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Erhöhung des Eigenverbrauchs von Photovoltaikstrom – Newsletter Juni 2018

21. Juni 2018

Fortschrittliche Haushalte möchten zu «Prosumern» werden und sich mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage zumindest teilweise selbst versorgen. Mit Batteriespeichern soll der Eigenverbrauchsanteil des Photovoltaikstroms zusätzlich erhöht werden. Batterien sind zwar heute noch teuer. In wenigen Jahren aber sollen sie so kostengünstig sein, dass die skizzierte Art der Haushaltsstromversorgung rentabel sein wird. Ob diese oft gehörte These wirklich richtig ist, wurde in einer Studie an der Fachhochschule Nordwestschweiz untersucht. Das Resultat ist ernüchternd: ohne Veränderung der tariflichen und politischen Rahmenbedingungen lässt sich der Einsatz von Batteriespeichern im Haushalt wirtschaftlich kaum rechtfertigen, auch zukünftig nicht.

Geschäftsmodell Eigenverbrauch

Photovoltaikanlagen auf den eigenen Dächern liefern den Haushalten mittlerweile auch in der Schweiz Strom zu gleichen oder sogar niedrigeren Kosten wie der eingekaufte Strom vom Elektrizitätswerk. Die sogenannte «Grid Parity» ist erreicht oder sogar unterschritten. Damit ist selbst genutzter Solarstrom bereits günstiger als die Energie, die wir zum Hochtarif vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen beziehen. Soweit der Slogan der Protagonisten. Ganz so einfach ist die Gleichung allerdings nicht. Die für den Investor entscheidende «Grid Parity» ist dann erreicht, wenn der finanzielle Aufwand für die Photovoltaikanlage über deren Lebensdauer nicht grösser als der entsprechende geldwerte Stromertrag ist. Dieser setzt sich aus den Opportunitätskosten für den nicht benötigten Netzbezug dank Photovoltaikerzeugung sowie die Vergütung des rückgespeisten Stroms zusammen.

Autarke Stromversorgung eines Haushalts

Nehmen wir mal an, Sie wollten Ihren gesamten Strombedarf mit einer Photovoltaik decken. Das ist technisch mit einem entsprechend dimensionierten Batteriespeicher möglich. Systeme auf Lithiumbasis haben hohe Umwandlungswirkungsgrade und eine geringe Selbstentladung. Damit können wir grundsätzlich eine saisonale Speicherung der Überschüsse im Sommer vornehmen und die Versorgung im Winter sicherstellen. Für unsere Modellierung hinterlegen wir ein real gemessenes Haushaltslastprofil und legen die Photovoltaikanlage und die Batterie so aus, dass wir uns vom Stromnetz abkoppeln und den Haushalt autark versorgen können:

  • Photovoltaik-Anlage, Leistung 5.79 kWp
  • Lithium-Batteriespeicher, Kapazität 1’291 kWh

Während die Photovoltaik-Anlage eine durchaus übliche Dimensionierung aufweist, fällt die Batterie über 100 Mal grösser aus. Unsere Idee einer autarken Stromversorgung wird damit wohl bereits an den Kosten scheitern. Aber auch aus ökologischer Sicht würde ein über 8 Tonnen schwerer Batteriespeicher im Keller die Sinnhaftigkeit dieses Konzeptes in Frage stellen. Deshalb reduzieren wir nun die Grösse der Batterie schrittweise und betrachten die sich ergebenden Stromversorgungsanteile:

Abb. 1: Energieflüsse in Abhängigkeit der Batteriekapazität (Abszisse logarithmisch)
Abb. 1: Energieflüsse in Abhängigkeit der Batteriekapazität (Abszisse logarithmisch)

Die Abbildung 1 illustriert die interessante Feststellung, dass der Eigenverbrauchsanteil mit Batteriespeichern zwischen 1 kWh und etwa 15 kWh deutlich zunimmt, danach jedoch eine weitere Erhöhung der Batteriekapazität kaum mehr Wirkung entfaltet. Der Grund für dieses Phänomen liegt im Ausgleich der täglichen Differenzen zwischen Photovoltaik-Angebot und Strombedarf im Haushalt, für welchen eine Batteriekapazität bis etwa zu einem durchschnittlichen Tagesbedarf des Haushalts sinnvoll ist. Darüber kann zusätzliche Batteriekapazität nur einen bescheidenen Nutzen entfalten. Die Situation ändert sich erst wieder bei einer Speicherkapazität ab etwa 300 kWh, da das System ab dieser Grösse in der Lage ist, zunehmend auch eine saisonale Speicherung zu übernehmen.

Kosten für die (Teil-) Autarkie

Die Stromkosten für unseren modellierten Haushalt nehmen mit zunehmender Batteriegrösse dramatisch zu. Die Problematik überdimensionierter Batteriespeicher liegt, übrigens nicht nur bei den stationären Anwendungen, sondern auch bei Elektrofahrzeugen: die grössere Batterie muss sich über immer weniger äquivalente Vollzyklen amortisieren. Damit wird deren Lebensende nicht mehr durch die Anzahl Lade- und Entladevorgänge, sondern durch die kalendarische Einsatzzeit bestimmt. Einfach ausgedrückt, stehen sich die zu grossen Batterien zu Tode, mit entsprechend ungünstigen Auswirkungen auf die Umweltbilanz und die Rentabilität.

Abb. 2: Durchschnittliche Stromkosten im Haushalt zu heutigen und zukünftigen Preisen
Abb. 2: Durchschnittliche Stromkosten im Haushalt zu heutigen und zukünftigen Preisen

Wie hier gezeigt wird, ist ein nur aus einer Photovoltaik-Anlage bestehendes System ohne Batteriespeicher auch in Zukunft wirtschaftlich meist die bessere Wahl. Diese Modellrechnung geht allerdings davon aus, dass wir auch zukünftig von unserem Elektrizitätswerk zu den heutigen Konditionen mit Energie beliefert werden. Diese Situation kann sich jedoch substantiell ändern, wenn beispielsweise im Rahmen des Stromabkommens zwischen der Schweiz und der EU der zweite Marktöffnungsschritt erfolgt und damit der Druck auf die heutigen Versorger, auch den Haushaltskunden innovative, marktnahe Stromprodukte und Energiedienstleistungen anzubieten, steigen würde. Ebenfalls ist zukünftig die Einführung von Lenkungsmechanismen durch die Politik vorstellbar, welche das beschriebene Geschäftsmodell wesentlich beeinflussen könnten. Ob solche politischen Massnahmen Photovoltaik-Anlagen und Batteriesysteme zur teilweisen Eigenversorgung von Haushalten mit Elektrizität eher begünstigen oder behindern würden, ist von deren detaillierten Ausgestaltung abhängig und damit heute nicht zu beantworten.

Schlagworte: Stefan Roth

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