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21.10.2019 | Fachhochschule Nordwestschweiz

Neues Zeitalter im Bauwesen

Das Bauwesen steht vor grossen Veränderungen. Der Bauplan wird durch neue Werkzeuge abgelöst. Mit der Strategischen Initiative «Digitaler Wandel im Bauwesen» erarbeiten mehrere Hochschulen der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW praxisnahe Lösungen, damit der Wandel gelingen kann.

​Am Anfang eines jeden Hausbaus steht der Bauplan. Wie viele Stockwerke und Zimmer es haben wird und wo die Steckdosen zu finden sind – das alles wird darin festgehalten. Schon vor 600 Jahren wurden Gebäude auf diese Weise konzipiert. Nun aber läuten neue Methoden ein neues Zeitalter ein. Digitales Bauwerksmodell – so lässt sich die Bau-Zukunft in zwei Worten beschreiben. Dabei handelt es sich um ein dreidimensionales, digitales Objekt mit hinterlegten Informationen wie zum Beispiel den zu verbauenden Materialen und ihren Eigenschaften. Also ein digitaler Zwilling eines real existierenden Gebäudes. Anhand eines solchen digitalen Bauwerksmodells kann ein Gebäude gebaut, analysiert, genutzt und betrieben werden. Was heisst das konkret?

Alle Informationen an einem Ort

Heute werden Informationen für den Bau und Betrieb von Bauwerken in zahlreichen Plänen und weiteren ergänzenden Dokumenten festgehalten. Dabei den Überblick zu behalten und die nötigen Schlüsse zu ziehen, fällt selbst Fachleuten nicht immer leicht. Ursache sind unter anderem die heutige Komplexität der Bauaufgaben und die zahlreichen Beteiligten. Das Planen, Bauen und Betreiben mit digitalen Modellen erlaubt es, die nötigen Informationen miteinander zu erarbeiten und in einem gemeinsamen, abgestimmten digitalen Bauwerksmodell den jeweiligen Anspruchsgruppen zur Verfügung zu stellen.

So lassen sich zum Beispiel Kostenermittlungen, Terminpläne, Unterlagen zur Offertstellung, aber auch Simulationen des Betriebes in hoher Qualität direkt aus dem digitalen Bauwerksmodell ableiten. Schnittstellen werden damit rechtzeitig abgeglichen, Fehler frühzeitig erkannt und der Gesamtaufwand an Ressourcen somit reduziert. Ziel ist die Qualitätssteigerung der bebauten Umwelt. Die Nutzung von digitalen Bauwerksmodellen ist übrigens immer mit geeigneten Prozessen und Organisationsformen zu koppeln. Ohne dies wird der gewünschte Mehrwert nicht erzielt. Die Fachwelt spricht dabei auch von der Anwendung der BIM-Methode (Building Information Modelling).

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(Bildquelle: Wissam Wahbeh, Institut Digitales Bauen FHNW)

Vom Einfamilienhaus bis zum Spital anwendbar

Trotz der vielen Vorteile und der Tatsache, dass die Thematik in der Baubranche breit diskutiert wird, werden heute erst fünf bis zehn Prozent aller Schweizer Bauprojekte mittels der neuartigen Methode realisiert. Und das, obwohl diese vom Einfamilienhaus bis zum Spitalbau anwendbar ist. Doch weshalb? An einem Bau sind durchschnittlich über 50 Parteien beteiligt. Die neue Methode erfordert, dass sich diese aufeinander abstimmen und auf gemeinsame Konventionen einigen. Es gilt für jeden einzelnen, nicht mehr sich selbst im Fokus zu haben, sondern das Projekt und die Frage, was ich für den nächsten tun kann. Das erfordert ein grundlegendes Umdenken.

An dieser Stelle kommt die Strategische Initiative «Digitaler Wandel im Bauwesen» ins Spiel. Gemeinsames Ziel der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik, Hochschule für Angewandte Psychologie, Hochschule für Life Sciences, Hochschule für Wirtschaft und Hochschule für Technik ist es, die FHNW als Kompetenzzentrum für Digitalisierung im Bauwesen weiter zu etablieren und die Bau- und Immobilienbranche mit den Möglichkeiten der neuen Methode umfassend zu unterstützen. Die FHNW will die erste Adresse für Baufachleute, Studierende und Auszubildende in diesem Bereich sein. Durch die Interdisziplinarität bietet die FHNW Interessierten alles aus einer Hand: Die Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik unterstützt beim Gesamtprozess vom Planen, Bauen und Bewirtschaften. Die Hochschule für Angewandte Psychologie liefert Unterstützung bei den veränderten Prozessen der Zusammenarbeit. Die Hochschule für Life Science und die Hochschule für Technik kümmern sich um die technischen Daten sowie um deren Visualisierung. Und die Hochschule für Wirtschaft bringt das Know-how zur Transformation von Geschäftsmodellen ein, welches dringend benötigt wird, wenn 600-jährige Abläufe über Bord geworfen werden.

Unterstützung auf dem Weg zum digitalen Zwilling

Das interdisziplinäre Forschungsteam hat über ein Dutzend reale Projekte von Praxispartnern aus der Branche auf ihre Potenziale und Defizite hin analysiert. Anschliessend wurden gemeinsame Lösungsansätze entwickelt, um die Arbeit mit der neuen Methode bei den einen auf den Weg zu bringen und bei den anderen zu optimieren.

Gemeinsam mit den Praxispartnern werden nun bis Ende 2019 Lösungen auf drei Ebenen entwickelt und im Jahr 2020 in Pilotprojekten getestet.:

  1. Geschäftsmodelle > Die heutigen Geschäftsmodelle sind nicht zukunftsfähig. Die Branche ist sehr stark fragmentiert und von unterschiedlichen Interessen geprägt. Neue Geschäftsmodelle, die auf der Idee der Kooperation und der Ko-Kreation beruhen und dabei die neue Methode nutzen, haben das Potential für ein Miteinander statt einem Gegeneinander.
  2. Prozesse der Zusammenarbeit > Die Arbeitsprozesse sollen optimiert und weiterentwickelt werden. Im Fokus steht in Zukunft das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen, um die zusammen vereinbarten Ziele der Bauwerke zu erreichen.  
  3. Integrierte Informationen > Die benötigten Softwareprodukte zur Erstellung der digitalen Bauwerksmodelle sind bereits vorhanden. Mit den Praxispartnern werden jedoch technische Lösungen entwickelt, die ein gemeinsames Halten von Daten und Informationen fördern, diese für Menschen auch sichtbar machen und allen Beteiligten jederzeit zur Verfügung stehen. Zwei erste erarbeitete Prototypen werden an der Messe «SWISSBAU» im Januar 2020 präsentiert.

Hintergrund

Im Rahmen des strategischen Entwicklungsschwerpunkts «Die Kompetenz zur interdisziplinären Zusammenarbeit stärken» erarbeitet die FHNW mittels sechs «Strategischer Initiativen» zukunftsweisende Lösungsbeiträge für drängende gesellschaftliche Probleme. Bei der Strategischen Initiative «Digitaler Wandel im Bauwesen» erarbeiten die fünf Hochschulen Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik, Hochschule für Angewandte Psychologie, Hochschule für Life Sciences, Hochschule für Wirtschaft und Hochschule für Technik Lösungen, die wesentliche Beiträge bei der Gestaltung des digitalen Wandels im Bauwesen liefern.

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