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FHNW-Spin-off will Trinkwasser aus der Atmosphäre gewinnen

Das Start-up AquAero baut einen Luftbrunnen, um die Trinkwasserversorgung in trockenen Gebieten der Welt zu verbessern. Mit einem Hightech-Material und einer schlauen Erfindung soll das Gerät besonders energieeffizient sein.

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Das AquAero-Team mit Christoph Müller, Thomas Manyoky und Daniel Meyer (v.l.n.r.).

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser gehört seit dem UNO-Beschluss von 2010 zu den Menschenrechten. Trotzdem ist für schätzungsweise 1,8 Milliarden Menschen sauberes Trinkwasser Mangelware, Tendenz steigend. Menschen in trockenen Regionen, fernab von Flüssen oder Seen sind auf das Grundwasser angewiesen, das zunehmend absickert oder teilweise sogar salzhaltig wird. Doch eine Wasserquelle wird oft vergessen: Die Luft. «Die Atmosphäre ist ein riesiges Süsswasserreservoir und überall verfügbar», sagt Thomas Manyoky vom FHNW-Spinn-off AquAero, «sogar in trockenen Gebieten ist genug Feuchtigkeit in der Luft, um die Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen». So hat beispielsweise die heisse Wüstenluft in Marrakech mit einer absoluten Luftfeuchtigkeit von 9,7 g/m3 im Jahresmittel mehr Feuchtigkeit gespeichert als die Luft im Wasserschloss Brugg (6,8. g/m3). «Kann man nur einen kleinen Teil dieser Ressource nutzen, würde das vielen Menschen helfen», ist Manyoky überzeugt.

Adsorption mit Hightech-Material

Die drei Ingenieure von AquAero wollen mit einer Art Luftentfeuchter den Wasserdampf der Atmosphäre in Trinkwasser umwandeln. Die Idee ist simpel, doch die herkömmliche Luftentfeuchtung durch Kondensation ist sehr energieaufwändig, wenn man grosse Mengen an Trinkwasser in heiss-trockenem Klima gewinnen will. Das AquAero-Team vertraut darum auf das Prinzip der Adsorption. Dabei wird die Luft durch ein Material geleitet, das viel Wasser aufnehmen kann. Herkömmliche Adsorptionsentfeuchter benutzen dafür meist Silicagel, ein leicht verfügbares, günstiges Produkt. Auch die AquAero-Tüftler experimentierten zu Beginn mit dem Material, beurteilten es aber als zu ineffizient. Stattdessen setzen sie auf ein neu entwickeltes «Metal Organic Framework» (MOF). MOF sind mikroporöse Materialien, die aus metallischen Knotenpunkten und organischen Molekülen als Verbindungselemente aufgebaut sind. Aufgrund der Van-der-Waals-Kräfte bleiben die Wassermoleküle aus der Luft wie an einem ultrafeinen Netz hängen.

Energie sparen durch Wärmerekuperation

Das «eingefangene» Wasser wird in einem nächsten Schritt durch Erhitzen aus dem MOF entfernt. Bei diesem energieaufwändigen Prozess haben die Ingenieure ihre wichtigste Innovation platziert: Durch eine ausgeklügelte Wärmerekuperation kann ein grosser Anteil der eingesetzten Energie wiederverwendet werden. Zuviel möchten die Erfinder nicht verraten. Klar ist, dass ihr Luftbrunnen durch die Wärmerekuperation energieeffizient wird: «Wir werden etwa 0,3 kWh pro Liter Wasser benötigen», erklärt Thomas Manyoky. Die Ingenieure von AquAero sehen vor, dass ihr Luftbrunnen besonders im stationären Einsatz mit Solarenergie betrieben wird. «Etwa 1/3 der Energie wird in Form von Elektrizität benötigt, der Rest als Wärme», sagt Manyoky.

Tests in der Kälte

Gegenwärtig entwickelt das Start-up seine Technologie für den Einsatz in einer unerwarteten Umgebung: In einem Kühlraum einer Grossbäckerei in Birmensdorf. Kühlräume müssen sehr trocken sein, da Kondenswasser ein Herd für Bakterien und andere Krankheitserreger ist. Ein herkömmlicher Kondensationstrockner ist darum aus hygienischen Gründen nicht geeignet. Zudem benötigen alternative Produkte oft mehr als den doppelten Energieeinsatz pro extrahierter Wassermenge Der energieeffiziente Adsorptions-Trockner von AquAero hingegen arbeitet im frostigen Kühlraum gleich ergiebig wie im heissen Klima. Beim Start des Projekts haben die AquAero-Gründer nicht an diese Anwendung gedacht - das Funktionsprinzip ist aber das gleiche. «Mit der industriellen Trocknung von Kälteräumen hat sich für uns ein neuer Markt eröffnet, auf dem wir mit unserer Technologie agieren können», sagt Thomas Manyoky, «Ziel bleibt aber, in Zukunft ein Gerät zur Gewinnung von Wasser in trockenen Gebieten zu entwickeln».

Auszeichnungen als Motivation und Bestätigung

Das Team hat gelernt zwischen Idealismus und der wirtschaftlichen Realität zu balancieren. «Es ist nicht einfach, im humanitären Sektor finanzielle Unterstützung für die Entwicklung neuartiger Technologien zu finden», gibt Manyoky zu bedenken. AquAero wird vom Forschungsfonds Aargau unterstützt. Den Jungingenieuren wird viel Geduld und Disziplin abverlangt. Umso mehr freut es das Team, wenn sie die SwissUpStart-Challenge gewinnen oder mit dem Publikumspreis des Prix Eco 2017 ausgezeichnet werden. «Das ist für uns eine Bestätigung, den Weg weiterzugehen», sagt Manyoky. Denn Herausforderungen gibt es noch genug: Das MOF zum Beispiel ist gegenwärtig noch zu teuer und nicht auf dem freien Markt erhältlich. Doch auch hier liegen bereits verschiedene Lösungen auf dem Tisch, um bald mit diesen neuartigen Materialien auf dem Markt konkurrenzfähig zu werden.

> Webseite AquAero

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