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5.1.2021 |

«Tue Gutes und sprich darüber»

45 Bachelor-Studierende leisteten im Frühlingssemester 2020 während der ersten Corona-Welle einen Extraeinsatz in der Praxis. Sie haben in dieser Zeit Aussergewöhnliches erlebt, darüber gesprochen und ihre Erfahrungen in Blogs und Podcasts festgehalten und veröffentlicht.

Vier Menschen stehen um einen Tisch und halten je ein Puzzelteil aneinander.

Mitte März war plötzlich alles anders: Zahlreiche Module konnten wegen der Corona-Auflagen nicht mehr in geplanter Form durchgeführt werden und viele Studierende waren auf Ersatzangebote angewiesen, um das Frühlingssemester 2020 trotzdem regulär abschliessen zu können. Und mit dieser Ausgangslage ging ein fulminanter «Ruck» durch unsere Hochschule! Ein Beispiel, wie mit Kompetenz, Tatkraft, Kreativität und vereinten Kräften Ausserordentliches geschafft wurde, sind die beiden in Windeseile konzipierten neuen Wahl-/Wahlpflichtmodule «Einsätze in der Praxis in Zeiten gesellschaftlicher Krisen».

Doppelt gut: ECTS-Credits erwerben und aktiv zur Bewältigung der Krise beitragen

Studierende, die gerade ihr Praktikum absolvierten, wurden von heute auf morgen mit neuen Bedingungen in ihren Praxisorganisationen konfrontiert: Es gab mehr Stunden zu leisten, neue Aufgaben zu bewältigen und Versorgungslücken zu schliessen. Genau daran knüpfte Marc Goldoni, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, an: Sein Ziel war es, diesen Mehraufwand gemeinsam zu reflektieren und gleichzeitig zu honorieren. Mit diesem Anliegen rannte er an der Hochschule offene Türen ein und erhielt umgehend grünes Licht und den Auftrag, mit neuen Modulen die entstandenen Lücken und Problemlagen anzugehen. Annelis Bögli, ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule, kam mit an Bord der Modulleitung und zusammen legten sie los mit Konzipieren, Abklären, Organisieren, Informieren und Ausschreiben: «Die Krise stand im Fokus unserer Überlegungen. Studierende sollten die einmalige Möglichkeit erhalten, sich auf unkomplizierte Weise mit einem Einsatz in der Praxis persönlich zu engagieren, in einer realen Krise Erfahrungen zu sammeln und das Erlebte auf kreative Art zu reflektieren.»

Porträt von Anuschka Weber in Peru

Infolge der Covid-19-Pandemie musste ich mein Auslandspraktikum in Peru abbrechen und konnte wegen der Grenzschliessung des Landes nicht in die Schweiz zurückreisen. Dank der neu geschaffenen Module konnte ich mein Studium trotzdem fortsetzen. Eine solche Ausnahmesituation in einem Schwellenland zu erleben, war besonders herausfordernd für mich. Die Gesellschaft ist noch viel stärker vom sozialen Austausch abhängig. Die Einschränkungen, die eingeführt wurden, haben eine bedeutende Auswirkung auf die Existenz und Lebensgrundlage der Bevölkerung. Die dort erlebten Ereignisse haben ein neues Licht auf meine soziale Tätigkeit geworfen, die ich für meinen Erfahrungsschatz als sehr wertvoll erachte.

Anuschka Weber, Studentin im Praxiseinsatz bei Familie Sanchez Irigoin, Peru

Auf dieser Grundlage entstanden in Rekordzeit ein Wahlpflichtmodul und ein Wahlmodul. «Wir haben mit diesen Angeboten ganz verschiedene Studierende in unterschiedlichsten Situationen erreichen können», betont Marc Goldoni. «Die Studierenden haben in ihren Einsätzen Aussergewöhnliches erlebt. Entsprechend wollten wir ihnen neben den vier Online-Supervisionssitzungen eine kreative Plattform bieten, auf der sie über das Erlebte schreiben können – anders als gewohnt in Form von Blogbeiträgen und Podcasts mit der Möglichkeit, diese zu veröffentlichen oder konventionell als schriftlicher Situationsbericht verfasst.»

Rundum Win-win

Die beiden Modulangebote stiessen denn auch auf Anklang: Bei Praxisorganisationen, die zusätzlichen Bedarf an Fachpersonen anmeldeten, ebenso wie bei Studierenden, die ihren «Fahrplan» anpassen mussten und sich gleichzeitig persönlich in der Krise engagieren wollten. Dafür gab es die auf Initiative unserer Hochschule in Kooperation mit sozialinfo.ch ad hoc ins Leben gerufene Notstellenbörse für die Soziale Arbeit, wo solche Aushilfsstellen ausgeschrieben wurden. Für die Organisation und Absprache für einen konkreten Einsatz boten schliesslich alle Beteiligten unkompliziert Hand – zum Teil konnten auch Annelis Bögli und Marc Goldoni vermitteln: «Gerade diese vielen direkten Kontakte mit den Studierenden gaben uns sehr spannende Einblicke in Studierendenrealitäten, die sonst in dieser Tiefe nicht möglich sind.»

Porträt von Alain Morand

Die ausserordentlichen «Corona-Module» waren für mich Segen und Fluch zugleich: Einerseits erhielt ich die lukrative Möglichkeit, durch berufspraktisches Engagement und interessante Blogbeiträge zusätzliche Studienleistungen anrechnen zu lassen, andererseits zogen sich die Module bis weit in den Sommer hinein. Zu unserer letzten Modul-Supervision schaltete ich mich aus dem baskischen San Sebastian zu, wo ich mit meiner Familie die verdienten Sommerferien verbrachte.

Alain Morand, Student im Praxiseinsatz bei der SPFA Rötel in Zürich, einer Organisation der Stiftung Zürcher Kinder- und Jugendheime. Aufgaben: Teamleitung in der sozialpädagogischen Familienarbeit (Coachen und beraten von Mitarbeitenden, Koordination und Durchführung von Standortgesprächen, Kontaktpflege mit zuweisenden Stellen, Redigieren von Berichten)

Für die Veröffentlichung der vorgesehenen Blogbeiträge fand sich unter Mithilfe von Bachelor-Studienleiterin Prof. Dr. Regula Kunz schliesslich die perfekte Plattform erneut in Zusammenarbeit mit sozialinfo.ch. Die Beiträge dienten unseren Studierenden als wichtige Reflexion und die Leser*innen konnten durch ihre Augen einen Praxiseinblick in dieser besonderen Zeit gewinnen. Die Beiträge in Form von Blogs, Videos bzw. Audio-Podcasts wurden zu vier Themen erfasst und unter Pseudonym veröffentlicht:

In ihrem Fazit bringen es Annelis Bögli und Marc Goldoni auf den Punkt: «Herauszufinden, was uns Krisensituationen abverlangen, wie wir auch bei hohem Tempo unkonventionell und effizient funktionieren können und daraus mit vereinten Kräften etwas Gutes entstehen kann, waren sehr positive Erfahrungen! Profitiert haben schliesslich aber alle: Angefangen bei der Praxis, die sehr schnell in alle Richtungen für eine gute Zusammenarbeit proaktiv wurde. Unsere Hochschule, die auf diesen Impuls mit sozialinfo.ch schnell und unbürokratisch mit der Lancierung der Notstellenbörse eine zentrale Lösung für den akuten Zusatzbedarf in der Praxis initiiert hat. Unsererseits haben wir dann den Studierenden in dieser speziellen Ausnahmesituation ermöglicht, solche Einsätze zu machen, darüber zu schreiben und eine Teilöffentlichkeit an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen, die Praxis zu unterstützen und gleichzeitig ohne Unterbruch mit neuen Modulen ECTS-Credits zu erwerben, da andere Module abgesagt wurden.»

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