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16.5.2023 | Hochschule für Angewandte Psychologie

Wie ChatGPT unsere Arbeitswelt verändert

ChatGPT ist eine Künstliche Intelligenz mit vielen Möglichkeiten. Oliver Rack erklärt, wie der Chatbot unseren Arbeitsalltag erleichtern kann und was sein Einsatz für die Teamarbeit bedeutet.

Oliver Rack, was würden Sie vorhersagen: Wie wird ChatGPT künftig unsere Arbeitswelt verändern? 

ChatGPT wird unsere Arbeitswelt nicht in der Zukunft verändern – die Veränderungen sind schon längst da. Der Einsatz von ChatGPT ermöglicht Firmen, besonders routinemässige Aufgaben automatisiert zu erledigen – oder besser: erledigen zu lassen. Dadurch kann der Chatbot unseren Arbeitsalltag deutlich erleichtern. Dies ermöglicht uns Menschen, unsere Ressourcen und Kompetenzen für Dinge einzusetzen, die ChatGPT noch nicht kann oder nur schwer lernen wird.

Dabei ist zu erwähnen, dass ChatGPT auch fehlerhafte Antworten liefern kann oder die dazugehörigen Quellen nicht angibt. Daher sind das Erkennen und die Überprüfung der Aussagen durch menschliche Expertise wichtig. Die damit verbundene und von uns Menschen zugeschriebene Glaubwürdigkeit der Antworten ist für den Einsatz von ChatGPT gerade aus psychologischer Sicht eine nicht zu unterschätzende Herausforderung.

Was bedeutet der Einsatz von Künstlichen Intelligenzen wie ChatGPT für die Teamarbeit?

Die Zusammenarbeit von Menschen und Technik ist grundsätzlich kein neues Phänomen – viele Teams setzen zum Beispiel schon lange digitale Tools zur Kooperation ein. Neu ist jetzt allerdings, dass künstliche Intelligenzen wie ChatGPT als eigenständig denkende und handelnde Akteure innerhalb eines Teams interdependent mit Menschen kooperieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen und Aufgaben zu bewältigen.

Demnach ist ChatGPT nicht als ein technisches Werkzeug oder eine Art internetbasiertes Hilfsmittel für Teamarbeit zu verstehen, sondern eher als ein eigenständig denkender und lernender Akteur des Teams. Wann und unter welchen Bedingungen diese Kooperation zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz in Teams erfolgreich sein kann, ist aktuell Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und kann noch nicht abschliessend beantwortet werden.

Foto Oliver Rack
Prof. Dr. Oliver Rack (Foto: Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW)

Welche Kompetenzen sind nötig, um mit ChatGPT erfolgreich arbeiten zu können?

Kompetenzen, bzw. deren Sichtbarkeit im Verhalten eines Menschen, sind stark von den Rahmenbedingungen und der aktuellen Arbeitssituation oder -aufgabe abhängig. Beispielsweise kann ChatGPT im Bereich der Teamarbeit verschiedene Rollen einnehmen oder auch unterschiedliche Teilaufgaben wie z.B. das Beschaffen von Informationen oder auch das Verfassen von Texten automatisieren. Je nachdem wie und wofür ChatGPT eingesetzt wird, benötigen wir Menschen also unterschiedliche Kompetenzen, um gemeinsam mit dem Chatbot arbeiten zu können.

Ganz grundsätzlich ist zu erwarten, dass in der Zusammenarbeit mit KI-basierten Systemen neben technischen Kompetenzen in Zukunft auch Kommunikations- oder Problemlösekompetenzen, Kreativität oder die Fähigkeit zum Reflektieren oder Abstrahieren relevanter werden. Dies ermöglicht beispielsweise, spontan auf Veränderungen zu reagieren und Anpassungen der Antworten von ChatGPT vorzunehmen.

«ChatGPT ist nicht als technisches Werkzeug oder internetbasiertes Hilfsmittel für Teamarbeit zu verstehen, sondern eher als ein eigenständig denkender und lernender Akteur des Teams».

Prof. Dr. Oliver Rack

Bedeutet ChatGPT das Ende unserer menschlichen Kreativität?

Nein, das würde ich so nicht sehen – ich würde sogar eher das Gegenteil erwarten. Zwar kann ChatGPT bereits jetzt Gedichte schreiben oder sich Geschichten ausdenken. Auch deuten erste Erkenntnisse darauf hin, dass Menschen und Chatbots wie ChatGPT in Kreativitätstests ähnliche Ergebnisse erzielen. Allerdings stellt sich dabei immer die Frage, was genau unter Kreativität zu verstehen ist.

Aktuell hat ChatGPT noch grosse Herausforderungen damit, abstrakte Rahmenbedingungen zu berücksichtigen oder unbekanntes Terrain im Sinne einer Wissenslücke zu betreten. Und: wir Menschen neigen auch durchaus mal zu Irrationalität, zu nicht zielgerichtetem Verhalten oder einfach mal zum freien Reflektieren oder Assoziieren – allein dies würde ChatGPT nicht eigenständig ohne eine Aufforderung durch uns Menschen machen. Demnach erscheint die menschliche Kreativität eine Ressource zu sein, welche ChatGPT aktuell fehlt – zumindest noch.

Zur Person:

Prof. Dr. Oliver Rack ist Professor und Dozent an der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW. Seine Kompetenzschwerpunkte sind Wissens- und Informationsaustausch in computergestützten Gruppen, Management globaler virtueller Team sowie Diversität und Wissenstransfer in Organisationen. Oliver Rack ist Dozent im CAS Digitale Transformation in der Arbeitswelt – Psychologische Perspektiven.

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