Wettbewerbe und Preise, Absolvierende, Anlässe

Studium im Zeichen weltpolitischer Ereignisse

8. November 2023

Würdigung der Diplomfeier 2023 und ein paar Gedanken zum erfolgreichen Abschluss des Studiums

von Dr. Anita Gertiser

Am Freitag, den 26. September 2023, durften 350 Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Technik der FHNW ihr Diplom entgegennehmen. Den 26 Studierenden des Studiengangs Elektro- und Informationstechnik wurde das wohlverdiente Diplom von ihrem Studiengangleiter Sebastian Gaulocher überreicht.

Und für einmal ist wohlverdient mehrdeutig zu verstehen, zum einen für die eigene geleistete Arbeit, zum andern, dass die Studierenden trotz widrigen Umständen reüssiert haben. So gibt es wohl keinen Jahrgang, dessen Studienzeit gleich von zwei bedeutenden Ereignissen gekennzeichnet war: die Corona-Pandemie und die Manifestation der Künstlichen Intelligenz. Zwei epochale «Rupturen» (Einschnitte, Risse), betont Dorothea Baur, die diesjährige Festrednerin, die nicht nur Erfahrungen hier an der Schule prägten, sondern, die sich weitreichend in in Leben und die Arbeit der Diplomand:innen ausgewirkt haben. Doch auch wenn es auf den ersten Blick scheint, als ob diese den «Mächten» ausgeliefert waren, so zeigen beide Ereignisse, dass sie von diesen Erfahrungen profitieren, ja Sie gar befähigen werden/können. 

Links: Die FHNW Big Band verlieh dem Anlass einen würdigen, musikalischen Rahmen, rechts: Dorothea Baur, Consultant, während ihrer Rede anlässlich der Diplomfeier 2023.

Corona verändert alles

Am 15. März 2020 wurde die Schweiz wegen der hohen Ansteckungszahlen in den Lockdown geschickt, und so durften die Schulen im Herbst den Unterricht nur mit starken Auflagen aufnehmen. Einzelne Module fanden zwar vor Ort statt, aber dazu mussten alle Studierenden und Dozierenden Maske tragen und genügend Abstand zueinander halten. Eine beachtliche Zahl der Module fand nur online statt. Die Pandemie hatte uns innerhalb weniger Monate gezwungen, nicht nur die unterschiedlichsten Tools zu beherrschen, sondern damit auch Diskussionen und Gruppenarbeiten, Tests und Projekte via WebEx, Zoom oder Teams zu meistern. Nicht alles gelang wie gewünscht und auf Anhieb. Aber wir alle wurden irgendwie zu Expert:innen, die Studierenden mussten sich den Stoff mit den neuen Hilfsmitteln aneignen, produktiv zusammenarbeiten und das Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Diplomübergabe

Zu Recht können die Absolventinnen und Absolventen stolz auf das Erreichte sein. Denn ihnen ist es gelungen, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen und nicht nur den widrigen Umständen zu trotzen, sondern ihr Willen, das Ziel zu erreichen, wurde sogar gestärkt. Dies beweisen die 26 strahlenden Gesichter, als die Anwesenden fürs Gruppenbild zusammenrückten, das Diplom in den Händen haltend.

26 Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Elektro- und Informationstechnik halten stolz ihr Diplom in den Händen.

ChatGPT – überall

Der zweite Einschnitt – oder Ruptur, wie es Dorothea Baur nannte – betrifft die Künstliche Intelligenz, kurz KI. Eigentlich ist sie schon länger ein Thema, und wir alle haben sie schon genutzt. So verwenden wir täglich die «intelligente» Suche von Google, um nach Begriffen, Texten, Bildern, Videos und Orten zu fragen. Es ist uns durchaus bewusst, dass ein Algorithmus hinter der Filmauswahl bei Netflix steckt. Aber mit dem Erscheinen von ChatGPT hat die KI eine ungeahnte Dimension erreicht. Denn sie generiert in Sekundenschnelle – mithilfe von Milliarden Datenpunkten als Wissensbasis – Buch-Zusammenfassungen, Programm-Codes, Dokumentvorlagen neu. Diese Leistung schreckt auf und schürt Urängste! Wird die KI die Ingenieure und Ingenieurinnen eines Tages überflüssig machen? Ihnen die Arbeit wegnehmen? Ihren Alltag bestimmen? Ja, vermag sie, wie befürchtet wird, gar am Ende die Weltherrschaft übernehmen, wie Baur in Ihrer Rede provokativ fragte.

Zwar sind es heute meist Programme, die z. B. Job-Bewerber:innen als Erstinstanz auswählen und bestimmen, wer in die nächste Bewerbungsrunde kommt, wer zu einem Gespräch eingeladen wird. Doch (noch) sind die Programme nicht fähig, die Persönlichkeit anhand der Daten im Lebenslauf herauszulesen. Welche Bewerbende passt ins Team? Ist die Person belastungsfähig? Hat sie Humor? Und wer schon ChatGPT genutzt hat, hat schnell erkannt, dass der gelieferte Text selten brillant ist. Zwar übersetzt Babel (Dienst von Google) in der Zwischenzeit ganz passabel, aber die Eloquenz eines gebildeten Native Speakers erreicht der Dienst noch lange nicht. Warum? Weil das Programm zwar auf Millionen von Daten zugreifen kann. Darunter hat es sicher sehr gute Texte, aber auch schlechte. Und daraus resultiert, so Baur, Mittelmass. Was für die Weltherrschaft nicht reicht. So schnell wird den Ingenieur:innen also die Arbeit nicht ausgehen, ist auch Baur überzeugt. 

Engagement zeichnet aus

Wir, die Dozierenden, sind überzeugt, dass die Absolvent:innen mit ihrer Ausbildung gut gerüstet sind für die Aufgaben und Herausforderungen, die auf sie warten. Woraus schliessen wir das? Aus den überragenden Leistungen und dem persönlichen Engagement, wie die nachfolgenden Auszeichnungen beweisen: 

Für seine Leistungen über das ganze Studium erhielt Marco Farine den 2. Preis, gestiftet von Swisscom:

Marco Farine erhält den zweiten Preis, gesponsort von Swisscom und überreicht von Ivana Sambo.

Mit dem 1. Preis, gestiftet von ABB Traction Turgi, wurde Daniel Richner ausgezeichnet.

Daniel Richner (rechts) erhält den ersten Preis gesponsort von ABB Traction Turgi und überreicht von Stefan Wicki überreicht.

Ganz besonders stolz kann Joel Becker sein. Er erhielt den regionalen Siemens Excellence Award, dotiert mit CHF 4’000.

Joel Becker wurde von Fabian Gärtner (links) und Fabian Bühler zur Bühne getragen.
Dort durfte er den Siemens Excellence Award entgegennehmen. Der Award ist ein Spezialpreis für innovative Arbeiten mit Praxisbezug. Den Preis überreichte Andreas Rohrbach (rechts) von Siemens Schweiz.

Joel Becker hat in seiner Bachelor-Thesis «Auswerteelektronik für ein vibronisches Messsystem» eine neuartige elektronische Sensoransteuerung entwickelt, die deutlich einfacher und günstiger als die bisherig verwendete Lösung ist. Sein Ergebnis wurde sogar zum Patent angemeldet und kommt z. B. bei der Messung des Brennwerts von Gasen zum Einsatz, was im Hinblick auf die Energiewende zentral ist.

Dass die Absolventinnen und Absolventen keine Angst vor der KI haben, ist offensichtlich. Vielmehr werden sie diejenigen sein, die Algorithmen für KI schreiben, Maschinen Deep Learning beibringen und aus den Daten sinnvolle Schlüsse ziehen. Das heisst, sie werden die Künstliche Intelligenz «bändigen» und in Zukunft mitgestalten, was sie kann und was nicht.

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