Hoch hinaus mit thermischer Energie
Wie kann ein Flugzeug ohne Motor stundenlang in der Luft bleiben? Segelflugzeuge machen es vor – sie nutzen thermische Aufwinde. Doch diese unsichtbaren Luftströme zu erkennen, ist eine Kunst. Ein Forschungsprojekt an der Hochschule für Technik FHNW zeigt nun, wie moderne Sensorik und intelligente Bildverarbeitung diese Kunst technisch umsetzen kann.
Im Studiengang Elektro- und Informationstechnik wurde ein neuartiges System entwickelt, das Aufwinde automatisch erkennt und gezielt ansteuert. Ziel ist es, dass Segel- oder Aufklärungsdrohnen künftig länger, effizienter und leiser fliegen – allein durch die Nutzung natürlicher Energiequellen.
Das Projektteam setzt dabei auf ein modernes Modellsegelflugzeug vom Typ IKURA GPS mit einer Spannweite von über vier Metern. An Bord: hochpräzise Sensoren, eine Kameraeinheit und eine programmierte Steuerung, die Sensordaten und Bildinformationen auswertet, um Aufwindzonen zu erkennen und optimal zu nutzen.
«Wir wollen der Maschine beibringen, was erfahrene Pilotinnen und Piloten können: Aufwinde erkennen, bevor man sie spürt»
Das Projekt ist in mehreren Studierendenarbeiten entstanden. Zunächst entwickelten Studierende eine Sensorplatine, die Daten zu Flughöhe, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit und Ausrichtung misst. Diese Informationen werden auf einem Raspberry Pi verarbeitet und an den Flugregler weitergegeben.
In einem weiteren Teilprojekt programmierten Studierende eine Java-Applikation, die die Flugdaten visualisiert und den 3D-Flugpfad darstellt. So lässt sich nachvollziehen, wie das Flugzeug Aufwinde nutzt und Energie gewinnt.
Auch die Kameraeinheit stammt aus studentischer Entwicklung: Ein stabilisiertes Gimbal-System mit drei Motoren hält die Kamera präzise auf eine Zielkoordinate ausgerichtet – eine wichtige Voraussetzung für die spätere Bildauswertung.
Der entscheidende Fortschritt entsteht nun im Rahmen der Masterarbeit von Fabian Glutz. Mithilfe moderner Bildverarbeitung und klassischer Programmierung werden Vegetationszonen, Schattenverläufe und Wolkenformationen analysiert, um Aufwinde in Echtzeit zu lokalisieren.
Zur Entwicklung und zum Testen der Algorithmen wurden Satellitenbilder aus dem Datensatz BigEarthNet verwendet. Diese dienen der Erprobung und Validierung der Bildverarbeitungsmethoden – im Flugbetrieb selbst werden jedoch die Kameradaten des Segelflugzeugs verwendet.
Ein untersuchter Ansatz ist der Visible Atmospherical Resistant Index (VARI), der Vegetationsgrenzen hervorhebt – Zonen, in denen häufig Thermik entstehen könnte. Ob sich dieser Ansatz tatsächlich als hilfreich erweist, wird derzeit untersucht. Die Methode ist Teil einer wissenschaftlichen Hypothese, die im weiteren Projektverlauf überprüft wird.
Erste Simulationen zeigen, dass das System die Aufwindzonen auf wenige Meter genau ansteuern kann – und das ohne Motorantrieb. Der sogenannte „Thermikkreis-Algorithmus“ passt Flugbahn und Kreisradius dynamisch an, um Energiegewinne zu maximieren.
Das Ergebnis: längere Flugzeiten, geringerer Energieverbrauch und ein weiterer Schritt in Richtung autonomer, nachhaltiger Luftfahrt.
Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Sensorik, Bildverarbeitung und Umweltphysik zusammenwirken können, um natürliche Energieformen effizient zu nutzen. Gleichzeitig verdeutlicht es, wie praxisnah Studierende an der FHNW an Zukunftsthemen arbeiten – von der Hardwareentwicklung bis zur Flugsteuerung.
«Solche Projekte verbinden Theorie und Praxis auf ideale Weise. Unsere Studierenden lernen nicht nur zu programmieren oder zu messen, sondern Systeme zu denken – und fliegen zu lassen.»







