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Unterrichten in China…

Im Oktober 2019 bekam Bettina Schneider die Chance, über ein Austauschprogramm der FHNW als Gastdozentin an der Shenzhen Technology University nahe Hongkong in China zu unterrichten. In diesem Blogbeitrag teilt sie ihre Erfahrungen.

Text & Fotos von Bettina Schneider

Frühjahr/Sommer 2019 – Reisevorbereitungen
Es steht fest: Ich reise nach China und ich freue mich sehr. Die Rahmenbedingungen sind schnell gesetzt. Ich werde während insgesamt zwei Wochen «Database Technology» für Studienanfängerinnen und -anfänger unterrichten. Die Unterkunft wird mir gestellt, der Flug ist gebucht, das Arbeitsvisum ist beantragt.

Oktober 2019 – es beginnt
Tag 1: Nach einem sehr angenehmen Flug und einer schier endlos erscheinenden Taxifahrt komme ich an der Universität an. Es ist Sonntag und meine Ansprechpartnerin der Shenzhen Technology University kommt extra zur Hochschule, um mich persönlich zu begrüssen. Einzige Hürde: Wir haben uns etwas unspezifisch «an der Uni» verabredet. Die Dimensionen des Universitätscampus sind jedoch so gross, dass sich unser Treffpunkt als nicht sehr tauglich erwies. Die Menschen rund um den Campus sind sehr freundlich – sie lächeln – ich lächle – aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse verstehen wir uns kaum. Trotzdem läuft alles gut und ich finde nach kurzer Zeit meine Ansprechpartnerin. Sie führt mich in meine extrem grosse Wohnung mit Balkon, zwei Schlafzimmern, Bad, einem Fernseher, der doppelt so gross ist wie mein Gerät zu Hause, und einer brandneuen Küche mit zwei (!) Kühlschränken. Die Wohnung befindet sich im 32. Stock, vor Ort gibt es eine Bibliothek, eine Bankfiliale, ein französisches Café, einen chinesischen Shop, der rund um die Uhr geöffnet hat, sogar einen medizinischen Dienst und mehrere Kantinen. Letztere besuche ich sofort, es gibt Reis oder Nudeln und es schmeckt bestens.

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Tag 2: Mein Unterricht startet und ich habe die Studierenden sofort in mein Herz geschlossen. Sie scheinen alle sehr aufmerksam, nicken höflich zu meinen Aussagen und beteiligen sich an den Aufgaben. Bei Fragen sind sie insgesamt eher schüchtern, jedoch herrscht in den Pausen grosser Andrang für fachliche, aber auch die ein oder andere persönliche Fragen («Teacher, why is your hair so yellow?»). Die Räumlichkeiten der Hochschule sind noch ganz neu und sehen denen einer Schweizer Hochschule sehr ähnlich.

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Tag 7: Der Sonntag ist frei und ich nutze den Tag, um «Downtown Shenzhen» zu erkundigen. Allein schon zur nächstgelegenen U-Bahn zu kommen, ist ein Abenteuer. Mit dem Bus? Fahrplan lesen unmöglich! Personen am Strassenrand fragen? Wir lächeln uns gegenseitig an aber verstehen uns nicht! Taxi? Hier fährt kein Taxi vorbei! Chinaerprobte Reisende verwenden natürlich die Didi-App oder MyChina-Taxi. Ich habe WeChat (die chinesische App für alle Lebenslagen), aber ein Taxi bekomme ich damit nicht. Als Workaround informiere ich nun jeweils im Voraus meine Studierenden über meine Reisepläne und sie buchen ein Taxi für mich – ich fühle mich sehr unselbständig, aber es funktioniert. «Downtown Shenzhen» erreiche ich mit Taxi und U-Bahn in ca. zwei Stunden. Die Stadt ist eine Megametropole. Meine Favoriten: Das Shenzhen Museum und das Window of the World. Während ich mir die Attraktionen anschaue, werde ich auch selbst als Attraktion angesehen – viele Menschen möchten gerne ein Selfie mit der Europäerin mit den «gelben Locken».

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Tag 9: Der Unterricht macht nach wie vor sehr viel Spass. Im Unterricht erstellen die Studierenden ihre eigene kleine Datenbank und sind mit Freude bei der Sache. Nach einer Woche sehr leckerer Reis- und Nudelgerichte merke ich, wie mein Wunsch nach etwas mit «knackiger Kruste» oder einem Steak immer grösser wird. Als Ersatz mache ich etwas, das ich in der Schweiz so gut wie nie tue: ich esse einen BigMac mit Pommes bei McDonald’s – und ja, ich habe etwas ein schlechtes Gewissen, weil die Kantine am Campus wirklich frisches Essen serviert. Aber ich kann nicht leugnen, dass ich den Burger so richtig geniesse.

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Tag 14: Meine Koffer sind gepackt und ich bin parat zur Heimreise – so schön es auch in China war… ich freue mich auf zu Hause. Am Abend zuvor gab es eine wirklich nette Einladung. Der Rektor der Hochschule lud die externen Dozierenden (insgesamt drei Personen) zu einem exklusiven Dinner ein. Das Essen war vorzüglich und reichte von Fleisch und Fisch über Obst und selbstgebrautes Bier – bei so einem Essen braucht niemand mehr McDonald’s. Ein Highlight: der Rektor überreicht jeder Person einen selbstgeschriebenen Kalligraphiezug mit einer Lebensweisheit als Andenken. Kurz vor meiner Abreise kommt für die Studis das grosse Finale des Unterrichts: Die Klausur. Ich mache die Prüfungsaufsicht und setze dabei ein möglichst strenges Gesicht auf, dann packe ich alle Klausuren ein, halte noch für diverse Selfies mein Gesicht hin und dann geht es ab mit dem Taxi zum Flughafen und mit dem Flieger nach Europa. Mein Fazit steht jetzt schon fest: Es war beruflich aber auch privat eine absolute Bereicherung.

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