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Interesse an partizipativer Forschung in der Schweiz

Citizen Science und partizipative Forschung setzen darauf, dass Bürger*innen motiviert und interessiert sind, sich freiwillig an wissenschaftlichen Projekten zu beteiligen. Eine aktuelle Studie untersuchte die Bereitschaft der Schweizer Gesamtbevölkerung, sich an Forschung zu beteiligen.

Zeichnung von verschiedenen Personen, die nebeneinander stehen und Sprechblasen haben in denen in verschiedenen Sprachen steht: Ich würde gern mal mitforschen.

Bürger*innen werden schon seit jeher in Form von Befragungen oder Interviews in Forschungsprojekte miteinbezogen. Partizipative Forschung geht aber noch einen Schritt weiter. Sie hat zum Ziel, Forschung mit den Adressat*innen gemeinsam zu gestalten. Das bedeutet, die sonst als «Forschungsgegenstände» oder «Praxispartner*innen» definierten Personengruppen werden frühzeitig in den Forschungsprozess miteinbezogen. Der Prozess wird so gestaltet, dass sich die Bürger*innen auf Augenhöhe mit den Wissenschaftler*innen am Forschungsprojekt beteiligen. Dadurch wird Forschung für die Bevölkerung nicht nur sichtbar, sondern auch «anfassbar».

Eine nationale Studie erhebt die Bereitschaft «mitzuforschen»

Bisherige Studien, in denen die Motivation für eine Beteiligung an partizipativen Forschungsprojekten untersucht wurde, basieren meist auf Angaben von Personen, die bereits an einem oder an mehreren Projekten mitgearbeitet haben. Diese Untersuchungen geben jedoch wenig Aufschluss darüber, wie gross die Bereitschaft der Schweizer Bevölkerung insgesamt ist, aktiv mitzuforschen und welche Rahmenbedingungen dazu erfüllt sein müssen. Unsere Befragungsstudie wollte diese Lücke für die Schweiz schliessen.

Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich durchgeführt und durch die Stiftung Mercator Schweiz gefördert. Dabei standen zwei Forschungsfragen im Zentrum:

  • Wie steht es um die Motivation und Bereitschaft der Schweizer Bevölkerung, sich aktiv an partizipativer Forschung zu beteiligen?
  • Wer ist unter welchen Umständen bereit, Zeit und Energie für partizipative Forschungsprojekte aufzuwenden?

Die Studie fokussierte auf die Wohnbevölkerung der Schweiz ab 18 Jahren. Es wurden schweizweit 1’394 Interviews mittels Onlinebefragung geführt. Optional erfolgten postalische Befragungen (für Haushalte ohne Internetanschluss). Die Befragung fand zwischen dem 12. Oktober 2020 und dem 20. Dezember 2020 statt.

Die Ergebnisse zeigen Potenziale und Hinderungsgründe

Mit dem Begriff «Partizipative Forschung» sind 15 % der befragten Personen vertraut und 5 % von ihnen haben bereits einmal an einem partizipativen Forschungsprojekt teilgenommen. Insgesamt ist ein hohes Potential zu erkennen, denn 48 % der Befragten könnten sich eine Beteiligung an partizipativen Forschungsprojekten vorstellen. Die Mehrheit (83 %) würde mindestens ein paar Stunden im Monat dafür investieren. Vor allem jüngere Personen, Personen mit höherer Bildung und Personen mit einer Offenheit für wissenschaftliche Themen sind daran interessiert, an partizipativen Forschungsprojekten teilzunehmen. Personen aus der deutschsprachigen Schweiz können sich eine Beteiligung an Forschung eher vorstellen (50 %) als Personen aus der französisch- (42 %) oder italienischsprachigen Schweiz (36 %). Es gibt keine signifikanten Stadt-/Land-Unterschiede.

Personen, die angaben, an einer Beteiligung an Forschungsprojekten nicht interessiert zu sein, begründeten dies vorwiegend damit, dass sie über zu wenig Wissen verfügen würden. Die Hürde für die Befragten besteht also vor allem in ihrer Annahme, nicht genug Wissen mitzubringen, da sie beispielsweise über kein abgeschlossenes Studium verfügen. Hier ist es wichtig, dass die Initiator*innen von Forschungsprojekten «sichtbar machen», was eine partizipative Beteiligung tatsächlich bedeutet und was jemand dafür «mitbringen» sollte. Meist setzt eine Beteiligung an Forschung nicht voraus, dass eine Person selbst Forscher*in ist; vielmehr bedeutet partizipative Forschung, dass alle ihr alltagsnahes Erfahrungswissen einsetzen können. Neben dem Hinderungsgrund «fehlendes Wissen» wurden noch fehlende Zeit, kein Interesse und das fehlende Wissen über angebotene Projekte als Hürden genannt.

Zu diesen Themen möchte die Bevölkerung mitforschen

Die Befragung zeigt, zu welchen Themen die Bevölkerung mitforschen möchte. Beliebte Themen sind: Gesellschaft und Soziales (55 %), Umwelt/Tiere (49 %), Technik/Naturwissenschaften (48 %), Medizin/Gesundheit (44 %), Kunst/Kultur (21 %). Die Personen, die sich gerne an Forschung beteiligen möchten, würden am liebsten Daten sammeln oder klassifizieren; nachrangig möchten sie – mit immerhin noch über 30 % – Ergebnisse mitinterpretieren oder Forschungsfragen mitbestimmen.

Die Studienergebnisse zeigen, dass es ein Potenzial von Bürger*innen gibt, die an partizipativer Forschung interessiert sind. Für die Forschung heisst es nun, geeignete Mittel und Wege zu finden, um diese Personen ansprechen und ihnen entsprechende Projekte anbieten zu können.

Ausführlichere Informationen und Berichte sind unter dem Bereich «Download Unterlagen» zusammengestellt.

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