EU verschärft Gebäuderichtlinie: Ökobilanzierung rückt ins Zentrum der Bauwirtschaft
Neue EU-Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden machen die Ökobilanzierung zum Schlüssel für nachhaltiges Bauen – mit Auswirkungen auch auf die Schweiz.
Die überarbeitete Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) ist ein Meilenstein für die europäische Bau- und Immobilienbranche. Sie verpflichtet alle EU-Mitgliedstaaten dazu, ihre Gebäude systematisch in Richtung Null-Emissionen zu modernisieren. Ab 2030 dürfen alle Neubauten keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr verursachen – bei öffentlichen Gebäuden sogar schon ab 2028.
Ein zentrales neues Element: Ab 2030 müssen Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berechnet und in den Energieausweisen ausgewiesen werden. Damit wird die sogenannten grauen Emissionen – also Emissionen aus Herstellung, Transport, Bau und Rückbau – ein fester Bestandteil der energetischen Bewertung von Gebäuden.
Die Folge: Die Ökobilanzierung (LCA) wird ein zentrales Instrument der Baubranche.
Warum das auch die Schweiz betrifft
Auch in der Schweiz werden derzeit die Weichen für eine verschärfte Regulierung gestellt. Die MuKEn 2025, also die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich, enthalten erstmals Grenzwerte für die graue Energie bei Neubauten. Zwar sind die MuKEn rechtlich nicht verbindlich, aber sie dienen den Kantonen als Grundlage für die Anpassung ihrer Energiegesetze.
Sobald erste Kantone diese Vorgaben übernehmen, wird für jedes neue Gebäude eine vereinfachte Ökobilanzierung (LCA) Pflicht. Es gibt bereits erste digitale Tools, mit denen solche Nachweise erstellt werden können.
Dass die Schweiz sich bei zentralen Themen häufig an der EU orientiert, zeigt ein Blick in verschiedene Regelbereiche. Oft werden EU-Vorgaben angepasst übernommen, harmonisiert oder über internationale Abkommen eingebunden – etwa bei Energieetiketten, CO₂-Grenzwerten, dem Emissionshandel oder im revidierten Datenschutzgesetz. Gerade im Bau- und Energiebereich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch neue EU-Vorgaben wie die Lebenszyklusemissionen aus der EPBD früher oder später in Schweizer Standards einfliessen – über die MuKEn, das CO₂-Gesetz oder neue Baustandards.
Die EU zeigt damit, wohin die Reise geht – und die Schweiz folgt mit zeitlichem Abstand. Bauunternehmen, Architekturbüros, Planerinnen und Planer sowie Immobilienentwickler sollten sich frühzeitig mit der Methodik und Praxis der Ökobilanzierung vertraut machen.
Weiterbildung: CAS Ökobilanzierung (LCA) an der FHNW.
Die Hochschule für Technik und Umwelt FHNW bietet mit dem CAS Ökobilanzierung (LCA) eine fundierte Weiterbildung, die praxisnah vermittelt, wie Lebenszyklusanalysen (LCA) erstellt und in Planungs- und Entscheidungsprozesse integriert werden können. Der Kurs richtet sich an Fachpersonen aus unterschiedlichen Branchen – etwa Umwelt, Energie, Konsumgüter oder Bauwesen – und erlaubt individuelle Vertiefungen, etwa durch die Praxisarbeit mit Experten der LCA-Praxis im Bausektor.
Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein: Wer jetzt Kompetenzen in Ökobilanzierung aufbaut, wird in den kommenden Jahren stark nachgefragt sein – sowohl in der Schweiz als auch im europäischen Kontext.


