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Blockchain - eine disruptive Technologie

Was leistet eine Blockchain und weshalb ist sie für Sie interessant?

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Seit einiger Zeit ist im Zusammenhang mit der digitalen Währung "Bitcoin" die sogenannte Blockchain als potenziell "disruptive" Technologie in den Fokus gerückt. Disruptive Technologien bezeichnen Innovationen (wie z.B. 3D-Drucker, MP3 Dateien, Digitalkameras), welche bestehende Technologien obsolet machen und neue Geschäftsprozesse bzw. neue Geschäftsmodelle  ermöglichen.

In der Schweiz hat die Blockchain-Technologie besonders zu interessieren, da sie unter Umständen die Geschäftsmodelle der Banken auf den Kopf stellen wird. Wie bei allen disruptiven Technologien wird auch hier entscheidend sein, wie die bestehenden Banken mit dieser neuen Technologie umgehen werden. Ob ein geschickter Umgang allerdings ausreichen wird, um sich vor den Folgen zu wappnen, ist damit aber natürlich noch nicht gesagt.

Die Beispiele von disruptiven Technologien wie die digitale Musik (MP3), digitale Filme (MPEG-4) und e-Books haben klar aufgezeigt, wie rasch traditionelle Unternehmen wie Musikgeschäfte, Videotheken und Buchläden verschwinden können. Plötzlich wurden lokale und gut situierte Unternehmen durch neue Marktteilnehmer verdrängt: Die Firma Apple ist nicht mehr "nur" der Hersteller von Computern und Smartphones - plötzlich wurde Apple zu einem der grössten Händler von Musik und Filmen.

Digitale Produkte

Die grössten Chancen und Gefahren einer Disruption lauert also dort, wo sich die Produkte vollständig digitalisieren lassen. So lässt sich eine digitale Musikdatei ohne Probleme über das Internet verteilen. Auf der anderen Seite der Skala stehen die physischen Produkte, wie beispielsweise Lebensmittel, welche sich als Produkt nicht digitalisieren lassen.

Gerade die klassischen Bankprodukte eignen sich nun aber ideal zur Digitalisierung. Abgesehen vom physischen Bargeld sind Bankprodukte ja scheinbar bereits digitalisiert. Die Konten der Bankkunden werden digital geführt und auch der Zahlungsverkehr oder der Aktienhandel erfolgen rein digital. Den Bankkunden steht digitales Online-Banking zur Verfügung. Besteht daher also kein Grund zur Sorge für die Bankenwelt? Oder droht den Banken und Bankfilialen durch neue digitale Technologien trotzdem dasselbe Schicksal wie den Buchläden und Musikgeschäften?

Digitales Geld -Bitcoin

Es stellt sich die Frage, wo der Vorteil von digitalem Geld, wie Bitcoin und das mögliche disruptive Potenzial liegt? An dieser Stelle sollte man sich zunächst daran erinnern, wo die Vorteile von physischem Geld liegen. Münzen und Banknoten erlauben es den Beteiligten, jederzeit einen sofortigen Geldtransfer vorzunehmen ohne dass eine kontrollierende Instanz, wie eine Bank involviert sein muss. Zum Austausch von physischem Geld braucht es also keinen Intermediär - dies ist der entscheidende Punkt.

Physisches Geld hat also a) den Vorteil der vollständig dezentralen Geldübergabe, b) den Vorteil des sofortigen Vollzugs und c) den Vorteil der Sicherheit und des Vertrauens, welcher in der Verkörperung des Geldwertes selber und dessen Übergabe liegt. In der Computersprache nennt man eine solche Form der "Kommunikation" ohne Intermediär einen "Peer-to-Peer" Austausch unter Gleichen.

Mit der Entwicklung von digitalem Geld, wie Bitcoin und der damit verbundenen Blockchain-Technologie sollte genau dieser dezentrale Austausch ohne zentrale Kontrollinstanz ermöglicht werden. Mit anderen Worten wollte man physisches Geld derart digitalisieren, dass der dezentrale Austausch von Person zu Person - oder eben direkt von Computer zu Computer -ohne zentrale Kontrollinstanz möglich wird.

Der Austausch von digitalem Geld sollte auch hier so erfolgen, dass sich die Beteiligten trauen können und gar nicht mehr auf die diesbezüglichen, vertrauensbildenden Dienste einer Bank oder Kreditkartenorganisation angewiesen sind.

Kopierschutz und "Double Spending"

Die Umsetzung von digitalem Geld hat sich als technisch äusserst anspruchsvoll erwiesen. Es liegt ja gerade in der Natur der Sache, dass digitale Inhalte in der Regel sehr einfach zu kopieren sind. So lassen sich z.B. digitale Musikdateien problemlos kopieren und es muss davon ausgegangen werden, dass jeder noch so ausgeklügelte Kopierschutz umgangen werden kann. Wenn also die Benutzer digitales Geld auf ihren Rechnern speichern sollen, so muss ausgeschlossen werden, dass "digitale Geldbeträge" kopiert und anschliessend ein zweites Mal überwiesen werden können.  Diesen Vorgang nennt man in der Welt des digitalen Geldes "Double Spending".

Das Hauptproblem bei der technischen Umsetzung von digitalem Geld bestand also darin, einen "Kopierschutz" auf digitalem Geld zu realisieren und "Double Spending" zu verhindern.

Blockchain

Der entscheidende Durchbruch zur Verhinderung des Kopierens und des "Double Spending" gelang Satoshi Nakamoto(der Name bildet ein Pseudonym) bereits im Jahr 2008. In dem Jahr publizierte Nakamoto seinen legendären Aufsatz  "Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System".

Darin führte Nakamoto zunächst aus:

"A purely peer-to-peer version of electronic cash would allow online payments to be sent directly from one party to another without going through a financial institution."

Gemäss diesen Ausführungen besteht das Ziel der Technologie somit darin, Finanzinstitutionen für den Zahlungsverkehr zu umgehen.
Die dazu erforderliche Technologie, der "Blockchain", wird durch Nakamoto sinngemäss wie folgt beschrieben:

In einem Netzwerk werden alle Transaktionen mit einem Zeitstempel versehen und in einer ständig wachsenden Kette von Datensätzen (engl. "Chain") gespeichert. Die so entstehende Kette wird in regelmässigen Abständen durch eine Vielzahl von dezentralen, enorm aufwändigen Rechenverfahren "versiegelt" - den sogenannten "Proof-of-Work".

Der Betrieb des Bitcoin Netzwerkes konsumiert für diesen "Proof-of-Work" die Leistung eines durchschnittlichen Atomkraftwerks (Quelle: https://bitcointalk.org/index.php?topic=485649.95;wap2 ).

Gemäss Nakamoto entsteht auf diese Weise eine Kette aller Transaktionen, wobei in regelmässigen Abständen dafür garantiert werde, dass die Kette korrekt ist und dass – ohne eine sehr aufwändige Rechenprozedur erneut und vielfach zu wiederholen - keine Veränderungen vorgenommen werden können.

Rechnerleistung für den Datenschutz

Die Technologie, welche durch einen regelmässigen und extrem aufwändigen, rechenintensiven "Arbeitsbeweis" (engl. "Proof-of-Work") die vorangehenden Transaktionen "verkettet", nennt sich Blockchain. Sie konsumiert als Gegenleistung für die Sicherheit eine fast unsinnig hohe Rechnerleistung. Um nämlich einen Datensatz zu ändern, welcher vor einem Jahr in die Blockchain geschrieben wurde, wären finanzielle Mittel in der Grössenordnung der jährlichen Betreibungskosten eines  Atomkraftwerks aufzubringen. Eine Änderung von Daten in der Vergangenheit wird damit faktisch verunmöglicht.

Das disruptive Potenzial von Bitcoin und Blockchain

Das disruptive und damit revolutionäre Potenzial besteht bei dieser Technologie einmal mehr darin, dass durch den Geschäftsprozess Intermediäre ("Dazwischenliegende") obsolet werden. Im Zahlungsverkehr besteht demnach die Gefahr, dass Banken komplett ausgeschaltet werden. Aber auch weitere Finanzdienstleistungen, wie der Aktienhandel könnten sich komplett verändern. Bereits heute bieten Grossunternehmen wie die SwissRe die Verwaltung von Aktiendepots ihrer eigenen Aktien an. Dies lässt erahnen, dass die Technologie es erleichtert, etwa Wertschriftendepots zukünftig nicht mehr zwingend bei den Banken, sondern die jeweiligen Aktien dezentral durch die betreffenden Unternehmen verwalten zu lassen.  So existieren mittlerweile unzählige Business Cases für den Finanzbereich. Wenn den Banken der Zahlungsverkehr und die Courtagen im Wertschriftenhandel wegbrechen, so wird dies Folgen für die Geschäftsmodelle der Banken haben.

Doch auch im Bereich des Supply Chain Management bestehen Business Cases, wie die Realisierung einer lückenlosen Nachverfolgbarkeit von Logistiktransaktionen oder die Verhinderung von Blutdiamanten (Konfliktrohstoffen). All diesen Business Cases ist gemeinsam, dass Transaktionen in eine Blockchaingeschrieben werden und damit auch nach Jahren noch nachvollziehbar und unfälschbar nachweisbar sind.

Kontakt

Prof. Dr. Adrian Specker
Prof. Dr. Adrian Specker

Dozent für Wirtschaftsinformatik, Leiter CAS Projektmanagement

Telefon +41 56 202 72 13 (Direkt)
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