«Robi» for Kids
Wie weckt man das Interesse von Kindern und Jugendlichen für MINT-Fächer? Indem man ihnen ermöglicht, technische Themen spielerisch zu erkunden. Genau zu diesem Zweck hat ein Team im Rahmen der Projekte 3 und 4 ein Roboter-Baukit entwickelt und gefertigt.
von Thomas Abplanalp, Boran Cakar und Fabian Romer
Thomas Abplanalp | Thomas Abplanalp (Elektro- und Informationstechnik) war nach seiner Ausbildung zum Galvaniker EFZ von 2002 bis 2006 mehrere Jahre als Lastwagenfahrer und Ausbilder tätig. 2014 wechselte er ins Technorama, wo er eine technische Weiterbildung absolvierte und als Besucherbetreuer arbeitete. Von 2017 bis 2024 war er als Mechaniker und später Werkstattleiter aktiv. Seit 2024 ist er im Bereich Electrical Engineering bei ABB tätig. Bereits 2022 begann er zudem ein berufsbegleitendes EIT-Studium, um seine technischen Kompetenzen weiter auszubauen. |
Boran Cakar | Boran Cakar (Systemtechnik) absolvierte eine vierjährige Ausbildung zum Automatiker EFZ mit Schwerpunkt Brandschutzsysteme bei der Securiton in Pratteln. Anschliessend erweiterte er seine schulische Ausbildung um ein Jahr Berufsmaturität. Daraufhin begann er ein Bachelorstudium der Systemtechnik in Vollzeit, in dem er seine Kenntnisse in modernen technischen Systemen vertieft. |
Fabian Romer | Fabian Romer (Elektro- und Informationstechnik) absolvierte nach einer vierjährigen Lehre als Automatiker bei ABB in Turgi die technische Berufsmaturität mit Social Blended Learning in Baden, zunächst berufsbegleitend in derselben Firma. Anschliessend leistete er knapp ein Jahr Militärdienst. Seit 2022 studiert er berufsbegleitend Elektro- und Informationstechnik und sammelte weitere Erfahrung im Testbereich der Leistungselektronik bei ABB. |
Nur gerade 170x170x90 mm gross ist Robi. Doch das kleine Gefährt hat es in sich. Es ist nicht nur geländegängig und robust, sondern lässt sich auch fernsteuern. Ausserdem kann es autonom einer vorgezeichneten Linie folgen, summen oder auf Kommando seine Lämpchen leuchten lassen. Dabei ist Robi kinderleicht zu bedienen. Das ist auch sein Geheimnis: Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren können ihn programmieren und ihm so neue «Kunststücke» beibringen. Darüber hinaus lässt er sich mit Lego-Bausteinen erweitern und umbauen – alles ganz spielerisch.

Ein interdisziplinäres Team der Studiengänge Elektro- und Informationstechnik sowie Systemtechnik hat Robi entwickelt und gebaut, um Kindern einen spielerischen Zugang zu Robotern zu ermöglichen. Bislang gab es nämlich kein geeignetes Gerät, um das Interesse von Kindern der oberen Primar- und Sekundarstufe für die MINT-Fächer zu wecken. Zwar engagiert sich die FHNW seit Langem stark in der Nachwuchsförderung und organisiert spezielle Camps, Workshops und Nachwuchstage, einen geeigneten Roboter gab es jedoch bisher nicht. Mit Robi verfügt die Hochschule für Technik und Umwelt nun über einen mobilen Roboterbausatz, mit dem Kinder Erfahrungen mit technischen Themen sammeln können.
Delikate Anforderungen
Der Auftrag lautete, einen mobilen Roboter zu konzipieren und zu bauen, den ein 10-jähriges Kind innerhalb von zwei Stunden zusammenbauen kann. Die Mechanik soll aus Standardbauteilen bestehen, stabil sein und kompatibel zur Lego-Welt aufgebaut werden. Die gesamte Elektronik wird auf einer Leiterplatte verbaut und in die per 3D-Druck gefertigten Gehäuseteile integriert. Der Roboter soll mit Akku oder Batterien betrieben werden, die sich einfach austauschen lassen. Da Kinder mit dem Roboter «spielen», ist ein Sicherheitskonzept wichtig. Das heisst, dass unter anderem steckbare Verbindungen verpolungssicher realisiert werden müssen (siehe Abb. 2). Berührbare Teile oder Schnittstellen müssen über einen ESD-Schutz verfügen, um auch Robis Elektronik zu schützen. Für die Programmierung soll eine leicht zu erlernende, kinderfreundliche Entwicklungsumgebung zur Verfügung stehen, die auf verschiedenen Plattformen und kostenlos läuft.

Was Robi alles kann
Zunächst müssen die Kinder Robi zusammenbauen. Er besteht aus folgenden Grundbausteinen: Gehäuse, Leiterplatte, Batteriefach und Fahrgestell/ Gerüst und Farbsensor. Diese müssen zusammengebaut werden. Dafür sind Grundkenntnisse in mechanischer Fertigkeit erforderlich. Anschliessend müssen die Kabel am richtigen Ort eingesteckt und die Batterien eingesetzt werden. Nun sollte Robi fahrtüchtig sein. Besonders verlockend ist der Gehäusedeckel, der aus einer Lego-Platte besteht (siehe Abb. 1). Die Kinder können die Platte mit eigenen Steinen erweitern (siehe Titelbild).
Kinder lernen programmieren
Doch damit nicht genug. Mithilfe der Programmiersprache Scratch können sogar Primarschüler und -schülerinnen, einfache Befehle programmieren. Die Programmierumgebung enthält vorgefertigte Sequenzen, die die Kinder zu einem eigenen Programm zusammenstellen können.

Damit können sie Robi «diktieren», was er tun soll, bzw. ihm Befehle erteilen. Dank der eingebauten Farbsensoren kann das Fahrzeug einer vorgezeichneten Linie folgen, Kurven fahren, wenden und rückwärtsfahren (siehe Video 1). Mittels Summen eines Buzzers teilt der kleine Roboter mit, was er wie tun will. Ältere Schülerinnen und Schüler können mit der Programmiersprache Python elaboriertere Manöver programmieren, beispielsweise eine exakte 90-Grad-Kurve fahren, die zeitgesteuert mittels Gyroskop ausgeführt wird.
Ausserdem kann der Summer mit einer vorgegebenen Frequenz angesteuert werden. Um beispielsweise «Alle meine Entchen» abzuspielen, müssen die Frequenzen vorher berechnet werden. In der Musik haben verschiedene Töne verschiedene Frequenzen. Genauso werden die berechneten Frequenzen in den richtigen zeitlichen Abständen an die Membran des Summers gegeben, damit die Töne in der richtigen Reihenfolge abgespielt werden und ein Lied entsteht.
Was steckt dahinter?
Robi sieht zwar niedlich aus und ist kinderleicht zu handhaben. Doch dahinter stecken ein ausgeklügeltes System, gut abgestimmte Schnittstellen und geniale Ideen. So «erkennen» die eigens entwickelten Farbsensoren an der Unterseite beispielsweise Farbdifferenzen wie Schwarz, Rot, Grün und Blau auf weissem Untergrund. Um Hindernisse vor ihm zu erkennen, ist er mit frontal ausgerichteten Ultraschallsensoren ausgestattet (siehe Abb. 4). So kann er ihnen autonom ausweichen (siehe hierzu auch das Video 2 unten).

Angetrieben wird Robi von vier Getriebemotoren des Typs N20. Hierbei war es knifflig, die Stromversorgung so zu führen, dass die Trägerarme sicher drehen und die Kabel dennoch genügend Raum haben. Gespeist wird das Ganze von vier handelsüblichen AA-Batterien, die sich einfach wechseln lassen. Trotzdem wurde darauf geachtet, dass keine unnötigen «Stromfresser» eingebaut werden. Aufgrund von Bedenken bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) wurden für die Spannungsversorgung lineare Spannungsregler (LDOs) verwendet, obwohl es effizientere Schaltregler gibt. Immerhin gelang es, die Stromaufnahme durch Herabsetzen der Sendeleistung des Mikrocontrollers fürs WLAN zu optimieren. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn bei einer späteren Überarbeitung die Batterien durch einen wiederaufladbaren Akku ersetzt würden.

Wie bereits erwähnt, muss das Fahrzeug robust und leicht gebaut sein, damit Kinder spielerisch mit ihm umgehen können, ohne es gleich kaputtzumachen. Zugleich sollte das Material beständig und nachhaltig sein. Deshalb besteht das Gehäuse aus Polylactid (PLA), einem biologisch abbaubaren Kunststoff. PLA ist zudem kostengünstig, geruchsarm und bei Raumtemperatur formstabil. Die meisten Teile wurden im 3-D-Drucker gefertigt (siehe Abb. 5). Erwähnenswert ist, dass das Fahrwerk auf dem Rocker-bogie-Prinzip basiert. Dieses wurde ursprünglich von der NASA für Marsfahrzeuge entwickelt (siehe Abb. 6). Dieses System gewährleistet, dass sämtliche Räder permanent Bodenkontakt haben – selbst auf unebenem Terrain (siehe GIF).


Besondere Herausforderungen
Der Farbsensor stellte eine besondere Herausforderung dar. Aufgrund der speziellen Bauform des geländegängigen Robis und der eigenen Spannungsversorgung (Batteriekonzept) wurde entschieden, diesen Farbsensor eigenständig von Grund auf zu entwickeln und zu fertigen. Es galt, die richtige Balance zwischen möglichst effizienter Untergrunddetektion und dem daraus entstehenden Strombedarf zu finden. Der ursprünglich hohe Stromverbrauch des WLANs führte zu Beginn zu zahlreichen Fehlmessungen.

Gegen Ende des Projekts wurde bemerkt, dass die Spannungsversorgung des Logikbereichs instabil wird, wenn der Roboter viel Leistung benötigt, insbesondere durch die vier Fahrmotoren und die WLAN-Funktion (siehe Tests in Abb. 7). Im schlimmsten Fall kann dies dazu führen, dass der Mikrocontroller zurückgesetzt wird, weil die Mindestspannung nicht mehr gewährleistet ist. Eine schnelle Lösung dafür ist, die Sendeleistung des WLANs zu begrenzen und die maximale Geschwindigkeit der Fahrmotoren festzulegen.
Aufgrund technischer Gegebenheiten musste der Farbsensor mechanisch angepasst werden. Dies gestaltete sich schwierig, da der Roboter sowohl geländegängig sein als auch über einen Farbsensor verfügen sollte. Diese beiden Anforderungen standen im Konflikt zueinander: Einerseits sollte der Farbsensor möglichst nah am Boden sein, andererseits benötigte der Roboter Bodenfreiheit, um geländegängig zu fahren.

Didaktisches Prinzip
Das zentrale Ziel bestand darin, eine technisch einwandfrei funktionierende Plattform zu entwickeln, die Kinder und Jugendliche aktiv zum Weiterdenken, Entdecken und kreativen Gestalten anregt. Der Roboter ist daher als offene Lernplattform konzipiert, die die Prinzipien des forschenden Lernens und des spielerischen Ausprobierens unterstützt. Die Aufgabe der Kinder besteht darin, aus den Bauteilen ein funktionierendes Gefährt zu konstruieren, das mit der Zeit erweitert und individuell angepasst werden kann (siehe Abb. 8). Die offene Gehäusegestaltung gibt den Kindern Einblick in die Funktionsweise, sodass sie technische Zusammenhänge visuell und haptisch erfahren können. Aus diesem Grund sind die Komponenten bewusst sichtbar montiert, beispielsweise die Platine, die Sensoren, die Motoren oder die Verkabelung. Die Lego-kompatible Struktur lädt dazu ein, das Fahrzeug auszubauen, zu dekorieren oder mit funktionalen Zusatzmodulen wie einer Kamerahalterung oder Werkzeugarmen zu erweitern.
Infobox

Weiterführende Links
- Scratch: https://scratch.mit.edu/ oder https://de.wikipedia.org/wiki/Scratch_(Programmiersprache)
- Python: https://docs.python.org/3/license.html oder https://de.wikipedia.org/wiki/Python_(Programmiersprache)
- Polylactide: https://de.wikipedia.org/wiki/Polylactide
- Rocker-bogie-Prinzip: siehe auch https://ntrs.nasa.gov/citations/20040084284
- GIF-Rastergrafik wurde mit GIMP erstellt. – Eigenes Werk – Facepunch, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33229521
Thomas Abplanalp
Boran Cakar
Fabian Romer
Kommentare
Keine Kommentare erfasst zu «Robi» for Kids