BA6037 Antisemitismus, Rassismus und Gewalt: (Neue) Herausforderungen für die Soziale Arbeit?
Die Geschichte von Antisemitismus und Rassismus ist eine Geschichte der Gewalt – innerhalb und ausserhalb Europas–, die eng mit der Entwicklung moderner Gesellschaften verknüpft ist. Zentrale Elemente und Ursprünge des Rassismus finden sich in den historischen Phasen von Kolonialismus, der Entstehung von Nationalstaaten und dem Faschismus. Den Kern des Rassismus bildet der wertende, hierarchisierende und Privilegien sichernde Umgang mit tatsächlich vorhandenen oder imaginierten gruppenspezifischen, phänotypischen, sozialen oder kulturellen Merkmalen. Der Antisemitismus, der im 18. Jahrhundert entsteht, stellt eine spezifische Form des Rassismus dar, einen Rassismus ohne «Rasse» im biologischen Sinne, sondern neu im sozial-kulturellen Sinne. Es handelt sich beim Rassismus nicht um individuelle oder gruppenspezifische Vorurteilsstrukturen. Vielmehr ist Rassismus als hegemoniale Praxis eng verknüpft mit den gesellschaftlichen Prozessen und Strukturen der Marginalisierung. Er verweist auf etablierte gesellschaftsstrukturelle Mechanismen der Ausgrenzung als Orientierungsrahmen für soziales und individuelles Handeln.
(2. Teil unter Lerninhalte)
Fachwissen
- Historisch-systematisches Wissen und Theorien der Sozialen Arbeit
- Gesellschaftstheorien und Gesellschaftssysteme
- Soziale Probleme und Lebenslagen
- Theorien und Konzeptionen kommunikativen, ethischen und reflexiven Handelns
Selbstkompetenz
- Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion
- Fähigkeit zur selbstregulierten Wissenserweiterung
Ausgehend von einer Verknüpfung von Ereignis- und Ideengeschichte wird aufgezeigt, wie vielfältige Formen der Rassenkonstruktion historisch entstanden sind, über welche Formen sie sich in das kollektive Gedächtnis der modernen Gesellschaften eingeschrieben haben und welche spezifischen Praxen von Rassismus auf diese Weise entstanden sind. Zentrale Bezugspunkte sind dabei aktuelle Debatten um Kolonialismus, Faschismus, Rassismus und Antisemitismus. Ziel ist es, die Produktionsprozesse von gesellschaftlicher Marginalisierung und Aussenseiter:innenproduktion durch Praxen der Rassenkonstruktion zu analysieren und sichtbar zu machen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die gewalttätigen Formen von Antisemitismus und Rassismus gelegt.
2.Teil Leitidee
Die verschiedenen, aktuellen Artikulationsformen von Rassismus und Antisemitismus sind auf vielfältige und widersprüchliche Weise mit Elementen und Ursprüngen von Rassismus verknüpft, wie er sich in den verschiedenen historischen Phasen entwickelt und entfaltet hat. Darüber hinaus werden in den verschiedenen Formen von Antisemitismus und Rassismus immer auch Neuerfindungen und Umarbeitungen dieser Ideologien sichtbar. Neben einer historischen Archäologie der Elemente und Ursprünge von Antisemitismus und Rassismus geht es bei deren Analyse auch um Fragen ihrer theoretischen Fundierung. Hierzu findet im Modul eine Auseinandersetzung mit ausgewählten Theorien von Antisemitismus und Rassismus statt.
Referate, Übungen, Gruppenarbeiten
keine
2er-Skala
Appiah, KwameAnthony (2019). Identitäten. Die Fiktionen der Zugehörigkeit. München: Hanser Berlin.
Arendt, Hannah (2019). Wir Juden. Schriften 1932 bis 1966. München: Piper.
Fanon, Frantz(1986). Black Skin, White Masks.London: Pluto Press.
Mbembe, Achile (2020). Politik der Feindschaft. Berlin: Suhrkamp.
Räthzel, Nora (Hg.) (2000). Theorien über Rassismus. Hamburg: Argument.
(2. Teil unter Bemerkungen)
Gesellschaftstheorien und Gesellschaftssysteme
Soziale Probleme und Lebenslagen
Theorien und Konzeptionen kommunikativen, ethischen und reflexiven Handelns
2.Teil Literatur
Rothberg, Michael (2021). Multidirektionale Erinnerung. Holocaustgedenken im Zeitalter der Dekolonisierung. Berlin: Metropol Verlag.
Sznaider, Natan (2022). Fluchtpunkte der Erinnerung. Über die Gegenwart von Holocaust und Kolonialismus. München: Hanser.
Yuval-Davis, Nira (2011). The Politics of Belonging. Intersectional Contestations. London: Sage.