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FHNW-Student arbeitete am nächsten Mars-Rover

Für drei Monate konnte Nico Reppas am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA ein Praktikum absolvieren. Dabei testete der Maschinenbau-Student die Räder des neuen Mars Rovers. Was er dabei erlebt hat, erzählt er im Interview.

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Nico Reppas vor dem Vehicle Systems Test Bed (VSTB), dem Zwilling des Curiosity Rovers, der sich momentan auf dem Mars befindet (Foto: Nico Reppas).

Nico Reppas, wie sind Sie zum Praktikum bei der NASA gekommen?

Während einem Besuch bei Verwandten in den USA habe ich per Zufall einen Mitarbeiter des JPL getroffen. Dieser hat mich auf die Möglichkeit eines Praktikums bei der NASA angesprochen. Ich hab mich beworben und fragte anschliessend mehrmals hartnäckig bei den verantwortlichen Stellen nach, bis ich schliesslich die Praktikumsstelle hatte.

Wie muss man sich den Alltag am Jet Propulsion Laboratory vorstellen?

Der erste Eindruck war überwältigend: Rund 6000 Personen arbeiten auf dem riesigen Campus in Pasadena, Kalifornien. Es dauert eine Weile, bis man zurechtkommt. Bevor ich etwas berühren konnte, musste ich zuerst zahlreiche Schulungen machen: Ich lernte beispielsweise den Umgang mit elektrostatischen Entladeströmen oder das Verhalten in einem Clean Room.

In welchem Bereich konnten Sie arbeiten?

Ich durfte im Mechanism & Mobility-Team von Mars 2020 mitarbeiten. Diese Mission will mit einem Fahrzeug ähnlich wie dem Curiosity-Rover die Oberfläche des Mars erkunden. Das Team ist für die erfolgreiche Fortbewegung des Fahrzeugs verantwortlich. Meine Aufgabe war es, die Räder des Rovers zu testen. Der Curiosity-Rover hat wegen des steinigen Bodens bereits übermässig abgenutzte Räder. Zudem sind grosse Sandwüsten für den Rover ein gefährliches Hindernis. Dazu muss man wissen: Im Gegensatz zur Erde treten auf dem Mars Sandrippel mit einem Abstand von etwa einem Meter sehr häufig auf. Diese Mars-Sandhügel sind eine echte Herausforderung, weil der Radabstand beim Mars-Rover ebenfalls etwa einen Meter beträgt. Im schlechtesten Fall müssen so alle sechs Räder gleichzeitig einen Aufstieg bewältigen. Da die Sandrippel sehr locker sind, drehen die Räder durch und der Rover kommt nur langsam voran. Zudem ist die grösste Angst, dass sich der Rover eingraben könnte und stecken bleibt. Dies geschah bereits mit dem Spirit Rover im Jahr 2009. Bei Mars 2020 wurden deshalb die Räder komplett neu dimensioniert und erhielten auch ein verbessertes Profil.

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Das Jet Propulsion Laboratory JPL in Pasadena, Kalifornien (Bild: NASA).

Wie sind Sie beim Test der Räder vorgegangen?

Ich durfte den ganzen Test von der Konzeption, Planung und Umsetzung bis hin zur Auswertung der Daten und Präsentation der Ergebnisse leiten. Dabei war ich sehr frei, traf aber immer wieder das Team und weitere Experten, um mein Vorgehen zu validieren. Zusammen mit den Technikern bauten wir ein sogenanntes «Ripple-Field» auf ― das ist ein Testgelände mit Sandhügeln, das die Oberfläche auf dem Mars simulieren soll. Das wichtigste bei einem solchen Test ist die Replizierbarkeit, ansonsten erhält man keine sauberen Daten für die Auswertung. Wir mussten ein System finden, wie wir das gleiche «Ripple-Field» mehrmals exakt kopieren konnten. Danach ging es ans Messen: Wir liessen den sogenannten «Scarecrow»-Rover ― also das Test-Fahrzeug ― über das «Ripple-Field» fahren und bestimmten mittels Tachymeter die Position in Abhängigkeit der Zeit. So konnte der Schlupf bestimmt werden. Das ist das Verhältnis zwischen angesteuerter Geschwindigkeit und effektiver Geschwindigkeit. Weitere Sensoren am Rover massen den «sinkage», das Einsinken der Räder im Sand. Zusätzlich nahmen wir die Tests auf GoPros auf.

Was waren Ihre Erkenntnisse?

Die Resultate waren eindeutig: Die neuen Räder führen zu weniger Schlupf und zu geringerem Einsinken. Das wichtigste Ergebnis war aber, dass der Rover mit den neuen Rädern bis zu 20% schneller vorankommt, wenn alle sechs Räder gleichzeitig einen Sandhügel hinauffahren müssen. Diese Erkenntnisse könnten Einfluss auf die Wahl des Landeorts haben. Bisher wollte die NASA den Rover lieber auf einem Steilhang mit kantigen Steinen landen, da die Angst des Versinkens in der Sandwüste riesig war. Wir haben aber gezeigt, dass die neuen Räder auch in einem «Ripple-Field»  vorwärtskommen und nicht einsinken.

Wie waren die NASA-Verantwortlichen mit Ihnen zufrieden?

Ich erhielt sehr gute Rückmeldungen. Am meisten waren die Leute von meinem Projektmanagement beeindruckt ― etwas, das ich an der FHNW gelernt habe. Dadurch konnte ich die grosse Verantwortung, die man mir gab, gut wahrnehmen. In der letzten Woche wurde ich noch zu Job-Interviews vorgeladen. Das war wie sieben unvorbereitete, mündliche Physikprüfungen!

Dann sieht Ihre berufliche Zukunft nach Weltraum-Engineering aus?

Da bin ich mir nicht ganz sicher. Mich interessieren viele Gebiete der Technik. In ein paar Wochen sollte ich eine Rückmeldung auf die Interviews erhalten. Gegenwärtig schreibe ich meine Bachelor-Thesis bei der ABB in Oerlikon. Bei dieser Arbeit geht es eher um Industrial Engineering. Ich könnte mir gut vorstellen, dort weiterzuarbeiten. Mich interessiert jedoch auch die Entwicklung von alternativen Energieformen. Und während dem Studium habe ich sehr gerne das Tutorat geleitet ― eine Arbeit in der Lehre könnte mir auch noch gefallen.

Mit Nicco Reppas sprach Sandro Nydegger, Hochschule für Technik FHNW.

 

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