Herausforderung Fachkräftemangel: Praxis-Lösungen für Unternehmen
Dörte Resch: Die angewandte Psychologie kann Verschiedenes beitragen: Sie hilft, die Anforderungen und Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Organisationen zu verstehen und verschiedene Interessengruppen zusammenzubringen. Wir unterstützen Unternehmen in Veränderungsprozessen, indem wir neue Arbeitsformen und Organisationsstrukturen entwickeln, die von den Mitarbeitenden geschätzt und nachgefragt werden, und indem wir aufzeigen, wie sie dies kommunizieren können.
Nein, es ist wichtig zu differenzieren. Derzeit stellen vor allem jüngere Arbeitnehmende viele Forderungen an Unternehmen, aber auch ältere Arbeitnehmende schätzen flexible Arbeitszeitmodelle oder die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. Die Jungen nutzen den Fachkräftemangel jedoch, um Veränderungen zu fordern. Hier analysieren wir wissenschaftlich und räumen auf mit populären Mythen.
«Die Basis für erfolgreiches Employer Branding ist eine Analyse der eigenen Stärken und die Erkenntnis, dass es ein strategischer Prozess ist.»
Die Basis für erfolgreiches Employer Branding ist eine Analyse der eigenen Stärken und die Erkenntnis, dass es ein strategischer Prozess ist. Es erfordert mehr als eine neue Webseite und ein paar Social Media Posts. Alles muss strategisch eingebettet sein, sonst funktioniert es nicht.
Es erleichtert die Rekrutierung und Bindung der richtigen Mitarbeitenden. Wenn ich weiss, wer meine Zielgruppe ist, wo ich sie erreiche und welche Botschaft ich übermitteln will, kann ich sie auch besser ansprechen. Dadurch bleibe ich bei den relevanten Personen im Gedächtnis und schaffe ein positives Image.
Es gibt Berufe, in denen ein Geschlecht über- und ein anderes untervertreten ist, obwohl der Beruf für alle Geschlechter gleich gut geeignet ist. Geschlechterintegratives Professionsbranding zielt darauf ab, Berufe für alle Geschlechter gleich attraktiv – also nicht geschlechterstereotyp – zu positionieren und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
«Geschlechterintegratives Professionsbranding zielt darauf ab, Berufe für alle Geschlechter gleich attraktiv zu positionieren und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.»
Wir haben an der FHNW mehrere angewandte Forschungsprojekte durchgeführt, um ICT-Berufe geschlechterintegrativ zu positionieren. ICT-Berufe haben typischerweise ein «nerdiges» Image, das junge Frauen abschreckt. Streicht man hingegen hervor, dass ICT eine Dienstleitung ist, dass damit Organisationen und Prozesse gestaltet werden, und dass man Programmieren lernen kann, werden die Berufe gleich viel zugänglicher für Frauen.
Von unseren angewandten Forschungsprojekten profitieren alle Beteiligten rund um Berufe, in denen Fachkräftemangel herrscht: Lehrbetriebe, Ausbildungsanbieter und schlussendlich die Unternehmen, die Fachkräfte rekrutieren.
Spannende Inputs zu verschiedenen Branchen und Berufen mit Fach- und Arbeitskräftemangel sowie unterschiedliche Perspektiven aus der Praxis. Wir werden aufzeigen, welche Massnahmen bereits mit Erfolg umgesetzt wurden, aber auch, wo es in Zukunft noch herausfordernd werden könnte. Das Forum soll dazu anregen, sich weiter mit dem Thema Fachkräftemangel auseinanderzusetzen.
Prof. Dr. Dörte Resch ist Leiterin des Instituts für Kooperationsforschung und -entwicklung an der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW. Employer Branding und geschlechterintegratives Professionsbranding gehören zu ihren Forschungsschwerpunkten.