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Job Shadowing an der Universität Aegean auf Lesbos

Karin Uhlig besuchte die griechische Flächenhochschule, die auf 6 Inseln verteilt in 17 Departementen Studiengänge in zahlreichen Spezialgebieten für beinahe 17'000 Studierende anbietet.

Gleich zu Beginn meines Aufenthalts wurde uns allen schnell klar, dass ein klassisches Job Shadowing aufgrund der Sprachbarrieren schwierig sein würde. Dennoch haben die Mitarbeitenden des International Office für mich ein interessantes Programm zusammengestellt, welches mir ermöglichte, einen Einblick in die Organisation und Strukturen der Universität, die Arbeiten einiger Organisationseinheiten im speziellen, das Bildungssystem und die griechische Kultur zu erhalten.

Bei der Universität handelt es sich um eine Flächenhochschule, die auf 6 Inseln verteilt in 17 Departementen Studiengänge in zahlreichen Spezialgebieten für beinahe 17'000 Studierende anbietet. Der Hauptsitz befindet sich in Mytilene auf der Insel Lesbos. Noch stärker als bei der FHNW wird vieles zentral geregelt, auf allen Inseln befinden sich aber dezentrale Stellen, die die Vorgaben umsetzen und mit dem Hauptsitz korrespondieren. Die Rektorin, die Vizedirektoren und die Verantwortlichen der einzelnen Einheiten sind für Meetings immer wieder gezwungen, mit dem Flugzeug die verschiedenen Standorte zu besuchen. Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, weshalb die meisten Meetings schon vor Corona virtuell durchgeführt wurden. Diesbezüglich hat die Pandemie für die rund 660 Angestellten keine grossen Veränderungen herbeigeführt.

Ich hatte den Eindruck, dass im griechischen Bildungswesen vieles von Athen (dem Regierungssitz) aus geregelt bzw. von dort aus vorgegeben wird. Dies zeigt sich deutlich zBsp. am Anmeldeprozess für die neuen Studierenden. Alle Studierenden haben in ganz Griechenland am Tag X eine Prüfung abzulegen, welche danach über den Besuch einer bestimmten Universität, tlw. sogar über die Studienrichtung entscheidet. Prioritäten können von den jungen Leuten zwar gesetzt werden, über den Zugang zu den entsprechenden Studiengängen entscheidet aber das Resultat der Prüfung. Mit der Zulassungsprüfung haben die einzelnen Universitäten nichts zu tun. Die Verarbeitung der angemeldeten Studierenden hat dann aber innert kürzester Zeit zu erfolgen. Das gleiche gilt auch für andere Prozesse

Während meiner Zeit an der Universität habe ich sehr wenige Mitarbeitende getroffen, die eine Festanstellung an der Universität haben. Die übrigen Anstellungen werden über verschiedene Programme finanziert und sind abhängig von der Studierendenzahl, den Forschungsprogrammen und der Anzahl Mitarbeitenden (Supportstellen). Die Anstellungen werden jährlich erneuert bzw. angepasst. Nina, die Assistentin der Direktorin, arbeitet seit 20 Jahren ohne Festanstellung. Sie und ihr Mann haben sich daran gewöhnt und hoffen einfach jedes Jahr wieder auf die Erneuerung ihrer Verträge. Es hat mich sehr beeindruckt, mit welchem Engagement sie dennoch ihren Job ausführt. Auch sie arbeitet weit über die geforderten 8 Std. pro Tag hinaus und dies, obwohl sie 2 kleine Mädchen zu Hause hat. Nina, welche Geschäftsführerin des «Hochschulrats» und Assistentin der Rektorin ist, durfte ich für längere Zeit über die Schultern schauen. Ebenfalls habe ich viel Zeit mit Maria, der Assistentin der Administrativdirektorin, welche gleichzeitig auch noch für das PR und Marketing der gesamten Universität verantwortlich ist, verbracht. Sie haben mir viele Prozesse erklärt und gezeigt, wie die Universität ihre Geschäfte angeht. Die meisten Mitarbeitenden haben an der Uni mehrere Hüte an, da es oft an genügend Manpower fehlt. Der oft genannte Ausdruck «we are understaffed» steht dabei im grossen Widerspruch zur personellen Situation der Angestellten und der hohen Arbeitslosigkeit der Griechen und hat mit den mangelnden Finanzen zu tun.

Es war allen ein grosses Anliegen, dass ich auch einen Einblick in das Leben und die Kultur der Griechen und ihren Vorfahren erhalte. Gemeinsam mit der Administrativdirektorin und der Leiterin Internationales habe ich mehrere Museen und Kirchen besucht. Nina hat mich für einen halben Tag an sehenswerte Orte in der näheren Umgebung von Mytilene begleitet und mir dabei viel über das Leben auf der Insel erzählt. Für das Wochenende haben sie mir zahlreiche Orte auf der Karte eingezeichnet, die man unbedingt gesehen haben muss. Diese habe ich besucht und viele schöne Ecken gesehen, an denen man als Tourist sicher tlw. vorbeigefahren wäre. 

Zum Abschied durfte ich an einem typisch griechischen Nachtessen mit allen Mitarbeitenden, welche ich getroffen habe, teilnehmen. Zahlreiche verschiedene Spezialitäten wurden aufgetischt, ich konnte gar nicht alles probieren. Am Ende wurden die Tische und Stühle auf die Seiten geschoben und wir haben zu griechischer Musik bis in alle Nacht hineingetanzt und gesungen.

Die Freundlichkeit und Offenheit, mit der mir die Menschen an der Universität begegnet sind, hat mich sehr beeindruckt. Obwohl die meisten unter grossem Zeitdruck gestanden haben und riesige Berge von Arbeit zu bewältigen hatten, haben sie sich viel Zeit für das Erklären der Abläufe und die Beantwortung meiner Fragen genommen. Ich habe immer wieder gespürt, dass es ihnen ein Anliegen ist, dass ich mich wohl fühle, möglichst viel vom Austausch profitieren kann und zufrieden nach Hause fliegen würde. Ich habe liebe Menschen getroffen, die mir noch lange in Erinnerung bleiben werden.

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