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15.5.2019 | Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik

Erzähl mal... Stefan Waldhauser

Fehler am Bau minimieren – das ist das Ziel der «Arbeitshilfe Gebäude + Technik», welche Stefan Waldhauser für seine Studierenden entwickelt und geschrieben hat. Das umfassende Werk des Dozenten für Haustechnik am Institut Architektur der FHNW und Mitinhaber der Waldhauser + Hermann AG vernetzt die meisten Themen, die beim Bau eines Gebäudes zu beachten sind und ist so ein praktisches Hilfsmittel für alle, die mit Bau zu tun haben. Erzähl mal…

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«Ich begann damals als Nachfolger meines Vaters zu unterrichten, der das jahrelang gemacht hatte. Am Anfang arbeitete ich mit seinen Unterlagen, Skripts, Präsentationen etc., die sich ja bewährt hatten. Ich passte sie an und aktualisierte sie, hatte dann aber irgendwann das Gefühl, dass es für mich etwas zu theoretisch ist. Die Hälfte einer Klasse kommt heutzutage meist nicht aus der Architektur, sondern beginnt als Quereinsteiger. Ich merkte, dass es für diese Studierenden zum Teil schwierig ist, weil sie Dinge noch nicht kennen oder verstehen. Wenn wir zum Beispiel von einem Heizkessel sprechen und was der macht, dann wissen sie das vielleicht noch. Geht es dann aber um die Zusammenhänge, wird es schnell zu kompliziert und sie können das gar nicht aufnehmen, da das Grundverständnis fehlt. So entstand die Idee, diese Grundlagen kompakt festzuhalten. Ich wollte nicht nur erklären, wie etwas funktioniert, sondern vielmehr was das konkret bedeutet.

Heute sind zwar fast alle Informationen irgendwo erhältlich, aber ich muss sie mir selbst zusammen suchen, was mühsam ist. Deshalb wollte ich das alles in einem Buch zusammenfassen; idealerweise in einem, das man überall hin mitnehmen und mit dem man auch in der Praxis arbeiten kann. Klar kann es sein, dass für eine konkrete Fragestellung oder einen konkreten Fall noch Details fehlen, aber die kann man dann z. B. in einer Norm nachlesen. Für diesen Zweck findet man im Buch viele Verweise mit allen mir bekannten relevanten Merkblättern, Richtlinien, Normen etc. Dazu beinhaltet es ganz viele Bilder und Diagramme und soll möglichst viel Verständnis für das Ganze schaffen.

Alles, was zu beachten ist, in einem Werk

Die erste Fassung kam bei den Studierenden recht gut an, also überarbeitete ich diese und nahm sie auch immer an Sitzungen mit. Kam also die Frage nach dem Pellets-Lastwagen auf, konnte ich gleich das Foto aus der Arbeitshilfe zeigen und die Frage direkt beantworten. Als die Leute das sahen, wurde ich immer öfters darauf angesprochen. Leute wollten eine Kopie oder wissen, wo sie das herbekommen. Also dachte ich mir, okay, da ist ein Bedürfnis, jetzt entwickeln wir das weiter und machen es so, dass das Buch auch neben dem Unterricht verwendet werden kann. Und ich wollte noch mehr Themen behandeln: Brandschutz und Beleuchtung beispielsweise. Zudem hatten wir ein Schwimmbadprojekt und waren an einer Lebensmittelproduktion, also fragte ich die Spezialisten dort, ob wir zum Thema Schwimmbad und Lebensmittelproduktion etwas machen könnten. Dann las ich einen Artikel über Vögel und ihre Nistplätze in Bezug auf Gebäude, für das ein neues Merkblatt bei der Vogelwarte Sempach herauskam. Aber welcher Architekt sucht bei der Vogelwarte Sempach, wenn er ein Haus bauen will? Vielmehr muss der Architekt, der ein Haus bauen will, darauf aufmerksam gemacht werden, dass Vögel auch noch ein Thema für ihn sein könnten. Also musste auch das mit ins Buch. Und so ging es dann Thema für Thema weiter.

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Ich plane heute eigentlich fast nicht mehr selber, sondern mache hauptsächlich Troubleshooting bei bestehenden Gebäuden. Meist sind das Anfragen, wenn jemand noch eine andere Meinung einholen will. Dabei fallen mir immer wieder dieselben Fehler auf. Dass man immer mal wieder einen Fehler macht, gehört dazu, schliesslich kann man nicht alles wissen und jedes Gebäude ist ein Unikat. Aber immer wieder dieselben Fehler? Das darf doch nicht sein! Deshalb habe ich ins Buch gute und aus meiner Erfahrung verbesserungswürdige Beispiele mit hineingenommen. Ich habe bewusst mit vielen Fotos, Bildern und Negativbeispielen gearbeitet, schliesslich muss man die Dinge mal gesehen haben – ein Text kann oft nicht dasselbe transportieren. Die Idee ist, dass man, bevor man etwas Neues in Angriff nimmt oder plant dieses Buch anschaut und hoffentlich so rechtzeitig noch all die Hinweise bekommt, worauf man auch noch achten sollte und etwas lernt. So könnte man viel gewinnen.

Die «Arbeitshilfe Gebäude + Technik» ist ein Buch für alle

Baut ein Haus, das mich (fast) gar nicht braucht. Das sage ich jeweils meinen Studierenden im Unterricht. Baut eine gute Hülle – so habt ihr mehr architektonischen Freiraum, es ist günstiger im Betrieb und hat viel weniger Raum für Störungen. Experten braucht es hier ja trotzdem noch für die Beratung. Aber die Frage, etwas so zu bauen, dass es komplizierte Technik nicht braucht ist für mich spannender als die, welche Systeme man einbauen könnte. Zudem scheint es mir auch wichtig, dass Besteller und Bauherren in der Lage sind, gewisse Dinge bei einem Bauprojekt zu verstehen und kompetent zu entscheiden, indem sie Architekten, Fachplanern und Bauleuten nicht ausgeliefert sind, sondern selbst mithilfe der Arbeitshilfe ihr Wissen und damit ihre Kompetenz erhöhen können.

Das Buch zu machen, war eine tolle Erfahrung. Alle angefragten Mitautoren haben motiviert mitgearbeitet, ohne etwas dabei zu verdienen. Ich habe alles selbst grafisch dargestellt und Korrektur gelesen. Und auch herausgebracht haben wir das Buch selbst, im Eigenverlag, mit unserer Firma, ohne finanziellen Zustupf oder Fördergelder, wobei wir bewusst darauf verzichtet haben, unser Firmenlogo abzudrucken, da wir nicht wollten, dass andere Firmen es aufgrund eines fremden Logos nicht nutzen können. Es soll ein Buch für alle sein. Lesende sollen auch ihre Inputs einbringen können. Beispielsweise habe ich schon seit der Veröffentlichung einen konstruktiven Hinweis bekommen zum Thema Hindernisfreies Bauen. Das ist grossartig. So kann das Buch qualitativ wachsen. Es wäre auch toll, wenn andere Vereine ihre Themen noch mit einbringen würden, da besteht noch Potential. An der nächsten Version bin ich deshalb bereits dran. Ich freue mich sehr, wenn Studierende, aber auch Fachplaner, Bauleute, Besteller und viele andere mit der «Arbeitshilfe Gebäude + Technik» arbeiten. Die Arbeit daran hat zwar viel Zeit beansprucht und manchmal auch Nerven, aber es war «de Plausch» und es ist hoffentlich ein Mehrwert für die ganze Branche.»

Hier kann die "Arbeitshilfe Gebäude + Technik" bestellt werden.


«Erzähl mal…» blickt hinter die Kulissen der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik und gibt den Menschen, welche unsere Hochschule ausmachen, die Möglichkeit, ihre Geschichte zu erzählen.

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