Geomatik-Herbst-Kolloquium: Geospatial information and cartography in the United Nations
«Geodaten und räumliche Informationen bilden das Fundament aller Mandate und Operationen der Vereinten Nationen («United Nations», UN)» stellt Ayako Kagawa zu Beginn ihres Vortrages fest. Seit 22 Jahren arbeitet sie bei den Vereinten Nationen, 18 davon im Bereich «Peace & Security», einem der fünf Schwerpunkte der Organisationen. Als «Geospatial Officer» ist Ayako Kagawa Teil der Friedensmission im Libanon (UNIFIL) und von dort aus in den Hörsaal am Campus Muttenz zugeschaltet.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1945, verfolgt die UN als internationale und zwischenstaatliche Organisation Ziele wie die Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit, die Förderung freundschaftlicher Beziehungen zwischen Staaten sowie die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit. Beinahe 200 Staaten sind Mitglied in der Organisation, 120 davon unterstützen finanziell oder personell die 11 zurzeit laufenden friedenssichernde Missionen im Nahen Osten, auf dem afrikanischen Kontinent sowie Zypern und dem Kosovo.
Doch welche Rolle spielen Geodaten oder Karten und wo ergibt sich eine Schnittstelle zur Geomatik?
Seit 2006 verfügen die UN über ihre eigene GIS-Einheit, welche sich in drei Gruppen gliedert: Das «Survey» Team überwacht beispielsweise die Grenzen und Pufferzonen zwischen Konfliktparteien, wie z.B. die «blaue Linie» zwischen dem Libanon und Israel im Rahmen der UNIFIL Friedensmission. Die Unterabteilung «Data and Solutions» stellt Webdienste wie die «UN Clear Map» oder «UN Carto Tiles» bereit. Die dritte Gruppe, «Mapping and Analysis» bereitet Daten in topographischen und thematischen Karten auf, oder nutzt diese für räumliche Analysen. Damit deckt die GIS-Einheit alle Phasen des Lebenszyklus georäumlicher Daten ab – von der Sammlung über die Verarbeitung und Analyse bis hin zur Visualisierung und Weiterverbreitung.
Dass dies mitunter ein mühsamer und häufig auch ein diplomatischer Prozess sein kann, erläutert Ayako Kagawa an Problemfeldern wie oft unklaren und kleinräumigen Grenzverläufen, dynamischen Entwicklungen in Konfliktgebieten, aber auch an den Schwierigkeiten zur Bestimmung von korrekten und anerkannten Ortsnamen.
Viele der aus Geoinformationen erstellten Produkte bleiben zunächst innerhalb der UN, bevor sie nach Abschluss von Mandaten oder Missionen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Neben der Friedenssicherung finden sie auch in den anderen vier Säulen der Organisation Anwendung: So werden Geodaten im Bereich des internationalen Rechts als Grundlage für Verhandlungen und Diskussionen zwischen dem Sicherheitsrat und den Mitgliedsstaaten genutzt. Karten können Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit dokumentieren (Sektor «Menschenrechte») oder als Planungsinstrument für die Verteilung von Hilfsgütern in betroffenen Regionen dienen (Sektor «Humanitäre Hilfe»). Im Sektor «Nachhaltige Entwicklung» unterstützen sie zusammen mit statistischen Daten das Monitoring und die Berichterstattung zu den 17 Zielen der Agenda 2030, darunter die Bekämpfung von Hunger und Armut, Klimaschutz, Förderung von Gerechtigkeit und Geschlechtergleichheit sowie der Schutz der natürlichen Ressourcen.
Ayako Kagawa hat auch in diesem Bereich gearbeitet und ist Mitautorin des Buches «Mapping for a Sustainable World», einer gemeinsamen Publikation der Vereinten Nationen und der Internationalen Kartographischen Vereinigung (ICA).
Literatur:
Kraak MJ, RE Roth, B Ricker, A Kagawa, and G Le Sourd (2020): Mapping for a Sustainable World. United Nations: New York, NY (USA).
Kommentare
Keine Kommentare erfasst zu Geomatik-Herbst-Kolloquium: Geospatial information and cartography in the United Nations