Die Mischung macht's
Thomas Gross erprobt Kombinationen von Pflanzenkohle und Kompost zur Regeneration verödeter Böden
Wer einen Garten oder Blumen auf seinem Balkon hat, kennt die Vorteile der Verwendung von Kompost, um die Bodenqualität zu erhalten oder zu verbessern. Stoffe, die dem Boden zugesetzt werden, um seine chemischen, physikalischen und/oder biologischen Eigenschaften zu verbessern, werden als Bodenverbesserer bezeichnet. Ein Bodenverbesserer, der auf grosses Interesse stösst, ist Pflanzenkohle, eine Form von Holzkohle, die aus Biomasse gewonnen wird.
Im Projekt Agrocomposit, das im Rahmen des European Joint Programme on Agricultural Soil Management (EJP SOIL) durchgeführt wird, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Ecopreneurship FHNW und Agroscope mit Forschenden und Fachleuten aus der Praxis in Norwegen und Ungarn zusammen, um Pflanzenkohle mit der Kompostierung verschiedener Arten von Bioabfällen zu kombinieren. Sie testen das Potenzial von zusammengesetzten Bodenverbesserern zur Regeneration verödeter Böden, zur Steigerung der Stickstoffnutzungseffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette und zur Senkung der Treibhausgasemissionen.
Forschende der Hochschule für Life Sciences FHNW kompostieren in der Schweiz Pflanzenkohle zusammen mit anaerob vergorenem Grüngut und dem organischen Anteil von Siedlungsabfällen aus einer anaeroben Vergärungsanlage. Forschende in Norwegen kombinieren Bioabfälle aus der Aquakultur mit Pflanzenkohle, während in Ungarn ein Gemisch aus Klärschlamm und Pflanzenkohle untersucht wird.
Das Team stellt zuerst im Labor kleine Mengen an zusammengesetzten Bodenverbesserern aus verschiedenen Bioabfällen mit unterschiedlichen Pflanzenkohlekonzentrationen her und testet diese Mischungen dann in Topfversuchen an Weizen- und Maispflanzen. Sie messen den Gehalt an Nährstoffen, Kohlenstoff, Spurenmetallen und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in den zusammengesetzten Bodenverbesserern selbst, in verschiedenen Bodentypen, auf die sie aufgetragen werden, und in den Pflanzen. Diese Ergebnisse werden mit Töpfen verglichen, die keine Bodenverbesserer, nur Gärabfälle, nur Pflanzenkohle bzw. herkömmliche Mineraldünger enthalten.
Als Nächstes wird das Team seine Erkenntnisse in groß angelegten Feldversuchen im Freien anwenden, um das Potenzial der zusammengesetzten Bodenverbesserungsmittel zur Verbesserung degradierter Böden an bestimmten Standorten zu quantifizieren. Sie werden feststellen, welche zusammengesetzten Zusatzstoffe die Bodeneigenschaften verbessern, um die agrarökologischen Funktionen zu unterstützen, einschließlich eines erhöhten Kohlenstoffgehalts und einer verbesserten Wasserspeicherkapazität.
«Feldversuche sind anspruchsvoll und weisen eine Vielzahl von Variablen auf, die nicht vollständig kontrolliert werden können, aber sie sind für die Umsetzung von Laborergebnissen in die Anwendung unerlässlich. Wir freuen uns darauf, durch den Einsatz von Verbundstoffen aus Pflanzenkohle und Kompost in der Praxis neue Erkenntnisse über die Verwertungswege von Bioabfällen zu gewinnen, um für gesündere Agrarökosysteme in Europa zu sorgen», so Gross.
Die Suche nach vielversprechenden zusammengesetzten Bodenverbesserern ist nicht das einzige Ziel des Projekts. Das Projekt arbeitet mit mehreren Grossanlagen zur Behandlung von Bioabfällen und landwirtschaftlichen Betrieben in der Schweiz und Europa zusammen, um die ökologische und wirtschaftliche Verwertung von Bioabfällen zu erforschen.
Zur Quantifizierung des ökologischen Fussabdrucks führt das Team von Gross Stoffstrom- und Lebenszyklusanalysen durch, um die Umweltauswirkungen des Ressourcenverbrauchs und der Emissionen entlang der Wertschöpfungskette für Bioabfälle zu berechnen. Zusammen mit ökotoxikologischen Bewertungen durch andere Konsortialpartner bietet dies eine solide Grundlage, um festzustellen, ob Risiken für die Bodengesundheit und die Pflanzensicherheit bestehen und ob die Zugabe von Pflanzenkohle zum Kompost in Bezug auf den Ertrag, die Umweltauswirkungen und die wirtschaftlichen Kosten gerechtfertigt ist.
Agrar- und Umweltbehörden benötigen diese Art von Daten, um Vorschriften zu erlassen und den Landwirten fundierte Orientierungshilfen zu bieten. Das Bundesamt für Umwelt fordert mehr Erkenntnisse aus der Forschung, bevor Pflanzenkohle für den Einsatz in Schweizer Böden empfohlen werden kann, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf Bodenorganismen. In folgendem Factsheet wurden Bedenken bezüglich Pflanzenkohle formuliert: Pflanzenkohle in der Schweizer Landwirtschaft – Risiken und Chancen für Boden und Klima.
«An der Schnittstelle von Bioabfallverwertung, Landwirtschaft und Bioenergie kann dieses Projekt dazu beitragen, Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit der Kombination von Pflanzenkohle mit Kompost zu generieren und langfristig zur Förderung der Schweizer Bioökonomie beizutragen. Letztlich wollen wir helfen, Ressourcenkreisläufe zu schliessen, die Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Düngemitteln zu verringern und neue Lösungen zur Regeneration verödeter Böden anzubieten», sagt Thomas Gross.
Eckdaten | |
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Gemeinschaften: | Schweiz, Europa |
Partner: | Agroscope; Technische und Wirtschaftswissenschaftliche Universität Budapest; Norwegisches Institut für Bioökonomieforschung; Ungarisches Institut für Bodenwissenschaften |
Finanzierung: | SNSF 31SL30_214524 |
Pflanzenkohle – Schon gewusst?
Pflanzenkohle ist eine Form von Holzkohle, die durch thermische Zersetzung von Biomasse bei Temperaturen zwischen 400 und 700 °C ohne Sauerstoff gewonnen wird, ein Verfahren, das als Pyrolyse bezeichnet wird. Vor über 2 500 Jahren nutzten die Amazonasbewohner ein ähnliches Verfahren, bei dem sie landwirtschaftliche Abfälle, Knochen, zerbrochene Töpferware und andere organische Stoffe verschwelten, um hochfruchtbare Terra preta zu schaffen, was auf Portugiesisch «dunkle Erde» bedeutet.
Heute wird Pflanzenkohle zumeist aus holzigen und grasigen Bioabfällen hergestellt. Die Pyrolyse von Biomasse führt nicht nur zur Herstellung von fester Pflanzenkohle, sondern auch zu Biokraftstoff und Synthesegas. Anlagen, die Pflanzenkohle produzieren, können das erzeugte Synthesegas als Brennstoff für den Pyrolyseprozess verwenden.
Pflanzenkohle kann über Hunderte bis Tausende von Jahren stabilen Kohlenstoff im Boden bereitstellen. Seine Porosität trägt dazu bei, dass der Boden Wasser, Nährstoffe und organische Substanzen speichert. Zudem kann es den Ausstoss von Lachgas (N2O) beim Kompostieren verringern, was wiederum die Treibhausgasemissionen reduziert.