NFP 76 - Forschende der Hochschule für Soziale Arbeit an nationalem Förderprogramm beteiligt
NFP76 steht für ein Nationales Forschungsprogramm zum Thema «Fürsorge und Zwang» des Schweizerischen Nationalfonds SNF, bei dem auch Forschende der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW Projekte umgesetzt haben.
29 Projekte wurden vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert, drei davon wurden an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW umgesetzt und bei drei weiteren Projekten haben Forschende der Hochschule für Soziale Arbeit mitgearbeitet.
Der Inhalt des NFP 76
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden in der Schweiz tausende Menschen Opfer von «Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen». Behördliche Massnahmen erfolgten vor 1981 als Teil des staatlichen Fürsorge- und Vormundschaftswesens nach kantonalen Praxen und mit kaum existenten Verfahrensrechten. Betroffen waren Erwachsene ebenso wie Minderjährige. Die Massnahmen führten immer wieder zu Eingriffen in das Leben Betroffener. Heute wird das Leid, das Betroffenen durch die Missachtung ihrer Grundrechten zugefügt wurde, vom Bundesrat und dem Parlament anerkennen. Begriffe wie «Verdingkinder», «Kinder der Landstrasse», «Heimkinder», «psychiatrische Zwangseinweisungen», «Zwangssterilisationen», «Administrativ Versorgte» werden heute, um die gravierenden Verletzungen der Grundrechte dieser Menschen zu beschreiben.
Um fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen – staatliche und auch privat veranlasste – in einem breiten Kontext zu untersuchen, beauftragte der Bundesrat den Schweizerischen Nationalfonds SNF 2017 mit dem Nationalen Forschungsprogramm «Fürsorge und Zwang – Geschichte, Gegenwart, Zukunft» (NFP 76).
Konkret verfolgt das NFP 76 folgende Ziele:
Analyse von Merkmalen, Mechanismen und Wirkungsweisen der schweizerischen Fürsorgepolitik und -praxis;
Identifikation von möglichen Ursachen für integritätsverletzende sowie integritätsfördernde Fürsorgepraxen im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Ordnung und individuellen Rechten;
Untersuchung der Auswirkungen der Fürsorgepraxen auf die Betroffenen.
Sechs Projekte mit Beteiligung von Forschenden der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW
Behörden in der Kommunikation mit Menschen mit Behinderung
Nur wer versteht und verstanden wird, kann in Vormundschafts- oder Erwachsenenschutzverfahren die eigenen Interessen vertreten. Ein interdisziplinäres Team der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW hat anhand von Befragungen, Akten und Beobachtungen untersucht, wie Behörden Menschen mit einer Behinderung in die Verfahren miteinbeziehen.
Video zum Projekt Forschungsteam: Prof. Gabriela Antener, Dr. Simone Girard-Groeber, Dr. Sara Galle, Annette Lichtenauer, Markus Bossert
Erhaltung und Förderung de Selbstbestimmung im Erwachsenenschutz
Diese Studie untersucht Praktiken zur Erhaltung und Förderung der Selbstbestimmung im Erwachsenenschutz. Das Projekt bestimmt gut geeignete Praktiken und erarbeitet Empfehlungen für Verbesserungen in der Praxis.
Forschungsteam: Prof. Roland Becker-Lenz, Dr. Lukas Neuhaus, Anic Sophie Davatz
Werkstätten der Professionalisierung? Verbände und die Koordination des Sozialwesend in der Schweiz
Forschungen zeigen, dass Massnahmen von Zwang und Gewalt in der unübersichtlichen Fürsorgelandschaft der Schweiz bis in die 1980er Jahre hinein kaum einer Aufsicht unterstellt waren. Aus dem Blick gerät dabei oft, dass gleichzeitig eine rege Fachöffentlichkeit auf gesamtschweizerischer Ebene, die sich damit eröffnende Willkür kritisierte und die Einführung von übergreifenden Richtlinien einforderte.
Forschungsteam: Prof. Dr. Gisela Hauss, Markus Bossert, Dr. Kevin Heiniger
Interventionen der Sozialarbeitenden durch Hausbesuche
Staatliche Vertreterinnen und Vertreter führen im Sozialbereich seit über hundert Jahren Hausbesuche durch. Bisher wissen wir aber noch wenig darüber, wie solche Hausbesuche organisiert werden, wie sie verlaufen und inwiefern sie die Privatsphäre und die Integrität von Familien und Einzelpersonen tangieren können.
Forschungsteam: Dr. Martina Koch, Prof. Dr. Esteban Pineiro, Dr. Rahel Bühler, Markus Steffen, MSc, Fabienne Rotzetter
Wie erleben Kinder und Eltern den Kindesschutz
Mit historischer und rechtlicher Analyse sowie mittels einer empirischen Studie in den französisch- und deutschsprachigen Landesteilen der Schweiz untersucht das Projekt, wie Kinder und Eltern das Handeln von Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden erleben und wahrnehmen und wie sie darauf antworten.
Projekt in Kooperation der Universtät Genf und Geschichtspunkte GmbH Wädenswil Forschende aus der Hochschule für Soziale Arbeit: Prof. Kay Biesel, Prof. Stefan Schnurr, Dr. Brigitte Müller, Aline Schoch
Kinderpsychiatrische Expertise und Fremdplatzierung
Das Forschungsprojekt untersucht psychiatrische Expertisen im Kontext von Fremdplatzierungen 1921–1974. Zentrale Fragen sind, wer als Experte gilt, wie eine Expertenmeinung entsteht, was sie beinhaltet und wie sie sich auf die Lebensgeschichte der Betroffenen auswirkt.
Kooperation mit kompass A, Universität Zürich, Universität Basel und der Hochschule für Sozilae Arbeit FHNW Forschende aus der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW: Dr. Sara Galle