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Chemie- und Bioprozesstechnik studieren: ein Blick hinter die Kulissen

«Datenanalyse ist mit der zunehmenden Digitalisierung eine gefragte Fähigkeit»

«Chemie- und Bioprozesstechnik-Studierende haben an der Hochschule für Life Sciences FHNW (HLS) die Möglichkeit mit den aktuellsten Geräten der Bioprozesstechnik zu arbeiten, die teilweise noch nicht auf dem Markt sind», sagt Damian von Blarer. Er arbeitet Teilzeit bei INFORS HT als Innovations Manager und an der HLS als wissenschaftlicher Assistent. So sieht Damian die technischen Bedürfnisse in der Anwendung und kann diese direkt in die Geräte-Entwicklung einbringen. Im Interview spricht er über die fruchtbare Kombination seiner beiden Jobs und die daraus resultierenden Vorteile für seine Studierenden. Und: er verrät uns, was er auf dieser Welt gerne verändern würde.

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Damian, was machst du beruflich?
Ich habe das Privileg einen Doppeljob zu haben, der sich wunderbar zu einem Ganzen ergänzt. Meine beiden Jobs bereichern sich gegenseitig: Zwei Tage pro Woche arbeite ich als Innovations Manager und Geräte-Entwickler bei INFORS HT. Dort entwickle und optimiere ich Geräte, die in der Biotechnologie zur Durchführung von Bioprozessen eingesetzt werden, wie zum Beispiel in der Herstellung von rekombinanten Proteinen. An den anderen drei Tagen arbeite ich als wissenschaftlicher Assistent an der HLS im Bereich der Chemie- und Bioprozesstechnik. In dieser Rolle begleite ich unter anderem angehende Biotechnolog*innen in deren Praktika und führe Kooperationsprojekte mit Industriepartnern durch.

Spannend! Wie bist du zu diesem Doppeljob gekommen?
Die Bioprozesstechnik-Gruppe der HLS arbeitet in ihren Laboren an der Etablierung und Optimierung biotechnologischer Produktionsprozesse, unter anderem mit Geräten der INFORS HT. Als Anlagen-Entwickler bei INFORS HT merkte ich schnell, dass ich ein tiefes Verständnis für die Bioprozesse benötige und neue Ideen im Labor austesten muss, um gute Anlagen entwickeln zu können. So kontaktierte ich Thomas Villiger, einen Dozenten für Bioprozesstechnik an der HLS. Der Zufall wollte es, dass Thomas zu jener Zeit gerade einen wissenschaftlichen Assistenten suchte. Wir merkten rasch, dass es viele Schnittstellen gab, von welchen beide Parteien profitieren konnten. Und so gleisten wir eine Kooperation auf. Eine Win-Win-Situation für beide Parteien! Dadurch, dass ich die Bioprozesse an der HLS durchführe und in der Anwendung sehe, verstehe ich, wie ich die benötigten Anlagen optimieren und weiterentwickeln kann. Mein Ziel dabei ist es, manuelle Prozesse vermehrt zu automatisieren und Anlagen zu entwickeln, welche eine effiziente Durchführung von Bioprozessen ermöglichen. Die biologische Komponente in den Prozessen ist extrem komplex und kann sich bei nur sehr kleinen Änderungen komplett anders verhalten. Daher ist es enorm wichtig, die richtigen, kritischen Prozess-Parameter zu definieren und im Prozess möglichst genau zu regeln.

Du unterstützt angehende Biotechnolog*innen der HLS in ihren Praktika. Was machen die Studierenden genau im Praktikum?
In den verschiedenen Praktika vom ersten bis zum fünften Semester lernen die angehenden Biotechnolog*innen von der Sensorik bis zur Skalierung von Up- und Downstream-Prozessen die praktische Durchführung von Bioprozessen zur Herstellung von Biologika. So können sie den gesamten Bioprozess von der Produktbildung bis zur Aufreinigung in unseren Laboren durchführen. Diese Kenntnisse sind sowohl bei pharmazeutischen Unternehmen wie Roche, Novartis oder Lonza als auch bei kleineren Unternehmen sehr gefragt und ermöglichen einen guten Einstieg ins Berufsleben nach dem Studium.

Was kannst du den angehenden Biotechnolog*innen mitgeben?
Durch meine Ausbildung und Erfahrung in der pharmazeutischen Industrie bei Roche sowie durch meine Erfahrungen, welche ich als Innovations Manager sammeln durfte, kann ich den Studierenden den neusten Stand der Bioprozesstechnik vermitteln und ihnen aufzeigen, wie sich diese in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird. Einfache, manuelle Prozesse werden in den nächsten Jahren vermehrt automatisiert, der Fokus wird mehr auf der Daten-Auswertung liegen. Das heisst die Anforderungen der Industrie verändern sich momentan rasant. Vor fünf Jahren, war es für Biotechnolog*innen beispielsweise wichtig, schnell und genau zu pipettieren. Mit der zunehmenden Digitalisierung ist eine gefragte Fähigkeit heutzutage eine gute Datenanalyse. Unser Bioprozesstechnik-Gruppenleiter Thomas Villiger, konnte in verschiedenen akademischen und industriellen Positionen reichlich Erfahrung in der Datenauswertung von Bioprozessen sammeln. Diese Erfahrung teilt er mit mir und den angehenden Biotechnolog*innen und gibt uns so wertvollen Input zu dieser Thematik.
Zudem habe ich als Innovations Manager und dadurch auch wir als Bioprozesstechnik-Gruppe Zugang zu neuesten Geräten, die teilweise noch nicht auf dem Markt sind. Die Studierenden dürfen diese im Labor einsetzen und als Betatester wertvolle Informationen an die Maschinenhersteller weitergeben. Dies wiederum ist ein Vorteil für die Hersteller der Geräte, deren Labore oft einfacher ausfallen als unsere und die solche Kooperationen deshalb sehr schätzen. Die Firmen können so ihre Geräte-Entwicklungen basierend auf dem Feedback aus unserem Labor optimieren, bevor diese auf den Markt kommen.

Welche Berufs-Perspektiven haben HLS-Absolvent*innen der Studienrichtung Chemie- und Bioprozesstechnik?
Biotechnolog*innen mit fundiertem Wissen im Bereich Bioprozesstechnik sind sehr gesucht in der Life Sciences-Branche. Beispielsweise als Prozessingenieur*innen in der Produktion von Pharmazeutika oder bei Herstellern von Geräten und Anlagen zur Durchführung und Kontrolle von Bioprozessen. Die beruflichen Perspektiven in der Life Sciences-Branche sind in der Schweiz sehr gut. Mit den grossen Pharmafirmen Roche und Novartis sowie der Lonza haben drei weltweit agierende Schweizer Grossfirmen Ihren Hauptsitz in der Region Basel. Neben weiteren grossen international Pharmafirmen wie etwa Moderna oder Bayer gibt es in der Schweiz viele innovative KMUs im Bereich Biotechnologie. Die Region Basel ist auch hier führend und an diversen Standorten wie in Schlieren oder Allschwil entstehen zur Zeit neue Biotech-Hubs an denen Kompetenz im Bereich Biotechnologie gebündelt wird.

Du hast Biotechnologie studiert. Woher komm deine Faszination für diesen Bereich?
Bereits in der Schule habe ich mich für Naturwissenschaften interessiert. Physik, Chemie, Mathe und Biologie liessen bereits damals mein Herz höher schlagen. So machte ich eine Lehre als Chemie- und Pharmatechnologe mit einer Vertiefung in Biotechnologie bei der F.Hoffmann-La Roche. Im letzten Lehrjahr hat die Roche ein neues Bioprozesstechnik-Gebäude gebaut und ich durfte dort die neuen Produktionsanlagen und Systeme in Betrieb nehmen. Das hat mich fasziniert. Und: es war der Auftakt für meine Faszination für die Bioprozesstechnik. Ich hängte ein Studium in Biotechnologie mit Vertiefung in Bioverfahrenstechnik an und konnte so meine praktischen Erfahrungen mit theoretischen und weiteren praktischen Kenntnissen erweitern.

Wenn du eine Sache auf der Welt verändern könntest, was wäre das?
Ich würde mir wünschen, dass die Menschen mehr miteinander reden würden. Sich gegenseitig zuhören würden. Sich in den anderen hineinversetzen. Weniger Ego. Mehr Miteinander. Das würde viel helfen in ganz unterschiedlichen Themen. Heute ist die Menschheit sehr polarisiert. Dies führt dazu, dass wir weniger bereit sind Kompromisse einzugehen. Alles wird in gut oder schlecht kategorisiert. Wertend. Das würde ich aufbrechen wollen. Und genau dieses Brücken schlagen ist in der Biotechnologie wichtig, da die Verbindung zwischen Biologie und Technologie viele unterschiedliche Fähigkeiten erfordert. Nur so können wir unterschiedliche Aufgaben in diesem Bereich erfolgreich meistern. Die FHNW vereint unterschiedliche Hochschulen und Fachrichtungen unter einem Dach und bietet so die idealen Rahmenbedingungen für Kollaborationen mit akademischen und industriellen Partnern. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht es uns, komplexe Aufgaben gemeinsam zu meistern. Das gefällt mir sehr gut!

Herzlichen Dank für das Gespräch und den Einblick in dein (Berufs)leben, Damian!

Gewusst?

Bioingenieur*innen sind DIE Expert*innen, wenn es um die technische Umsetzung von Bio-Prozessen im Labor geht. Sie gehen Fragen wie diesen nach: Wie verhalten sich Mikroorganismen? Welches sind die kritischen Prozess-Parameter, welche einen Einfluss auf die Produktqualität haben? Und: in welchem Bereich dürfen sich diese Parameter bewegen, um ein Produkt mit hoher Qualität herzustellen?

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