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FIMATEST verbessert die Bestimmung der Faser-Matrix Auszugskräfte

Das Institut für Kunststofftechnik FHNW nutzt neu das Prüfsystem FIMATEST. Damit können die Forschenden die Faser-Matrix-Haftung in Faserverbund-Werkstoffen zuverlässiger und reproduzierbarer analysieren.

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Bild1: Das Prüfsystem FIMATEST besteht aus den Instrumenten FIMABOND (links) und FAVIMAT (rechts) (Quelle: Sandro Nydegger/FHNW)

Faserverbund-Werkstoffe erhalten aufgrund ihrer wachsenden Anwendung immer grössere Aufmerksamkeit. Denn der Werkstoff hat im Vergleich zur konventionellen Bauweise technische und ökologische Vorteile: Flugzeuge oder Autos mit Faserverbund-Technologie sind leichter und damit sparsamer. Diese hervorragenden Eigenschaften erhalten Faserverbund-Werkstoffe, weil sie aus mindestens zwei unterschiedlichen Materialien bestehen: Fasern und Matrix. Die Haftung und damit das Versagensverhalten der Faser mit der Matrix ist von entscheidender Bedeutung für die mechanischen Eigenschaften.

Das FIMATEST-Prüfsystem ist darauf ausgelegt die entscheidenden Faktoren des Faser-Matrix-Verhaltens zu bestimmen. Damit sind die Schritte eines wiederholbaren und zuverlässigen Einbettungsverfahrens der Faser in die Matrix mit einem Testverfahren zur Bestimmung der Faser-Matrix Haftung kombiniert. Unterschiede in der Anbindung von Fasern an verschiedene Matrixsysteme, sowie das Verhalten verschiedener Fasern (oder Faservorbehandlungen) können verfolgt werden. Auch die Prüfung des Verhaltens rezyklierter Fasern ist möglich - erste Kundenaufträge dazu werden bereits durchgeführt.

Zuerst die Einbettung, dann der Zugversuch

Das FIMATEST-System besteht aus zwei Instrumenten: der teilautomatisierten Einbettanlage FIMABOND und der Auszugseinheit FAVIMAT+, die hochpräzise Zugversuche an den vorbereiten Proben ermöglicht.

Die Probenherstellung im FIMABOND-Gerät (Bild 1) ist der kritischste Teil der Prüfung. Die Einzelfaser muss zentral am höchsten Punkt des Harz-Tropfens platziert werden und dort während der Härtung (Duromere) oder Abkühlung (Thermoplaste) in der Matrix verbleiben. Die Positionierung ist entscheidend, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten, die frei von unerwünschten Scherkräften sind. Bild 2 zeigt, wie zuerst die Einzelfaser einem flüssigen Epoxidharz-Tropfen angenähert wird (links). Im mittleren Bild sieht man, wie die Faser mit der Matrix in Kontakt kommt und schliesslich in das Harz eintaucht und während der Aushärtung fixiert wird (rechts).

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Bild 2: Die Probenherstellung im FIMABOND-Gerät (Quelle: Karsten Frick/FHNW)

Die FAVIMAT+-Geräteeinheit besteht aus einer Auszugskammer, für die in der Matrix eingebetteten Fasern. Im Prinzip handelt es sich um eine sehr kleine Zugprüfeinheit. Eine Mikroskop-Kamera erlaubt ein perfektes Ausrichten der Faser zur Klemme in minimalem Abstand zur Matrix. Es muss auch sichergestellt werden, dass die Faser genau senkrecht zwischen den Klemmen positioniert wird (Bild 3). Ist dies geschehen, kann mit dem Auszugsversuch gestartet werden.

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Bild 3: Die Faser wird genau zwischen der Klemme positioniert (Quelle: Karsten Frick/FHNW).

Kraft und Grenzflächenspannung

In Diagramm 1 ist eine typische Kraft/Auslenkungskurve gezeigt, wie sie aus dem FIMATEST System erhalten wird. Zu Beginn der Messung steigt die Spannung gegenüber der Auslenkung rasch an und zeigt bei der Kraft Fd («debonding force») einen kleinen Knick. An diesem Punkt wird aufgrund der Spannungswirkung der Faser-Matrix-Bruch initiiert. Ab diesem Punkt wird die Spannung mit geringerer Steigung weiter erhöht. Dies aufgrund der zusätzlichen Reibungskräfte zwischen dem gelösten Teil der Faser und der Matrix. Der Bruch schreitet nun weiter voran, bis die Kraft Fmax erreicht wird. An diesem Punkt ist die Faser komplett von der Matrix gelöst, die Kraft geht deutlich zurück und die Faser kann mit der geringeren Kraft Fb, die der Reibungskraft entspricht, aus der Matrix gezogen werden. Sobald diese Kraft Fb auf 0 N zurückgegangen ist, wurde die Faser mit der kompletten Länge (le) aus der Matrix gezogen.

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Bild 4: Typische Kraft/Auslenkungskurve (Quelle: Karsten Frick/FHNW).

Ein weiterer Wert, der ermittelt wird ist die normalisierte Grenzflächenspannung (tapp). Diese ist die maximale Kraft, die auf die eingebettete Faseroberfläche bezogen ist. Sie ist wichtig, um unterschiedliche Faserdicken und Einbettungslängen miteinander vergleichen zu können. Aus der Formel tapp = Fmax / (p*df*le) ist sie erhältlich. Der Wert df entspricht dabei des von Favimat+ gemessenen Durchmessers der Faser. Weitere erhaltene Werte der Messung sind td (entspricht der normalisierten Kraft bei Fd), der Modul E, die Reibungsspannung der Grenzflächen (ti) sowie die kritische Freisetzungsrate der Grenzflächenenergie (G1c).

Bessere Analyse von Faserkunststoffverbunden

In Zukunft wird das FIMATEST-System helfen die Faser-Matrix Haftung zuverlässig und reproduzierbar zu analysieren. Anhand der bestimmten Werte ist es zum einen möglich die Beurteilung der Oberflächenstruktur der Faser abzuschätzen und gegebenenfalls zu modifizieren. Zum anderen kann die Wahl des geeigneten Harzsystems entscheidend beschleunigt und verbessert werden. Es können also effizient Optimierungen des Faserkunststoffverbunds (FKV) erreicht werden oder Bewertungen bestehender FKVs durchgeführt werden.

Infrastruktur am Institut für Kunststofftechnik

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