SCALA
Bildungschancen in sozial heterogenen Schulklassen fördern
Ein Projekt des Zentrums Lernen und Sozialisation
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Die SCALA-Forschung zeigt, wie Lehrpersonen mit ihren Erwartungen und Erfolgsattributionen, d.h. Zuschreibungen für schulische Erfolge, die Leistungen und das Verhalten der Schülerinnen und Schüler beeinflussen. Es wurde eine Weiterbildung für Lehrpersonen konzipiert und wissenschaftlich begleitet (SCALA-Forschungsprojekt). Aus den dabei gesammelten praktischen Erfahrungen und empirischen Ergebnissen wurde die Weiterbildung für Lehrpersonen weiterentwickelt (SCALA-Weiterbildung). Diese neue Weiterbildung wird aktuell für Schulen angeboten.
Hier finden Sie nähere Informationen zum SCALA-Forschungsprojekt, zur SCALA-Weiterbildung sowie zu Ergebnissen aus dem Projekt:
- SCALA-Kurzbeschreibung
- SCALA-Forschungsprojekt
- SCALA-Weiterbildung
- Publikationen aus dem SCALA-Forschungsprojekt
2016-2026
Prof. Dr. Markus P. Neuenschwander
Co-Leiter Zentrum Lernen und Sozialisation, Institut Forschung und Entwicklung PH FHNW
Projektteam SCALA-Umsetzungsprojekt:
MA Fabienne Girsberger, MA Seraina Huber-Blum, MA Tatiana Baltensperger
Projektteam SCALA-Evaluationsprojekt (abgeschlossen):
MA Vanessa Rust
Projektteam SCALA-Forschungsprojekt (abgeschlossen):
Dr. Edith Niederbacher, Msc Camille Mayland, MA Janine Bölsterli, MSc Tamara Stotz
Projektteam SCALA-Weiterbildung (Intervention) (abgeschlossen):
Claudia Sacchetti, Lic. Phil. Dorothea Baumgartner, Dr. Maria Kassis
Wir danken herzlich den folgenden Institutionen für die Finanzierung der Studie:
Studien zeigen, dass die Leistungserwartungen von Lehrpersonen gegenüber Kindern mit niedrigerem sozioökonomischen Status und/oder mit Migrationshintergrund tiefer sind, als die Leistungen dies nahelegen. Entsprechend geben Lehrpersonen diesen Kindern weniger motivierende Rückmeldungen im Unterricht, beurteilen Leistungen ungünstiger und weisen diese Kinder bei schulischen Übertrittsverfahren in die Sekundarstufe I oder Sekundarstufe II tieferen Schulniveaus zu, als die Leistungen dies erwarten liessen. Das kann zu einer Verstärkung der Chancenungleichheit in der Schule beitragen.
Im Projekt SCALA wurden in einer Weiterbildung die Erwartungen und Attributionen von Lehrpersonen mit dem Ziel thematisiert, dass Lehrpersonen ungünstige Erwartungen aufgrund von Stereotypen abbauen und den Schüler*innen fairer Rückmeldung geben.
Eine systematische Überprüfung der Wirksamkeit dieser Weiterbildung belegte, dass es möglich ist, die Haltungen von Lehrpersonen zu verändern, so dass unfaire Erwartungen und Zuschreibungen verschwinden. Daher wurde diese Weiterbildung weiterentwickelt und ausgebaut. Es werden aktuell nach dem gleichen Prinzip wissenschaftsbasierte und praxisbezogene Module zur Zusammenarbeit von Lehrpersonen und Eltern und Schülerbeurteilung sowie zu Unterrichtsstörungen und Schülerbeurteilung erarbeitet.
In der Zwischenzeit wurde das Angebot in über 50 Schulen in verschiedenen Kantonen der Deutschschweiz und in vielen Weiterbildungskursen erfolgreich durchgeführt.
Publikationen, Radiosendungen zum Projekt und Bestellung SCALA-Weiterbildung
Fördern und Beurteilen in sozial heterogenen Schulklassen erfordert hohe Professionalität. Der SCALA-Ansatz zeigt einen Weg. Ziel des SCALA-Ansatzes ist es, die Überzeugungen der Lehrpersonen gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern lernförderlich und sozial fair zu verändern. Dazu gehören insbesondere die fachspezifischen Leistungserwartungen und Zuschreibungen der Lehrpersonen.
In der Weiterbildung
- erfahren Sie, wie Erwartungen und Zuschreibungen im Unterricht wirken (z. B. bei Rückmeldungen, formativen/summativen Beurteilungen oder Selektionsentscheidungen).
- werden Sie sich eigener Erwartungen und Zuschreibungen bewusst.
- erlernen Sie konkrete Strategien zur erfolgreichen Förderung und Beurteilung von Schülerinnen und Schülern.
- lernen Sie, wie sich Verhaltensprobleme von Kindern auf die Beurteilung auswirken können.
- erfahren sie wie Eltern Beurteilungen von Schüler*innen beeinflussen können.
- setzen sie sich mit Rassismus in der Schule auseinander.
Der SCALA-Ansatz basiert auf dem Lehrplan 21, ist wissenschaftlich erprobt und praxisbezogen ausgerichtet. Das Angebot richtet sich an Lehrpersonen und Schulleitungen der drei Zyklen (Kindergarten bis Ende der obligatorischen Schule) und ist fächerübergreifend. Es wird in allen Deutschschweizer Kantonen durchgeführt. Bisher wurde das Angebot in über 50 Schulen realisiert.
Die SCALA-Weiterbildung besteht aus sechs thematischen Modulen. Jedes Modul umfasst ein Orientierungselement und ein Anwendungselement. Es können ein oder mehrere Module gebucht werden. Ein Modulelement dauert einen halben Tag.
Das Modul F «Rassismus und Diskriminierung» wird im Rahmen des Projekts KyRa – Kompetent in den Zyklen I und II gegen Rassismus unter der Leitung von Prof. Dr. Ariana Garrote entwickelt.
Um die Nachhaltigkeit der Weiterbildung zu erhöhen, bieten wir die Arbeit mit einer schulinternen Begleitgruppe (bestehend aus Schulleitung, schulverantwortlichen Personen) an.
Auf Anfrage.
Kontakt: Markus P. Neuenschwander, scala.zls.ph@fhnw.ch
Herzlich willkommen
Vielen Dank für Ihr Interesse an der SCALA-Weiterbildung.
Kinder und Jugendliche aus tieferen Sozialschichten und/oder mit Migrationshintergrund sind im Schweizer Bildungssystem nach wie vor benachteiligt: Lehrpersonen haben gegenüber diesen Schülerinnen und Schülern oftmals tiefere Leistungs- und Anstrengungserwartungen, auch wenn diese gleich hoch sind wie die von Kindern aus sozial besser gestellten Familien und/oder ohne Migrationshintergrund. Die Erwartungen der Lehrpersonen können weitreichende Folgen für die Kinder und Jugendlichen haben, denn sie beeinflussen Leistungen, Sozialverhalten, Motivation und auch die Übertrittschancen in die Sekundarstufe I entscheidend.
Am SCALA-Forschungsprojekt haben insgesamt 69 Primarlehrpersonen und 1’121 Schülerinnen und Schüler (4.-6. Klasse) sowie deren Eltern aus sechs verschiedenen Deutschschweizer Kantonen (AG, BE, LU, SO, SG, ZH) teilgenommen.
Das SCALA-Projekt war eine Interventionsstudie mit einer Vorher-Nachher-Messung mit Vergleichsgruppe. Die Teilnahme an der Studie war freiwillig. Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern füllten zu Beginn und am Ende des Schuljahres 2016/17 Fragebögen aus (erste Erhebung: September bis Oktober 2016, zweite Erhebung: Mai bis Juni 2017). Die Schülerinnen und Schüler absolvierten zudem jeweils einen standardisierten Leistungstest in Deutsch und Mathematik. Zwischen den beiden Erhebungszeitpunkten haben 28 gemäss Zufallsprinzip ausgewählte Lehrpersonen an einer Weiterbildung teilgenommen. Die übrigen 41 Lehrpersonen besuchten keine Weiterbildung (Kontrollgruppe). So konnte die Wirkung der Weiterbildung überprüft werden.
In der Weiterbildung wurden die Lehrpersonen zu Fragen der Chancengerechtigkeit im Schulkontext sensibilisiert und mit einem Coaching bei der Förderung von sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern unterstützt. Das Angebot basierte auf Konzepten der interkulturellen Pädagogik zu heterogenen Unterrichtssituationen sowie wirksamer Lehrpersonenweiterbildung. Folgende Fragen wurden überprüft: Inwiefern sind die Erwartungen der Lehrpersonen in der Deutschschweiz gegenüber Kindern aus tieferen Sozialschichten oder Kindern mit Migrationshintergrund verzerrt? Welche Wirkung haben die Erwartungen der Lehrpersonen auf die Leistungen, das Verhalten und die Motivation der Schülerinnen und Schüler? Gelingt es, die Erwartungen der Lehrpersonen durch die SCALA-Weiterbildung so zu verändern, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Leistungen in Deutsch und Mathematik unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und dem Migrationshintergrund entwickeln können?
Im Rahmen der Studie gaben die teilnehmenden Lehrpersonen eine Einschätzung an, was für Leistungen sie von den Kindern erwarteten. Die Ergebnisse zeigten: Auch wenn Kinder gleich gute Leistungen erbrachten, erwarteten Lehrpersonen von Kindern mit Migrationshintergrund schlechtere Leistungen als von solchen ohne Migrationshintergrund. Das Gleiche war der Fall, wenn Kinder aus tieferen Sozialschichten stammten. In Bezug auf das Geschlecht waren die Unterschiede fachspezifisch. Dort erwarteten Lehrpersonen höhere Leistungen von Mädchen im Fach Deutsch und höhere Leistungen von Buben im Fach Mathematik, auch wenn ihre Leistungen gleich waren. Die Erwartungen der Lehrpersonen waren somit je nach kulturellem und sozialem Hintergrund sowie nach Geschlecht der Kinder verzerrt. Diese verzerrten Erwartungen bezogen sich nicht nur auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, sondern fanden sich auch in Bezug auf die von der Lehrperson eingeschätzte Anstrengungsbereitschaft oder Unterrichtsstörungen der Schülerinnen und Schüler
Die Leistungen, die selbstberichtete Anstrengungsbereitschaft und das Ausmass an Unterrichtsstörungen der Schülerinnen und Schüler variierten je nach Erwartungshaltung der Lehrpersonen. Waren die Erwartungen der Lehrpersonen an Leistung und Anstrengungsbereitschaft von bestimmten Kindern hoch, verbesserten sich die Leistungen und die Anstrengungsbereitschaft dieser Kinder. Erwarteten die Lehrpersonen häufige Unterrichtsstörungen, nahm das Störverhalten dieser Kinder im Unterricht während des Schuljahres zu. Das heisst, die Erwartungen der Lehrpersonen wirkten bei den Kindern im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung auf ihre Leistungen und ihr Verhalten.
Die Art und Weise, wie Lehrpersonen den schulischen Erfolg ihrer Schülerinnen und Schüler erklärten (Attributionen), beeinflusste deren Deutsch- und Mathematikleistungen. Schrieben die Lehrpersonen schulische Erfolge zeitlich stabilen Ursachen zu wie Fähigkeiten oder Aufgabenschwierigkeit, nahmen die Leistungen der Kinder stärker zu als bei zeitlich variablen Ursachenerklärungen wie Glück oder Anstrengung. Vermittelt wurde dieser Effekt durch die Leistungserwartungen der Lehrpersonen. Gleichzeitig hing die Art der Attributionen der Lehrpersonen von der sozialen Herkunft der Schülerinnen und Schüler ab. So wurden gute Deutsch- und Mathematikleistungen von Kindern aus sozial weniger privilegierten Familien weniger mit zeitlich stabilen Ursachen wie beispielsweise hohen Fähigkeiten erklärt. Vielmehr nahmen die Lehrpersonen an, dass diese Schülerinnen und Schüler Glück oder sich angestrengt hatten.
Analysen belegen die Wirksamkeit der Weiterbildung: Die Leistungserwartungen der Lehrpersonen, die an der Weiterbildung teilgenommen hatten, waren nach der Weiterbildung im Unterschied zur Kontrollgruppe nicht mehr durch den Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler verzerrt. Durch die Weiterbildung entwickelten die Lehrpersonen also fairere und leistungsangemessenere Erwartungen gegenüber Schülerinnen und Schüler mit einem Migrationshintergrund.
Hier finden Sie alle Publikationen, die aus dem Projekt entstehen. Das Verzeichnis wird laufend aktualisiert.
- Erster Newsletter SCALA
- Video-Newsletter für Schülerinnen und Schüler
- Zweiter Newsletter SCALA
- Dritter Newsletter SCALA
- Schulblattartikel SCALA 2017 (Elternarbeit: besser als ihr -Ruf)
- Schulblattartikel SCALA 2018 (a Mehr Chancengerechtigkeit durch SCALA)
- Schulblattartikel SCALA 2018 (b Bildungserfolg trotz Bildungsferne)
- Schulblattartikel SCALA 2018 Weiterbildung (Hinschauen und Gewohnheiten aufbrechen)
- Schulblattartikel SCALA 2019 (Die Macht der Zuschreibungen)
- Bildungsseite FHNW August 2018 (Alle Kinder gerecht fördern - ungeachtet ihrer Herkunft)
- Bildung Schweiz 12/2018 (Wie faire Beurteilung möglich ist)
Neuenschwander, M. P., & Rust, V. (2024). Evaluation der SCALA-Intervention. Schlussbericht: Pädagogische Hochschule FHNW.
Neuenschwander, M. P., Hänni, S., Makarova, E., & Kaqinari, T. (2022). Hindernisse und Ressourcen eines Bildungsaufstiegs - Eine qualitative Studie mit jungen Erwachsenen mit bildungsfernem Familienhintergrund und/oder Migrationshintergrund. Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften, 44(2), 209-222.
Kassis, M. A., Neuenschwander, M. P., & Baumgartner, D. (2022). Coaching für Chancengerechtigkeit? Eine Intervention für Primarschullehrpersonen. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 28(4), 38-43.
Neuenschwander, M. P., & Niederbacher, E. (2021). Verzerrte Lehrpersonenerwartungen an Störverhalten von Schülerinnen und Schülern und selbsterfüllende Prophezeiungen. Erziehung und Unterricht, (9), 885-892.
Neuenschwander, M. P., & Niederbacher, E. (2021). Disparitäten in Anstrengungsbereitschaft und Leistung nach SES, Familiensprache und Geschlecht: Folgen von Sozialisation oder von Diskriminierung durch verzerrte Lehrpersonenerwartungen. Zeitschrift für Soziologe der Sozialisation und Erziehung, 41(4), 449-466. doi:10.3262/ZSE2104449
Neuenschwander, M. P., & Niederbacher, E. (2019). Förderliche und gerechte Beurteilung – der SCALA-Ansatz. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 25(7-8), 50-55.
Niederbacher, E., & Neuenschwander, M. P. (2021). Erklärung von Schulniveauerwartungen von Eltern und Lehrpersonen durch Herkunftsmerkmale und Überzeugungen und Folgen von Erwartungsdiskrepanzen für Leistungen. Empirische Pädagogik, 12(1), 164-182.
Neuenschwander, M. P., Mayland, C., Niederbacher, E., & Garrote, A. (2021). Modifying Biased Teacher Expectations in Mathematics and German: A Teacher Intervention Study. Learning and Individual Differences, 87, 101995. doi:10.1016/j.lindif.2021.101995
Neuenschwander, M. P. (2020). Information and Trust in Parent–Teacher Cooperation – Connections with Educational Inequality. Central European Journal of Educational Research, 2(3), 19-28. doi:https://doi.org/10.37441/CEJER/2020/2/3/8526