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Studierende berichten: Geomatik-Frühlingskolloquium 2021 – Swiss Territorial Data Lab – STDL

23. März 2021

Mitglieder des Projektes Swiss Territorial Data Lab (STDL) berichteten über neue Methoden der Datenwissenschaften, die im Rahmen des Projektes in unterschiedlichen Anwendungen der Geomatik umgesetzt werden sollen. In einem spannenden Kolloquium haben uns die Referenten aufgezeigt, wie dieses schweizweite Projekt zustande gekommen ist und was sie bis jetzt bereits erreicht haben.

Raphael Rollier vom Bundesamt für Landestopografie swisstopo und Projektleiter des STDL führte in die Ziele des Projektes ein, das insbesondere die Anliegen der Kantone hinsichtlich des digitalen Wandels im Zusammenhang mit der Geodatenverarbeitung berücksichtigen soll. Das STDL lässt sich als eine 4D-Plattform zur zeitlich-räumlichen Navigation und Detektion im Zusammenhang von Geoobjekten verstehen. Dabei kommen beispielsweise Deep Neural Networks (DNN) als Implementierung des Maschinellen Lernens zur Anwendung. Die Zeit als vierte Dimension ermöglicht es, aus den bereits weitverbreiteten 3D-Daten neue Informationen zu gewinnen und so auch neue Herangehensweisen, beispielsweise für statistische Erhebungen der Raumänderung, zu nutzen. 

Das STDL ist eine Kollaboration von sieben Schweizer Institutionen, welche ihre Kompetenzen und Fachexpertisen einbringen. So setzt sich STDL zusammen aus dem Bundesamt für Landestopografie, dem Bundesamt für Statistik, den drei Kantonen Genf, Neuchâtel und Thurgau, sowie der Universität Genf und der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Nils Hamel und Huriel Reichel von der Universität Genf zeigten die Komplexität des 4D-Workflows anhand der Aufarbeitung eines Stadtteiles von Genf auf. Das Verfahren verwendet Raster- sowie Vektordaten zur Erstellung von dreidimensionalen Modellen zusammen, die zeitlich miteinander abgeglichen werden und eine automatisierte Erfassung von Änderungen der Raumnutzung ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist die Anzahl der Neubauten oder Umbauten in einem bestimmten Gebiet. Diese Erhebungen werden vom Bundesamt für Statistik bereits heute durchgeführt, jedoch derzeit noch in zeitaufwändiger Handarbeit. Ziel ist es, die Zeit für solche Erhebungen zu verkürzen, sodass diese mit einer Periode von 2-3 Jahren verdichtet werden kann – heutiger Stand ist 5 bzw. 10 Jahre. Eine der Schwierigkeit dabei ist die Datenqualität und Dichte bei älteren Karten.

Adrian Meyer vom Institut Geomatik der FHNW zeigte, wie maschinelles Lernen mit Hilfe von geeigneten DNN-Algorithmen zur automatisierten Detektion von Objekten auf Luftbildern verwendet werden können. Die Ergebnisse lassen sich mit den Katasterinformationen abgleichen und ermöglichen den Kantonen genauere Einträge über das Vorhandensein dieser Objekte.

Aufbereitung des Trainingsdatensatzes zur Detektion von Schwimmbecken im Kanton Thurgau durch den Objektdetektions-Algorithmus des STDL.Quelle:https://stdl.ch/

Am Beispiel des Swimmingpool-Katasters wurde ein DNN angelernt («trainiert»), um existierende Wasserbecken zu finden und diese Detektionen mit dem Stand des Katasters abzugleichen. Im Falle des Kantons Thurgau enthielt das Untersuchungsgebiet auch verwandte Objekte wie beispielsweise Kläranlagen oder Löschbecken, was bei dem Vergleich zwischen Detektionen und Kataster gesondert berücksichtigt werden musste. Bei einer solchen Flächenanalyse werden die Orthofotos in einzelne Kacheln unterteilt. Das Programm arbeitet dann jede einzelne Kachel ab. Eine grosse Auswirkung bei der Qualität und Richtigkeit der Analyse hat die Zuverlässigkeit der Referenzdaten («Ground Truth»), sowie die Auflösung der Luftbilddaten.

Der Detektor kann dabei mit markierten Eingabedaten aus entfernten Kantonen trainiert und über einem neuen Gebiet zur Anwendung gebracht werden. Bei einer Bildauflösung von 30 cm pro Bildpixel («Ground Sampling Distance»), kann eine Analysegenauigkeit von 84.1 % erreicht werden. Für diese Art von Berechnungen müssen hohe Speicherplatzkontingente und stark parallelisierbare Prozessorarchitekturen zur Verfügung gestellt werden. So wurden die Analysen auf einem Hochleistungsrechner der Fachhochschule Nordwestschweiz durchgeführt. Das Programm benötigte für die Analyse des ganzen Kantons Thurgau fast einen Tag.

Metriken und Ergebnisse für den Schwimmbecken-Detektor in Abhängigkeit von der Bodenauflösung. Quelle: Präsentation Adrian Meyer, FHNW

In einem weiteren Use Case zeigte Adrian Meyer, dass sich das implementierte System nicht nur für Schwimmbecken eignet, sondern innerhalb kurzer Zeit auch für die Detektion anderer Objekte wie etwa Silage-Heuballen anpassen lässt. Die sehr vielversprechenden Ergebnisse für den Kanton Thurgau weisen daher auf flexible Generalisierbarkeit der angewandten Methoden hin.

Zum Schluss der Präsentation schilderte Christian Dettwiler vom Amt für Geoinformation des Kantons Thurgau seine Erfahrungen mit dem STDL aus der Sicht eines Anwenders. Seiner Meinung nach wurde hiermit eine Plattform aufgebaut, welche ein sehr grosses Potential aufweist. Sie stösst auf grosses Interesse aus den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen, welche mit Geodaten arbeiten.

Abschliessend lässt sich sagen, dass der Vortrag sehr interessant und informativ war. Ich persönlich fand das Thema sehr komplex und teils auch etwas schwierig zu verstehen, da für das Verständnis über die verwendeten Datenprozessierungen ein grosses Fachwissen über diese Methoden vorausgesetzt wurde. Ich werde im Verlauf meines Studiums sicherlich erneut mit dem Thema konfrontiert werden und freue mich auf diese Herausforderung.

Für alle, die den Vortrag verpasst haben, gibts auf unserem YouTube Kanal die Aufzeichnung dazu: zur Aufzeichnung

Autor: Kilian Elmiger, Student Bachelor in Geomatik im 2. Semester

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