Zentrum Lernen und Sozialisation
Am Zentrum Lernen und Sozialisation wird erforscht, wie Kinder und Jugendliche in verschiedenen sozialen Kontexten – wie in Kindergarten, Schule, Familie oder Berufsbildung – lernen und sich entwickeln.
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Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Übergängen zwischen diesen Kontexten, wie dem Eintritt in die Schule, dem Wechsel in die Sekundarstufe I oder dem Übergang in die Berufsbildung. Vor dem Hintergrund der wachsenden gesellschaftlichen Diversität ist es von zentraler Bedeutung herauszufinden, wie Inklusion im Bildungssystem gestaltet werden kann, um alle Kinder und Jugendlichen im Aufbau positiver Beziehungen zu begleiten und in der Entwicklung ihrer Motivation sowie fachlichen und überfachlichen Kompetenzen zu fördern.
Mit dem Ziel zur Lösung dieser Herausforderungen beizusteuern und pädagogische Fachpersonen in ihrem Handeln zu unterstützen, werden am Zentrum Lernen und Sozialisation Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen Herausforderungen und individuellen Lern- und Anpassungsprozessen im Bildungssystem untersucht. Forschung und Entwicklung des Zentrums sind eingebettet in Kooperationen mit nationalen und internationalen Partnerinnen und Partnern sowie mit Professuren der Pädagogischen Hochschule und anderen Hochschulen der FHNW. Die Forschungsergebnisse richten sich sowohl an die wissenschaftliche Gemeinschaft als auch an das Schulfeld, die Bildungsverwaltung und die Bildungspolitik.
Die Publikationen des Zentrums Lernen und Sozialisation finden Sie in der durchsuchbaren Datenbank der FHNW Institutional Repository FHNW und bei den Mitarbeitenden des Zentrums Lernen und Sozialisation:
Projekt FELMAS
Durch Selbstregulation können Eltern mit Migrationshintergrund Kindern helfen ihre Bildungschancen zu verbessern. Im Projekt FELMAS (Förderprogramm für Eltern mit Migrationshintergrund zur Verbesserung der Selbstregulation bei Kindern) wird ein innovatives blended-learning Elternprogramm zur Förderung der Selbstregulation von Kindern entwickelt und erprobt. FELMAS ist ein Kooperationsprojekt der PHGR und der PH FHNW. Lernmaterialien sind auf der Projektwebseite erhältlich.
Weitere Informationen finden Sie auf der FELMAS-Projektwebseite
- Fernunterricht 2020 - Lernen während der Coronavirus-Pandemie
- Chancengerechtigkeit im Fernunterricht während Corona-Pandemie
- FOKUS: Wie können Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und Unaufmerksamkeit in der Schule adäquat gefördert werden?
- InSSel: Förderung von Sozial- und Selbstkompetenzen in der Schule
- Berufliche Entscheidungen und Berufsverläufe im Jugendalter und jungen Erwachsenenalter (BEN)
- Individuelle und kontextuelle Bedingungen der Berufsfindung und des Eintritts in die berufliche Grundbildung
Positives Feedback erhöht die soziale Akzeptanz unter Kindern
Sensibilisierung für faire Leistungserwartungen
Bedingungen von Dropout in Bildungsverläufen
Umgang mit Verhaltensproblemen von Schüler*innen
In zwei veröffentlichten Studien wurde untersucht, ob das Feedbackverhalten von Lehrpersonen mit der sozialen Akzeptanz in Schulklassen zusammenhängt.
Die Ergebnisse zeigen, dass Lehrpersonen Feedback nutzen, um den Unterrichtsfluss zu steuern. Sie lenken die Aufmerksamkeit der Kinder, indem sie gute Fragen und Aufgaben stellen, die die Schüler:innen beantworten und bearbeiten können. Dies führt wiederum zu positiven Rückmeldungen durch die Lehrpersonen. Je besser Lehrpersonen zudem die Klasse führen, indem sie beispielsweise auf die Einhaltung von Regeln achten, desto weniger müssen sie störende Kinder ermahnen und negatives Feedback geben. Auffallend ist, dass Lehrpersonen zwar zu Lernergebnissen positives Feedback geben, jedoch kaum zu erwünschtem Verhalten. Es zeigte sich zudem, dass das Feedbackverhalten von Lehrpersonen mit der sozialen Akzeptanz von Kindern in Schulklassen zusammenhängt. Je häufiger Lehrpersonen negatives Feedback zu unerwünschtem Verhalten geben, desto niedriger ist die soziale Akzeptanz unter den Schüler*innen. Umgekehrt ist die soziale Akzeptanz in der Klasse höher, je häufiger die Schüler:innen Rückmeldungen zu guten Lernergebnissen erhalten. Für den Schulalltag bedeuten die Studienergebnisse: Achten Lehrpersonen auf eine gute Klassenführung und geben positive Rückmeldungen – nicht nur bezogen auf korrekte Leistungen, sondern auch auf korrektes Sozialverhalten – fördern sie die soziale Akzeptanz von Schüler*innen.
- Wullschleger, A., Garrote, A., Schnepel, S., Jaquiéry, L., & Moser Opitz, E. (2020). Effects of teacher feedback behavior on social acceptance in inclusive elementary classrooms: Exploring social referencing processes in a natural setting. Contemporary Educational Psychology, 60.
- Garrote, A., Diener, M., Hepberger, B., Geeler, S. K., Nesme, C., & Opitz, E. M. (2024). Social behavior, academic achievement, language skills, and peer rejection in elementary school classes: The moderating role of teacher feedback. Educational Psychology.
- Garrote, A., Wullschleger, A., & Moser Opitz, E. (2023). Positives Feedback erhöht die soziale Akzeptanz unter Kindern. Bildung Schweiz, 5.
Erwartungen von Lehrpersonen an die Leistungen der Schüler*innen sind wirksam. Doch können diese Erwartungen nach Migrationshintergrund der Schüler*innen verzerrt sein. Die Sensibilisierung von Lehrpersonen zeigt Wirkung.
Viele Studien zeigen, dass hohe Leistungserwartungen von Lehrpersonen die Leistungen von Schüler*innen verbessern. Erwartungen sind selbsterfüllend (Pygmalion-Effekt). Allerdings zeigen Studien, dass Lehrpersonen an Schüler*innen mit Migrationshintergrund trotz guter Leistungen geringere Leistungserwartungen richten. In einer Studie des Zentrums Lernen und Sozialisation zeigte sich, dass gewisse Gruppen von Schüler*innen mit Migrationshintergrund besonders mit verzerrten Erwartungen konfrontiert sind. Lehrpersonen haben niedrigere Erwartungen bei Schüler*innen mit Nationalitäten, die in der Schweiz negativ stereotypisiert werden (z.B. Serbien, Polen, Türkei, Russland, China).
Um verzerrte Lehrpersonenerwartungen zu verringern, wurde am Zentrum der SCALA-Ansatz entwickelt. Dieser Ansatz erwies sich in einer Interventionsstudie in vielen Schulen als wirksam. Er umfasst den Dreischritt (1) Information, (2) Sensibilisierung, (3) Anwendung auf den eigenen Unterricht.
- Neuenschwander, M. P. & Garrote, A. (in print). Stereotypes in Classrooms: Student nationality clusters and biased teacher expectations. Zeitschrift für Bildungsforschung.
- Neuenschwander, M. P., & Niederbacher, E. (2019). Förderliche und gerechte Beurteilung – der SCALA-Ansatz. Schweizerische Zeitschrift für Heilpädagogik, 25(7–8), 50–55.
- Neuenschwander, M. P., & Niederbacher, E. (2021). Verzerrte Lehrpersonenerwartungen an Störverhalten von Schülerinnen und Schülern und selbsterfüllende Prophezeiungen. Erziehung und Unterricht, 171(9), 885–892.
- Neuenschwander, M. P., Garrote, A., & Huttasch, M. (2024). Grouping Nationalities Based on Students’ Estimation of Stereotype Contents in Switzerland. Journal of International Migration and Integration, 25, 1715–1732.
- Neuenschwander, M. P., Mayland, C., Niederbacher, E., & Garrote, A. (2021). Modifying biased teacher expectations in mathematics and German: A teacher intervention study. Learning and Individual Differences, 87, 101995.
- Neuenschwander, M. P., & Niederbacher, E. (2021). Disparitäten in Anstrengungsbereitschaft und Leistung nach SES, Familiensprache und Geschlecht: Folgen von Sozialisation oder von Diskriminierung durch verzerrte Lehrpersonenerwartungen. Zeitschrift für Soziologe der Sozialisation und Erziehung, 41(4), 449–466.
Ungenügende Einführung in die betriebliche Ausbildung, tiefe Passung, geringe Lernmotivation und fehlende Fürsorge der Eltern können zu Lehrvertragsauflösungen führen. Analysen identifizierten Risikofaktoren bereits am Ende der Primarschule.
Lehrvertragsauflösungen sind der häufigste Grund, dass Jugendliche keinen Sekundarstufe-II-Abschluss erreichen. Lehrvertragsauflösungen können aufgrund eines Berufswechsels oder/und Betriebswechsels erfolgen. Längsschnittliche Analysen mit WiSel-Daten zeigen erstmals, dass eine geringe Lernmotivation von Jugendlichen im 9. Schuljahr das Risiko einer Lehrvertragsauflösung vergrössert, auch nach Kontrolle des besuchten Schultyps der Sekundarstufe I. Eine hohe Lernmotivation spielt also eine wichtige Rolle zur Erklärung von Dropout. Die Lernmotivation im 9. Schuljahr wird von einer fürsorglichen Elternbeziehung im 5. Schuljahr vorhergesagt. Zudem erweisen sich Jugendliche als lernmotivierter, welche die Schule im 5. Schuljahr als wichtig bewerten.
Neben der Lernmotivation spielt auch die wahrgenommene Passung zwischen den eigenen Fähigkeiten / Interessen und den Anforderungen eine Rolle. Jugendliche in passenden Umwelten brechen die Ausbildung seltener ab. Häufige evaluative Rückmeldungen des Ausbildners/der Ausbildnerin zum Lernenden begünstigt eine hohe Passung. Zentral ist insbesondere die Strategie des Ausbildungsbetriebs, wie Jugendliche am Anfang ihrer Ausbildung aufgenommen und eingeführt werden (Onboarding).
- Findeisen, S., Jüttler, A., Neuenschwander, M. P., & Schumann, S. (2022). Transition from school to work – Explaining persistence intention in vocational education and training in Switzerland. Vocations & Learning.
- Findeisen, S., Ramseier, & Neuenschwander, M. P. (2024). Changing occupatios or changing companies—Predictors of different types of premature contract terminations in dual vocational education and training programs. Vocations and Learning, 17, 67–99.
- Findeisen, S., Ramseier, L., & Neuenschwander, M. P. (2023). Einflussfaktoren auf Lehrvertragsauflösungen: Berufswechsel und Betriebswechsel. Transfer, SGAB, Schweizerische Gesellschaft für angewandte Berufsbildungsforschung.
- Hofmann, J., Neuenschwander, M. P., & Ramseier, L. (2024). Elterliche Zuwendung schützt vor Dropout. Transfer - Berufsbildung in Forschung und Praxis, 9(10), 1–7.
- Hofmann, J., Neuenschwander, M. P., & Ramseier, L. (in print). Lacking a Vocational Upper Secondary Diploma: Motivational and Proximal Contextual Predictors in Primary and Lower Secondary Education. Education Research in Vocational Education and Training (ERVET).
- Neuenschwander, M. P., Ramseier, L., & Hofmann, J. (2022). Jugendliche in der beruflichen Grundbildung und in der allgemeinbildenden Schule. Wenn die Lernumwelt passt, steigt die Anstrengungsbereitschaft. Transfer, 2, 1–4.
Verhaltensprobleme von Schüler*innen können den Unterricht stören und belasten Lehrpersonen. Drei Programme zeigen praxistaugliche Wege, wie Verhaltensprobleme reduziert werden können: FOKUS, FOSSA und InSSel. Ergebnisse der Wirkungsstudien zu diesen Programmen geben konkrete Hinweise, wie Verhaltensprobleme in der Schule reduziert werden können.
(1) Programme bei Verhaltensproblemen sind wirksam, wenn diese das Verhaltensrepertoire und die Routinen im Bereich Klassenführung von Lehrpersonen erweitern, d.h. wenn Lehrpersonen mehr Verhaltensweisen und Strategien kennen, wie sie eine soziale Ordnung in Klassenzimmern schaffen können. Eine klare Kommunikation der Verhaltenserwartungen durch Lehrpersonen, die mit einer hohen Wertschätzung der einzelnen Schüler*innen kombiniert wird, reduziert nachweislich Verhaltensprobleme.
(2) Programme sind wirksam, wenn sie einerseits Lehrpersonen konkrete Handlungsstrategien zur Verfügung stellen und andererseits dazu beitragen, dass Lehrpersonen ihre Einstellungen und Beziehungen gegenüber den Schüler*innen reflektieren. Wichtig ist, dass Lehrpersonen negative Verhaltenserwartungen mit positiven Verhaltenserwartungen an die Schüler*innen ersetzen.
(3) Die Förderung der sozial-emotionalen Kompetenzen (Selbst- und Sozialkompetenzen) tragen zum Abbau von Verhaltensauffälligkeiten bei. Die Einführung von Klassenregeln sowie von Belohnungs- bzw. Bestrafungselementen erweist sich als weniger wirksam als der Einsatz von konkreten Förderprogrammen, um die emotionalen und sozialen Kompetenzen von Schüler*innen (z.B. Wenn-Dann-Plan) zu verbessern.
(4) Der Aufbau von Schulcommitment bzw. die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls von Schüler*innen zur Schule reduziert Verhaltensprobleme. Wenn sich Schüler*innen mit ihrer Schule identifizieren, sind sie eher bereit, die Werte und Regeln der Schule zu akzeptieren und einzuhalten.
Illustrationen und Beispiele dieser Strategien bei Verhaltensproblemen finden sich in den drei hier untersuchten Programmen.
Projekt FOSSA
Projekt Fokus
Projekt InSSel
FOKUS
- Benini, S., Fräulin, J. C., & Neuenschwander, M. P. (2017). Der FOKUS Ansatz: Hyperaktive, impulsive und unaufmerksame Kinder nach der Einschulung fördern. In M. P. Neuenschwander & C. Nägele (Hrsg.), Bildungsverläufe von der Einschulung in den ersten Arbeitsmarkt: Theoretische Ansätze—Empirische Befunde—Beispiele (S. 81–102). VS Verlag für Sozialwissenschaften.
- Neuenschwander, M. P., & Benini, S. (2016). FOKUS - Förderung von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten und Unaufmerksamkeit im Unterricht. Schlussbericht. Zentrum Lernen und Sozialisation der PH FHNW.
FOSSA
- Neuenschwander, M. P., Rösti, I., Prieth, V., Bölsterli, J., & Zavery, A. (2022). Zusammenhang von Belastungen der Lehrpersonen und Eltern mit reaktiver und proaktiver Aggression der Kinder: Bedeutung von Emotionsregulation und kooperativem Verhalten. Zeitschrift für Grundschulforschung, 15, 419–434. https://doi.org/10.1007/s42278-022-00149-8
- Neuenschwander, M. P., Rösti, I., Prieth, V., & Zavery, A. (2024). Lehrpersonen- und Elternurteile über sozial-emotionale Kompetenzen von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 27, 903–921. https://doi.org/10.1007/s11618-024-01231-w
- Neuenschwander, M. P., Zavery, A., Rösti, I., Prieth, V., & Bölsterli, J. (2022). Verhaltensauffälligen Kindern helfen, ihre Gefühle zu verstehen. Bildung Schweiz, 167(10), 16–17.
- Neuenschwander, M. P., Zavery, A., Rösti, I., & Prieth, V. (2023). das FOSSA-Projekt—Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten im Kindergarten- und Grundschulalter. Praxis der Psychomotorik, 42(2), 88–93.
- Neuenschwander, M. P., Bölsterli, J., Prieth, V., Rösti, I., & Zavery, A. (2022). Förderung der Selbstregulation in Schule und Familie FOSSA (Schlussbericht). Pädagogische Hochschule FHNW.
InSSel
- Neuenschwander, M. P., & Frank, N. (2011). Förderung der Sozial- und Selbstkompetenzen in der Schule (InSSel): Beschreibung eines neuen Interventionsprogramms. Sozialmagazin, 36(11), 43–49.
- Frank, N., & Neuenschwander, M. P. (2014). Förderung von Sozial- und Selbstkompetenzen—Das Programm InSSel und seine Wirkungen. In M. P. Neuenschwander (Hrsg.), Selektion in Schule und Arbeitsmarkt (S. 143–164). Rüegger-Verlag.