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Wasserfilter für Notfälle

Sauberes Trinkwasser ist Luxus. In vielen Regionen der Welt ist das Wasser verschmutzt und voller unerwünschter Bakterien. Besonders akut ist das Problem bei humanitären Notfällen, wie etwa in Flüchtlingslagern. Hier muss eine einfache und kurzfristige Lösung her: der Haushaltsfilter. Obwohl es davon viele verschiedene auf dem Markt gibt, ist ihre Qualität sehr unterschiedlich. Forschende der HLS haben deshalb in drei Katastrophengebieten Filter getestet und gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung Vorschläge für Produktverbesserungen gemacht.

Trockenheit, Überflutungen oder militärische Zerstörungen: Sie alle können Grund dafür sein, dass Menschen keinen Zugang zu einem funktionierenden, sauberen Wassersystem haben. Dies führt häufig zu humanitären Notfällen, die Hilfswerke zu mildern versuchen. Doch oftmals fehlen Zeit und Geld, um schnell ganze Wasserleitungssysteme zu
installieren. Eine Alternative für die kurzfristige Versorgung mit sauberem Wasser sind Haushaltsfilter. Diese kommen bereits seit vielen Jahren zum Einsatz – doch mit  unterschiedlichem Erfolg. Maryna Peter vom Institut für Ecopreneurship und ihr Team haben deshalb im Auftrag des Humanitarian Innovation Fund untersucht, welche Filter für
die Anwendung in humanitären Notfällen am besten geeignet sind.

In dem Gemeinschaftsprojekt mit der Caritas Schweiz, der Eawag und der italienischen Hilfsorganisation Cesvi haben die Forschenden eine vorgegebene Auswahl von fünf handelsüblichen Haushaltsfiltern getestet. Sie wollten wissen, wie gut sich die Filter zusammenbauen lassen, wie einfach ihre Handhabung ist, wie robust sie sind und ob sie das Wasser zuverlässig von Keimen befreien.

«Zuerst haben wir die Filter hier an der HLS im Labor untersucht», erklärt die Umweltingenieurin Peter. «Später wurden sie an Familien verteilt, die in Flüchtlingscamps in Somalia oder in ländlichen Gebieten in Kenia und dem Westjordanland leben. Die Familien wohnen dort in kleinen Haushalten, oft gemeinsam mit ihren Tieren. Es sind Gebiete, wo das Grundwasser einen hohen Salzgehalt hat oder wo aus politischen Gründen keine Brunnen gebaut werden können. Man versucht zwar, Regenwasser aufzufangen und zu speichern, doch dessen Wasserqualität ist nicht gut. Haushaltsfilter könnten da helfen.»

Haushaltsfilter bestehen in der Regel aus zwei Eimern. Im oberen steckt ein Filter, der das Wasser von Bakterien und anderen Mikroorganismen reinigt, der andere fängt das saubere Wasser auf. So eine Filteranlage ist klein und praktisch. Sie lässt sich einfach zu Hause auf einen Tisch stellen. Peter und ihr Team testeten verschiedene Modelle von Keramikfiltern und  Membranfiltern. Sie funktionieren beide nach dem gleichen Prinzip und besitzen kleine Poren, welche Bakterien auffangen, wenn das Wasser durchfliesst. Keramikfilter gehen jedoch leichter kaputt und müssen von Hand gereinigt werden, wohingegen Membranfilter nicht mit der Hand angefasst werden sollten und Rückspülmechanismen haben.

Die Forschenden haben drei Filter aus Keramik und zwei Membranfilter getestet – in Kenia und dem Westjordanland jeweils 150 Filter, in Somalia 120. Teilnehmen durfte jede Familie, die wollte. Der Filtertyp wurde nach dem Zufallsprinzip zugeordnet. Eine Besonderheit der Studie war, dass jeder Haushalt nach den ersten vier Monaten einen zweiten Filter testen durfte. Peter erklärt: «Viele Bedürftige in Entwicklungsländern trauen sich nicht, etwas zu kritisieren. Sie haben beispielsweise Angst, dass sie dann keine humanitäre Hilfe mehr bekommen, oder sind aufgrund ihrer Kultur sehr zurückhaltend mit Kritik. Indem sie zwei Filter ausprobieren konnten, fiel es ihnen leichter, die Vor- und Nachteile zu vergleichen und Kritik zu üben. Das hat sehr gut funktioniert.»

Die technische Leistung der Filter – ihre tatsächliche mikrobiologische Reinigungswirkung – untersuchten die Forschenden an kostengünstig aufgebauten Teststationen vor Ort. Dabei zeigte sich, dass die Filter im Labor besser funktioniert hatten als im praktischen Einsatz. Die Wasserqualität wurde zwar auch dort stark verbessert, jedoch weniger als von den Herstellern erwartet. Für die Anwendung in Krisenregionen haben die Forschenden gemeinsam mit der Eawag einen Integritätstest entwickelt, mit dem Hilfsorganisationen unter einfachen Bedingungen künftig selbst testen können, ob die Filter richtig arbeiten.

Neben der Leistungsfähigkeit der Filter interessierte die Forschenden, ob die teilnehmenden Personen einen Filter selbstständig installieren konnten und ihn regelmässig benutzten. Dafür haben sie mit den Familien mehrere Videodokumentationen sowie Interviews durchgeführt und ihnen Gelegenheit gegeben, sich einen Tag lang über Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge für die Filter auszutauschen. Von den untersuchten Produkten wurde einer der Keramikfilter am besten bewertet. Die Gespräche zeigten, dass die Filter technisch zwar alle sehr gut funktionieren, es aber von der Designseite her noch Potenzial gibt. Im Rahmen von drei Co-Design-Workshops haben die Forschenden deshalb gemeinsam mit den Nutzerinnen und Nutzern Ideen entwickelt, wie man die Filter verbessern kann. Das geht schon mit einfachen Mitteln, wie zum Beispiel Deckeln, damit keine Insekten in das Wasser gelangen, oder mit härteren Schläuchen zum Schutz vor Ratten.

«Nur durch die Feldtests vor Ort haben wir gesehen, welche Produkte akzeptiert werden und geeignet sind», sagt Peter. «Als Forschungsinstitut können wir die Hilfsorganisationen dabei unterstützen, Geld in Produkte zu investieren, die gut und zuverlässig in bestimmten Situationen funktionieren. » Die Erkenntnisse aus dem multinationalen Projekt verdeutlichen, wie wichtig Haushaltsfilter, ihre Weiterentwicklung sowie praktikable Testmethoden für Menschen in Krisengebieten sind.

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