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13.6.2019 | Hochschule für Soziale Arbeit, Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement

Neuer Kommunikationsmix für die Klientel der Suchtberatung

Forschende der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW haben untersucht, wie sich die Vorteile der digitalen Beratung mit der Präsenz-Beratung kombinieren lassen. Die Ergebnisse lassen aufhorchen.

Bild zu Blended Counseling / ©AndreyPopov_iStock_Getty-Images

Wird über Suchtberatung gesprochen, haben viele Menschen folgende Vorstellung im Kopf: Der Klient oder die Klientin kommt zur vereinbarten Zeit in die Praxis und hat ein Gespräch mit der Beratungsperson. Aber auch E-Mail und Telefon sind für Mitarbeitende schon lange ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit, stellt Martin Lobsiger, Fachmitarbeiter der Fachstelle «Berner Gesundheit», fest:

«Es war und ist uns immer ein Anliegen, den ratsuchenden Personen einen möglichst einfachen, ihren Bedürfnissen entsprechenden Zugang zu unseren Angeboten zu ermöglichen. Durch die Teilnahme am Projekt der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW konnten wir unter anderem den Blick für die systematische Nutzung digitaler Kanäle weiter schärfen».

Martin Lobsiger, Fachmitarbeiter der Fachstelle «Berner Gesundheit»

Was ist Blended Counseling?

Die Kombination von Präsenzberatung und Beratung mit digitalen Medien wird als «Blended Counseling» bezeichnet. Das Projekt hatte zum Ziel, solche Blended Counseling-Szenarien für die Soziale Arbeit zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren. Und da half die Fachstelle «Berner Gesundheit» mit - neben einer anderen Suchtberatungsstelle und dem Onlineportal SafeZone. In einem partizipativen Entwicklungsprozess wurden mögliche Vorgehensweisen bei der Kombination der Kanäle ermittelt. Ausgewählte Szenarien wurden anschliessend geprüft und deren Erprobung bewertet.
Hintergrund des Projekts ist der digitale Wandel, der im Feld der Beratung neue Fragen auf klientelbezogener, beratungsfachlicher, organisatorischer, datenschutzrechtlicher wie auch technischer Ebene aufwirft. Zudem existiert ein Dilemma zwischen hohem Problemdruck von Menschen und andererseits Wartezeiten angesichts begrenzter Ressourcen.

Die Ergebnisse

Im Projekt hat sich gezeigt, dass Blended Counseling in der Praxis der Suchtberatung als Beratungsformat gute Zukunftsaussichten hat. So konnte in der Suchthilfe, durch kurze Beratungskontakte via E-Mail oder Chat zwischen zwei Präsenzberatungen, der Beratungsprozess stabilisiert und Beratungsabbrüchen vorgebeugt werden. Auch bietet die Fachstelle «Berner Gesundheit» neu einen Zugang zur Beratung in Form eines Live-Chats an. Martin Lobsiger sagt: «Die Bewirtschaftung des Chat-Kanals ist heute in die tägliche Arbeit integriert.»

Weiter ist das Potenzial an Vorteilen durch die zielgerichtete Verschränkung von Kommunikationskanälen für verschiedene Zielgruppen, Beratungsanliegen, Lebenslagen und Beratungsphasen beträchtlich. Insbesondere profitieren können Menschen, die örtlich oder zeitlich stark gebunden sind und/oder über eine gewisse Medienaffinität verfügen. Im Weiteren bestätigen die Ergebnisse, dass das individuelle Mediennutzungsverhalten der Klientinnen und Klienten einen wesentlichen Einfluss auf die Medienwahl im Beratungsprozess hat. Bei der Fachstelle «Berner Gesundheit» laufen daher weitere Entwicklungen in Richtung einer virtuellen Beratungsstelle, sagt Lobsiger. «Wir möchten den Ratsuchenden künftig einen komplett datengeschützten Mailzugang zu den Beratungsangeboten bieten können».

Herausforderungen des neuen Beratungsformates

In der Erprobung konnten verschiedene beratungsfachliche, technische und organisationale Herausforderungen identifiziert werden. Die Fachkräfte schätzten es als bedeutsam ein, dass Klientinnen und Klienten offen sind, eine gewisse Vertrautheit mit digitalen Medien aufweisen und sich schriftbasiert (insbesondere für E-Mails) ausdrücken können.
Ein weiterer Aspekt ist die Frage, wie nutzerfreundliche Tools mit Anforderungen des Datenschutzes in Einklang gebracht werden können. Die neuen Zugänge und flexibleren Kontaktmöglichkeiten sollen für Hilfesuchende attraktiv sein. Gleichzeitig soll die Beratungstätigkeit vertraulich bleiben. Für Beratungspersonen gilt es den Medieneinsatz auf das Gegenüber abzustimmen.

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