Studierende berichten: Geomatik Frühlingskolloquium 2025
Effektives und verantwortungsvolles Landmanagement für nachhaltige Entwicklung – Erfahrungen aus der Praxis
Weltweit fehlen 70% der Bevölkerung sichere Landnutzungs- und Besitzrechte, obwohl das Land eine wichtige Ressource darstellt und daher für eine nachhaltige Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist. Aus diesem Grund setzt der FHNW-Absolvent Lorenz Jenni mit der Firma LandNetwork massgebende Projekte zur weltweiten im BereichLandmanagement um. Im Rahmen des Geomatik-Frühlings-Kolloquiums gab Lorenz einen Eindruck von seinen Arbeitserfahrungen rund um den Globus sowie von seinen laufenden Projekten in Asien und Südamerika.
Der Referent nahm die Teilnehmenden auf eine virtuelle Weltreise mit und gewährte dabei Einblick in verschiedenen Realitäten. Die Reise startete in Ecuador. Um das Schutzgebiet, rund um den Vulkan Sumaco nachhaltig zu nutzen, wurden kollektive Landtitel an indigene Gemeinschaften vergeben. Dazu war es notwendig die Grenzen der Territorien der Gemeinschaften sowie weitere Daten zur Nutzungsplanung zu erfassen. Für die Umsetzung des Projekts war es notwendig, geeignete Vermessungsausrüstungen anzuschaffen, um die räumliche Datenerhebung in den ländlichen Gebieten überhaupt zu ermöglichen. Parallel dazu mussten standardisierte Prozesse zur Katastererfassung entwickelt werden, um eine systematische und rechtssichere Erhebung der Grundstücksinformationen sicherzustellen. Damit die erfassten Daten analysiert, verwaltet und langfristig nutzbar gemacht werden konnten, wurde ausserdem ein geografisches Informationssystem für das gesamte Biosphärenreservat aufgebaut. Das Ergebnis des Projekts umfasst Rechtssicherheit und traditionelle Bewirtschaftung im Bereich der Pufferzone des Nationalparks. Ebenfalls beinhaltet es einen freien Zugang für die politischen Gemeinden zu den Katasterdaten, über ein speziell dafür entwickeltes Landinformationssystem. Neben den überdachten Abläufen und Normen, waren vor allem Personalschulungen für das Umweltministerium von grosser Bedeutung. Das geschulte Fachpersonal, der entwickelte Prozess und die Systeme konnten nach dem Projekt für Vorhaben in anderen Schutzgebieten eingesetzt werden.

Genau wie rund um den Sumaco waren auch in Burundi die Katasterdaten unvollständig, das System stammt noch aus der belgischen Kolonialzeit. Daher wurde in einem weiteren Projekt der veraltete analoge Kataster überarbeitet, wo bisher erst 5% der Grundstücke registriert wurden. Im Mittelpunkt des Projektes stand die Inventarisierung und Registrierung von Staatsland durch einen partizipativen Prozess. Darüber hinaus wurden zahlreiche Schulungen und Rechtsberatungen durchgeführt, die sich mit verschiedenen Aspekten des Landmanagements befassten. Zusätzlich wurde ein modernes und open-source basiertes Landinformationssystem entwickelt, um die erfassten Daten effizient zu verwalten und zugänglich zu machen. Eine Herausforderung während der Projektlaufzeit war die Tatsache dass in Burundi kein CORS-Netz verfügbar war. Um die Anforderungen an die Lagegenauigkeit zu erfüllen, wurde deshalb eine L-Band Lösung eingesetzt (Trimble RTX).

Ein ähnliches Projekt wird zurzeit in Laos durchgeführt. Um die Ernährungssicherheit der Bevölkerung im südostasiatischen Land sicherzustellen, ist die registrierung Landrechten von zentraler Bedeutung. In Zusammenarbeit mit dem laotischen Umweltministerium (Abteilung für Landregistrierung) sollen infrastrukturelle und softwaretechnische Verbesserungen umgesetzt werden. Zudem werden in acht Distrikten die Landrechte systematisch registriert und digital dokumentiert. Dieser Prozess erfolgt dabei in mehreren Schritten. Zunächst wird die Bevölkerung sensibilisiert und erste Konflikte werden gelöst, woraufhin allgemeine Nutzungszonen festgelegt werden können. Nach der darauffolgenden Vermessung und Regelung der Besitzansprüche werden die Daten durch die Bevölkerung im Rahmen einer öffentlichen Auflage validiert. Im Anschluss erfolgt die Registrierung im digitalen Landregister sowie die Vergabe der Landtitel an die Bevölkerung. . Nachdem in Laos die ersten Dörfer pilothaft registriert wurden, zeigte sich zunächst ein kostenintensiver und langsamer Projektverlauf. Der Prozess und die Tools werden darum zur Zeit effizienter gemacht sowie digitale Tools für die Datenerfassung entwickelt und eingeführt, womit das Ziel von 125.000 registrierten und titulierten Parzellen erreicht werden kann.
Ein weiteres laufendes Vorhaben in Peru hat das Ziel, die städtischen Katasterdienste in priorisierten Distrikten und Provinzen zu stärken. Durch den durch das SECO finanzierten Schweizer Projektbeitrag „Swiss Accompanying Measures in Cadastre Projects“ (SAM) wird das Projekt unterstützt.

Die ergänzenden Massnahmen von SAM konzentrieren sich auf drei zentrale Bereiche: Interoperabilität, Datenmanagement und Kapazitätsentwicklung. Im Bereich der Interoperabilität wird eine Roadmap sowie ein Proof of Concept zur Integration des Katastersystems entwickelt. Das Datenmanagement umfasst die Entwicklung von Qualitätsstandards, die Weiterentwicklung des Geoportals sowie eine Bestandsaufnahme des Geodatenmanagements in Gemeinden. Zur Kapazitätsentwicklung gehören Schulungen zu Geostandards, Qualitätssicherung und Best Practices. Zudem kooperiert die Fachhochschule Nordwestschweiz mit peruanischen Universitäten, um Ausbildungsangebote zu entwickeln und die Wissensplattform „SAM Online“ aufzubauen
Geregeltes Landmanagement scheint für uns in Mitteleuropa eine Selbstverständlichkeit. Das dies auf globaler Ebene nicht so ist, wurde uns durch spannende Erfahrungsberichte eindrücklich aufgezeigt. In den vergangenen 20 Jahren etablierten sich internationale Prinzipien und Leitlinien, welche das Landmanagement als wichtiges Werkzeug zur nachhaltigen Entwicklung stärkten. Um Landmanagementprojekte vollends erfolgreich zu gestalten und somit eine dauerhafte Wirkung zu erreichen, sind langfristige Projekte unverzichtbar.
Autoren: Leonardo Seminatore und Micha Erci, Bachelor-Studierende Geomatik im 4. Semester
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