Master MSE Geomatics, IGEO Events

Masterforum Winter 2023

31. Januar 2023

Am Donnerstag, den 19. Januar 2023 fand das MasterForum Winter 2023 statt, bei dem die Abschlussarbeiten der Studierenden des Herbstsemesters 2022 präsentiert wurden. Das Institut Geomatik der Hochschule für Architektur, Bau- und Geomatik FHNW hatte dazu herzlich eingeladen und bot sowohl eine Präsenzveranstaltung im Campus Muttenz als auch eine Online-Übertragung für diejenigen an, die nicht vor Ort sein konnten.

Das Programm bot in zwei Blöcken eine grosse Bandbreite interessanter Themen. Den Start machte Manuela Ammann, welche ihr Projekt «Robotic Underwater Inspection of Hydropower Plants» gekonnt auf Englisch vortrug. Weiter ging es mit dem Vortrag Benjamin Plattners zu «Anwendungsbeispielen für das kinematische Referenztrajektoriensystem des IGEO» und dem Projekt «Prozessierung von Georadardaten für BIM Anwendungen im Infrastrukturbereich» von D. Schweizer. Die Präsentationen wurden von einer Pause unterbrochen, die rege zum Networking genutzt wurde.

Den zweiten Block eröffnete Ernst Forrer mit dem Thema «Vierdimensionalen Karten für die räumlich-zeitliche Siedlungsanalyse». Anschliessend entführten Patrick Keusch mit dem Projekt «Substratkartierung in alpinen Ökosystemen mit Deep Learning Objektdetektoren» und Jonas Rizzolli mit dem Vortrag «Bewertung des Biodiversitätsbeitrags von Bergahornbäumen durch Fernerkundung» das Publikum in die Alpenwelt.

Die Themen gingen in die Tiefe und die Studierenden mussten sich auch kritischen Fragen aus der Zuhörerschaft stellen. Im Folgenden möchten wir Ihnen daher einen kurzen, zusammenfassenden Einblick in die einzelnen Projekte geben.

Der Vortrag von Manuela Ammann beschäftigte sich mit Möglichkeiten der Unterwasser-Inspektionen von Staudämmen. Bisher erfordern solche Inspektionen professionelle Taucher und sind daher sehr teuer. Um dies zu verändern, wurde ein neues Workflow-Konzept vorgestellt, das die Erstellung von 3D-Karten von Unterwasserstrukturen durch den Einsatz eines Unterwasser-Roboters (ROV) ermöglicht. Ein großes Problem bei der Verwendung von Unterwasserkameras ist die Kalibrierung. Dies ist besonders schwierig, da das Gehäuse der Kamera sowie die Farbwahrnehmung beeinflusst werden. Das Projekt beinhaltete Tests in einem Hallenbad (klares Wasser) und in einem Schleusenbecken eines Flusses (trübes Wasser). Durch die Möglichkeit, den Wasserstand im Flussbecken zu verändern, konnte ein 3D-Modell ohne Wasser erstellt werden. Es wurde gezeigt, dass die Rekonstruktion von Punktwolken mit zunehmender Wassertiefe schlechter wird. Durch den Einsatz von Blitzlicht konnten jedoch solche Auswirkungen gemildert werden. Die Mehrzahl der errechneten Punkte weist eine Abweichung von unter 4mm auf.

Benjamin Plattner beschäftigte sich mit Anwendungsmöglichkeiten des Kinematischen Referenztrajektoriensystems. Der Schwerpunkt lag auf dem Genauigkeitsvergleich von Geodätischen Messinstrumenten mit dem Vicon Kamerasystem. Für die Untersuchung wurde ein BLK Laserscanner von Leica verwendet, welcher über eine eingebaute IMU, LIDAR SLAM und eine Panorama-Kamera für Visual SLAM verfügte. Ziel der Untersuchung war die Berechnung des Absolute Pose Errors (APE). Die Auswertung der Daten erfolgte mit einem Python-Paket namens «Evo» in einem speziellen Laborkoordinatensystem. Die Ergebnisse zeigten eine Abweichung im Mittel von ca. 0.02 m. Gute Resultate konnten bei aufrechter Position des Laserscanners erzielt werden, während bei Neigung schlechtere Ergebnisse zu verzeichnen waren. Eine Kalibrierung des Instruments war jedoch nicht möglich, da hierfür eine Untersuchung der Punktwolke und die Entwicklung einer fixen Vorrichtung erforderlich gewesen wäre.

Der Vortrag von Dominik Schweizer beschäftigte sich mit der effizienten und ressourcenschonenden Möglichkeit der unterirdischen, zerstörungsfreien Informationsbeschaffung im Strassenunterhalt. Georadaraufnahmen als probates Mittel erfordern derzeit manuelle Auswerteprozesse mit viel Erfahrung. Das Projektziel war die Automatisierung und Durchgängigkeit der Auswerteprozesse sowie die Ausgabe von BIM-kompatiblen Daten. Unterziele waren die Identifizierung von Deckschichten, der Prozess zur 3D-Leitungskartierung und die Überprüfung, ob das getestete GPR GS8000 Pro das richtige System dafür ist. Herausforderungen bei der Prozessierung waren unter anderem die Fourier-Transformation in den Zeitbereich, die Georeferenzierung, die Zeit-Null-Korrektur, die Rauschunterdrückung, die Signalverstärkung und die Umwandlung von Radar-Hyperbeln in Punktquellreflexionen. Das Ergebnis war ein funktionierender Prozess mit BIM-konformen Ausgaben, jedoch zeigte sich dass die Eindringtiefe des GS8000 für die Detektion tieferer Rohrleitungen noch unzureichend ist. Eine Optimierung des Geschwindigkeitsmodells wurde als hilfreich erachtet.

Ernst Forrer beschäftigte sich mit der Ortsplanungsrevision der Gemeinde Schönholzerswilen im Kanton Thurgau. Das Ziel war es, das historische Ortsbild mit denkmalgeschützten Bauten durch Nachverdichtung im Ortskern zu erhalten und gleichzeitig die Siedlungsentwicklung voranzutreiben. Dazu sollte ein photorealistisches Modell erstellt werden, um die geplanten Massnahmen besser darstellen zu können und somit die Bevölkerung besser in den Planungsprozess einzubinden zu können. Zusätzlich sollte die historische Entwicklung der letzten 200 Jahre visualisiert werden. Für die Massnahmen boten sich dabei verschiedene Möglichkeiten an: Bewahren (lediglich Dachausbauten), Aufwerten durch Aufstockung oder Weiterentwicklung durch Neu- und Rückbau. Allerdings waren nur die ersten beiden Optionen für das Projekt interessant, da bei Neubauten Visualisierungen heute bereits Standard sind. Die Herausforderungen bei der Erstellung der Modelle waren die Segmentierung der Vermaschung in Sketchup, sowie die Interpretation historischer Karten und Luftbilder. Eine dynamische Darstellung, bei der verschiedene Gebäude-Komponenten, wie die Anzahl Geschosse und Gauben, verändert werden konnten, gelang teilweise.

Patrick Keusch beschreibt, dass die Substratkartierung für alpine Ökosysteme bei der Energiegewinnung durch Wasserkraft sehr wichtig ist. Das ökologische Gleichgewicht kann durch Veränderungen im Wasserhaushalt (Schwall und Sunk) beeinträchtigt werden, wenn Sedimente und Gestein umverteilt werden. Umfassender Schutz ist daher wichtig. Konventionell wird das Substrat manuell kartiert, aber neue Methoden aus dem Bereich des Machine Learning kamen in den letzten Jahren auf. Der Projektpartner Kraftwerke Oberhasli KWO ist hier an innovativen Ansätzen interessiert. Um einen automatisierten Workflow zu entwickeln, wird untersucht, welches Bildmaterial benötigt wird. Es werden Swissimage und drohnenbasierte hochauflösende Daten untersucht. Zwei Deep-Learning-Workflows werden erfolgreich entwickelt und intensiv getestet: Objektdetektion und Semantische Segmentation. Das Bundesamt für Umwelt spezifiziert, dass vor allem das Verteilungsmuster des Geschiebes relevant ist, daher genügt ein Histogramm-Vergleich in einem Gewässerabschnitt über mehrere Grössenklassen. Mit diesen Methoden können Genauigkeiten von über 80% erreicht werden, insbesondere die Semantic Segmentation bei Auflösungen höher als 5cm Bodenauflösung zeigt eine hohe Performance.

Jonas Rizzolli beschäftigte sich mit der Biodiversität von Bergahornbäumen im Prättigau. Sie leisten insbesondere als Schutz-, Brut-, Überwinterungs- und Nahrungsstätte einen Beitrag für eine Vielzahl von Organismen und sind Lebensraum für geschützte Flechten und Moose. Daher wird ihr Schutz und Erhalt durch den Kanton Graubünden unterstützt. Allerdings ist die flächendeckende, punktgenaue Lokalisierung dieser Baumarten bis dato nur teilweise vorhanden. Um diese Lücke zu schließen, wurde die Automatisierung der Detektion der Bergahornbäume mit Hilfe von Deep Learning untersucht. Dabei wird eine Instanzsegmentierung verwendet, um erkannte Einzelobjekte voneinander abzugrenzen. Multispektralinformationen, einschließlich Nahinfrarot und Rededge Kanälen, werden als Inputdaten verwendet. Oktober-Luftbilder eignen sich besser als November-Luftbilder und Multispektralbilder erreichen höhere Detektionsgenauigkeiten als RGB-Bilder oder andere Bandkombinationen. Auch ein sechster Kanal, der ein Vegetationshöhenmodell oder einen Vegetationsindex enthält, kann hinzugefügt werden. Multispektrale Drohnenbilder eignen sich besser als multispektrale Swissimage-Luftbilder, da letztere nur für das Frühjahr verfügbar waren und die grüne Belaubung die Unterscheidung von Bergahornen von anderen Bäumen unmöglich macht. Das Alter der Bäume ist ein wichtiger Faktor für den Biodiversitätsbeitrag, was durch die Kombination von Baumgröße (Höhe und Kronendurchmesser) approximiert wurde. Auch der Abstand zum Nachbarahorn konnte berechnet werden. Die ist eine relevante Zielvariable, da ein zu großer Abstand ein Hinweis auf fehlende Verjüngungen im Bestand sein kann.

Im Anschluss an die Vortragsreiche gab es die Möglichkeit, sich bei einem Apero die Poster der Master-Thesen anzusehen und mit den Autoren und externen Partnern ins Gespräch zu kommen. Dies wurde rege genutzt und eröffnete den Raum für tiefergehende Gespräche.

Insgesamt war das MasterForum Winter 2023 eine gelungene Veranstaltung, bei der die Studierenden ihre Arbeiten präsentieren und diskutieren konnten. Die sehr breite Palette an Themen und die Möglichkeit für kritische Fragen und vertiefende Diskussionen trugen dazu bei, dass das Event für alle Beteiligten informativ und anregend war. Die Poster und Filme der Arbeiten können in den nächsten Tagen auf unserer Webseite angeschaut werden.

Das nächste MasterForum findet am 13. Juni 2023 im Zusammenhang mit dem 60-jährigen Jubiläum des Instituts Geomatik der FHNW statt. Wir freuen uns darauf, erneut spannende Abschlussarbeiten und Ergebnisse zu erleben und diskutieren zu dürfen. So wird auch in Zukunft wird das MasterForum für das Institut Geomatik eine wichtige Plattform bleiben.

zurück zu allen Beiträgen

Kommentare

Keine Kommentare erfasst zu Masterforum Winter 2023

Neuer Kommentar

×