitex, das ärztliche Fachpersonal des Telemedizinanbieters eedoctors, Hausarztpraxen, Pflegeheime, Mini-Kliniken sowie potenzielle Patienten.
  • In einem gemeinsamen Lernprozess wurden die Anforderungen für die Nutzungsszenarien zu Eisenmangel, Harnwegsinfekt als auch die Kontrolle des Langzeitblutzuckers bei Diabetikern erarbeitet. Die drei Szenarien wurden in Fokusgruppen von zentralen Stakeholdern wie eedoctors und Spitex im Detail analysiert und auf Erwünschtheit, Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit hin bewertet. Daraus hat sich zum Beispiel ergeben, dass der Ferritinmangel besonders grosses Potenzial für alle Akteure hat.
  • Der Use Case für Ferritin wurde in einer abschliessenden Prozesssimulation im Sinne eines “Walkthroughs” mit Einbezug relevanter Parteien, d.h. ärztliches Fachpersonal des Telemedizinanbieters eedoctors und Pflegefachkräfte der Spitex evaluiert. Dabei wurde der gesamte Prozess vom Auftreten der Beschwerde über die telemedizinische Konsultation mit dem Labor im Rucksack bis zur Überweisung an einen Spezialisten durchgespielt. Aus den Aktivitäten der Akteure, deren Aussagen und deren Interaktion untereinander konnten konkrete Anforderungen für eine erfolgreiche Umsetzung des zukünftigen Dienstleistungsprozesses identifiziert werden.
  • Die Simulation der Interaktion des Klienten mit der Spitexpflegefachfrau, der Ärztin wurde von Projektteammitgliedern durchgeführt und gefilmt (Simulation Ferritin 1.0 - YouTube). Die Utensilien (Labor im Rucksack, in-vitro Tests und Gerät) wurden ebenfalls von Projektteammitgliedern zusammengetragen und für die Simulation zur Verfügung gestellt.
  • Um einen reibungslosen Ablauf des Dienstleistungszyklus zu gewährleisten, wurden die Akteure rechtzeitig eingebunden. Somit wurde sichergestellt, dass die benötigten Diagnosegeräte und Schnelltests verfügbar waren und dass die gemessenen diagnostischen Daten über die entwickelte elektronische Gerätebibliothek zwischen den verschiedenen mobilen Applikationen ausgetauscht werden konnten.

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Figur 5: Durchführung eines Schnelltests

Ansprechperson

Daniel Gygax.jpeg

Prof. Dr. Daniel Gygax
Forschung Bioanalytik & in-vitro Diagnostik

T +41 61 228 55 79 (direct)          ZGFuaWVsLmd5Z2F4QGZobncuY2g=

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