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Begrünte Infrastrukturen für mehr Biodiversität und gesellschaftliche Akzeptanz

12. Juni 2025

Wie können technische Bauwerke zur Förderung der Biodiversität beitragen und gleichzeitig besser akzeptiert werden? Unser Projekt zeigt, wie durch Begrünungsmassnahmen aus Trafostationen, Kabelkabinen und Unterwerken grüne Lebensräume entstehen, welche die Biodiversität fördern. Gleichzeitig lässt sich durch eine bewusste gestalterische Aufwertung die Wahrnehmung dieser Infrastrukturen verbessern und ihre Akzeptanz in Wohnquartieren steigern.

Beispielumsetzung eines Begrünungskonzepts der Trafostation

Zwischen Technik und Natur: Herausforderungen der Elektrifizierung

Mit der wachsenden Elektrifizierung unseres Alltags steigt der Bedarf an Trafostationen und Kabelkabinen an. Doch ihre Integration in bestehende Wohngebiete ist manchmal herausfordernd, weil keine geeigneten Bauplätze vorhanden sind.

Gleichzeitig sind Siedlungsräume wichtige Orte für den Erhalt der Biodiversität. Im Rahmen unseres Projekts im Studiengang Energie- und Umwelttechnik an der FHNW haben wir untersucht, wie sich durch Begrünungsmassnahmen sowohl die Artenvielfalt fördern als auch die Akzeptanz dieser Infrastrukturen im Wohnungsfeld erhöhen lassen.

Der Weg zu mehr Akzeptanz

Unsere Arbeit umfasste drei Teile: eine Online-Umfrage mit 201 Teilnehmenden zur Wahrnehmung von Trafostationen, eine Marktanalyse von Begrünungssystemen und die Entwicklung konkreter Gestaltungs- und Bepflanzungskonzepte für verschiedene Infrastrukturtypen.

Die Umfrage zeigte: Die Mehrheit der Befragten empfindet Trafostationen nicht als störend, wünscht sich aber klar eine gestalterische Aufwertung. Besonders die Begrünung mit Kletterpflanzen sowie Holzverkleidungen wurde positiv bewertet. Zudem ist die Akzeptanz deutlich höher, wenn die Anlagen als ökologisch wertvoll wahrgenommen werden oder ein Nutzen für Anwohnende besteht, wie etwa das Bepflanzen von Kräuterbeeten. Wichtig war auch: ohne finanzielle Anreize wären viele nicht bereit, Flächen für solche Bauwerke zur Verfügung zu stellen. 

In der Marktanalyse wurden verschiedene Begrünungslösungen hinsichtlich Biodiversitätswert, Kosten, Pflegeaufwand und technischen Umsetzbarkeit bewertet. Besonders gut schnitten Seilsysteme mit heimischen Kletterpflanzen sowie bodengebundene Heckenlösungen ab: Sie sind robust, ökologisch wirksam und relativ pflegeleicht. Modulare Systeme mit Wandgebundenen Begrünungen erwiesen sich dagegen als zu kostspielig und pflegeintensiv.

Grüne Lösungen im Einsatz: Praxisbeispiele

Für Kabelkabinen wurde ein Konzept mit selbstklimmenden Pflanzen wie Efeu und einem Dachbeet entwickelt, welches Anwohnende selbst bepflanzen können. 

Beispiel der Umsetzung des Konzeptes Kabelkabine mit Begrünung durch Kletterpflanzen und Erstellung eines Blumenbeetes. 

Bei Trafostationen bieten sich zwei Varianten an: Entweder platzsparende Seilsysteme mit Kletterpflanzen oder bei genügend Raum, die Pflanzung von heimischen Sträuchern als Hecke. Ergänzend können Wildbienenhotels, Informationstafeln und sogar ein Bewässerungssystem mit Regenwassernutzung installiert werden

Beispiel: Ist-Zustand einer Trafostation
Beispiel: Umsetzung des Begrünungskonzepts

Auch Unterwerke bieten grosses Potenzial für die Biodiversität: Hier lassen sich durch Entsiegelung Ruderalflächen bilden, Wildblumenwiesen und mobile Pflanzengefässe können artenreiche Lebensräume schaffen.

Ist-Situation eines Unterwerks
Mögliche Begrünung desselben Unterwerks

Herausforderungen und Lösungen

Eine der grössten Herausforderungen bestand in der thematischen Breite des Projekts. Die Bandbreite reichte von verschiedenen Begrünungskonzepten bis hin zu sozialen, ökologischen und technischen Fragestellungen. Diese inhaltliche Vielfalt machte es anspruchsvoll, eine klare Abgrenzung vorzunehmen und den Fokus nicht zu verlieren.

Zudem gestaltete sich die Kommunikation mit externen Stellen wie z.B. den Herstellern der Rankhilfen teils als schwierig. Rückmeldungen blieben aus oder verzögerten sich deutlich, was die Einhaltung des Zeitplans erschwerte.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben wir Prioritäten definiert und unseren Fokus auf konkrete, umsetzbare Massnahmen gelegt. Eine klare Zielsetzung half uns dabei, den roten Faden durch das Projekt zu behalten. Gleichzeitig starteten wir frühzeitig mit der externen Kommunikation und blieben bei Bedarf hartnäckig. Unsere Projektplanung war so flexibel gestaltet, dass wir auch bei verzögerten Rückmeldungen kontinuierlich weiterarbeiten konnten.

Was bleibt und was wir mitnehmen

Das Projekt hat gezeigt, dass kleine Massnahmen eine grosse Wirkung entfalten können. Die technische Infrastruktur muss nicht im Widerspruch zur Natur stehen: mit Begrünungskonzepten lassen sich funktionale, ästhetische und ökologische Ziele gleichzeitig erreichen.

Für uns war es besonders spannend zu sehen, wie die technische Infrastruktur mit ökologischen und sozialen Zielen kombiniert werden kann. Das Projekt hat uns gezeigt, dass Biodiversität nicht nur im Wald oder auf der Wiese entsteht, sondern überall dort, wo wir ihr Raum geben. 

Autoren: Lars Wicki, Nicholas Addis, Jonas Leuenberger, Gabriel Hartmann

Dieses Projekt wurde im Rahmen der Projektschiene der FHNW Hochschule für Umwelt und Technik im Studiengang Energie- und Umwelttechnik von Studierenden im 2. Semester umgesetzt.

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