Bachelor in Geomatik, IGEO Events

Geomatik-Herbst-Kolloquium: Navigation in der Luftfahrt im Wandel

13. Dezember 2022

In der Geomatik jongliert man wie in allen anderen Branchen zwischen Qualität (Genauigkeit, Zuverlässigkeit) und Wirtschaftlichkeit. Bei einer Branche, die eine Dienstleistung verkauft, an der Leben hängen, hat die Zuverlässigkeit noch mal einen höheren Stellenwert. Die Flugzeugnavigation ist so eine Branche. Da ist die Zuverlässigkeit so hoch, dass viele Systeme redundant aufgebaut sind, dass bei einem Fehler ein anderes System übernehmen könnte.

Dr. Marc Troller nimmt uns mit auf eine kleine Zeitreise durch die Geschichte der Flugzeugnavigation. Die ersten Piloten sind auf Sicht geflogen. Dabei orientierten sie sich an der Umgebung und wenn es dunkel wurde, navigierten sie mit den Sternen. Dies hatte zur Folge, dass bei schlechten Sichtverhältnissen nicht geflogen werden konnte. Um eine zuverlässige Navigation zu gewährleisten, wurden Funksysteme errichtet, die bei der Orientierung unterstützen. Dabei gibt es verschiedene Modelle, die teilweise auch heute noch im Einsatz sind:

Konventionell flogen die Piloten von Sender zu Sender und hatten so eine sehr zuverlässige und robuste Methode, die aber nicht den optimalen Weg zurücklegt und viel Infrastruktur voraussetzt. Mit computerngestützten Systemen zur Navigation können mehrere Signale kombiniert werden, um eine Position zu berechnen. Mit dieser Information kann ein direkter Weg geflogen werden. In aktuellen Anwendungen wird das GPS (ja nur GPS) Signal in Kombination mit Barometern und den bodengestützten Signalen (VOR, DME) verwendet.

Das GPS-Signal ist weltweit verfügbar und ab einer gewissen Höhe gibt es auch keine Abschattung. Somit kann, auch wenn keine Funkverbindung zu Bodenstationen besteht, eine Position berechnet werden. Diese weist während 95 % der Zeit eine Höhengenauigkeit von 9 m und eine Lagegenauigkeit von 15 m auf. Dabei wird nur das L1 Band verwendet, da die anderen Bänder nicht im Frequenzbereich der für Aviatik zugelassenen Wellenlängen sind. Da in 5 % der Zeit keine Genauigkeitsangaben vorliegen, müssen während dieser Zeit redundante übernehmen. Deshalb wird die Position mit mehr als 4 Satelliten ermittelt, um mit einer Überbestimmung minderwertige Signale auszuschliessen oder durch eine Kombination von anderen Messsystemen wie z. B. DME, VOR, Barometer oder Inertialmesssystemen eine andere Form der Positionsbestimmung verwendet.

Um die Lagegenauigkeit von GPS zu verbessern, gibt es verschiedene Space Based Augmentation Systems (SBAS). Diese verwenden zusätzlich noch geostationäre Satelliten oder Umlaufbahnen, die auf ein Gebiet optimiert sind. Mit diesen zusätzlichen Satelliten kann eine höhere GNSS-Genauigkeit erreicht werden. Solche SBAS gibt es in den Gebieten Europa (EGNOS), USA (WAAS), Indien (GAGAN), Japan (MSAS), Südkorea (KASS) und Russland (SDCM).

Vor allem um den Flughafen sind besonders zuverlässige Systeme gefragt, wenn man auch bei schlechten Sichtverhältnissen landen will. Dafür gibt es bei grossen Flughäfen Instrumentenlandesysteme, mit denen ein Flugzeug die Piste perfekt in der Achse mit einem Neigungswinkel von drei Grad anfliegen kann.

An gewissen Flughäfen sind auch GPS-Basisstationen aufgestellt, die für das Gebiet um den Flughafen ein höchst zuverlässiges Korrekturmodell errechnen… das Pendent zu RTK in der Geomatik.

In Zukunft will die Aviatik ihre Bezugsrichtung vom magnetischen zum geografischen Nordpol ändern. Ausserdem soll als Höhenbezug auf orthometrischer oder ellipsoidischer Höhe und nicht mit der barometrischen Höhe geflogen werden. Es ist jedoch schwierig, diese beiden Systeme zu ersetzten, da sie sehr robust sind und ohne externe Signale zuverlässige, wenn auch in gewissen Situationen schwer interpretierbare oder ungenaue Resultate liefern.

Falls Sie den Vortrag verpasst haben, können Sie ihn auf unserem YouTube Kanal anschauen

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