
#FinTank – Thinking Fin, Tec and Reg
Der interdisziplinäre Think Tank für Banken, Versicherungen und andere Finanzmarktteilnehmer
Die Digitalisierung hat technische («Können wir das?») und wirtschaftliche («Wollen wir das?»), aber auch ethische («Sollen wir das?») und rechtliche («Dürfen wir das?») Aspekte. Das gilt natürlich auch für Innovationen im Finanzbereich. Um diese zu beurteilen, braucht es deshalb Ökonomen, Techniker und Juristen. Diese müssen miteinander sprechen, sich aber vor allem verstehen und gemeinsam nachdenken.
Nehmen wir das Thema Open Finance, also den (teilweise branchenübergreifenden) Austausch von Daten auf Wunsch der Kunden, welcher sich international vor allem durch regulatorische Vorgaben entwickelt hat. Inzwischen werden die Vorteile von Open Finance für Kunden, Wirtschaft und Gesellschaft aber auch in der Schweiz erkannt und mit zunehmendem Nachdruck gefordert.
Open Finance steht in der Schweiz noch am Anfang. Die neuen Geschäftsmodelle werden derzeit vorab aus technischer Sicht vertieft betrachtet, wobei die Arbeitsgruppe Common API von SFTI eine zentrale Rolle bei der Standardisierung von API-Schnittstellen, Sicherheitsempfehlungen etc. einnimmt, und damit einen wichtigen Baustein für Open Finance in der Schweiz liefert (vgl. auch die Medienmitteilungen der Schweizerischen Bankiervereinigung und von SFTI vom 4. März 2021). Grundlagenarbeiten zu den verschiedenen Zusammenarbeitsmodellen und resultierenden Datenflüssen aus juristischer sowie ökonomischer Sicht liegen für die Schweiz hingegen erst ansatzweise vor. Dies erschwert die Verständigung zwischen den einzelnen Marktteilnehmern und schafft Rechtsunsicherheit, welche die Zusammenarbeit zusätzlich erschwert.
Hier setzt das von #FinTank aktuell lancierte Projekt «Collaboration Models» an. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit Swiss FinTech Innovations (SFTI) und der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) realisiert und vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) unterstützt. Eine gesamtheitliche Übersicht basierend auf einer wissenschaftlichen Grundlagenarbeit zu den möglichen Zusammenarbeitsmodellen soll Klarheit, gegenseitiges Verständnis und damit eine Grundlage für anstehende strategische Entscheidungen der Marktteilnehmer und der Behörden schaffen.
Die Übersicht wird in drei Dimensionen erarbeitet. So sollen verschiedene Zusammenarbeitsmodelle dargestellt, Varianten zur Vertrauensschaffung aufgezeigt sowie Sichtweisen der verschiedenen involvierten Akteure aufgenommen werden. Genaueres zum Projekt kann der folgenden Präsentation entnommen werden:
Im Kontext von Open Banking sind unterschiedliche Formen der Kooperation zwischen Bank und TTP vorstellbar. Die Autorinnen und Autoren des Beitrags haben anhand von vier «Muster-Kooperationsformen» die dabei entstehenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten untersucht und zeigen am Beispiel von spezifischen vertrags- und datenschutzrechtlichen Fragestellungen auf, wie sich diese auf die Haftung auswirken.
In zivilrechtlicher Hinsicht trifft die Bank in jedem Fall die Verpflichtung, die für den Datenaustausch verwendeten Schnittstellen bzw. API genügend zu sichern, ansonsten sie unter Umständen für Vermögensschäden der Kundinnen und Kunden einstehen muss. Für die Frage, ob die Bank darüber hinaus auch für das Verhalten des TPP einstehen muss, sind die Intensität der Zusammenarbeit und die Nähe zum TPP sowie das konkrete Vertragsverhältnis zu den Kundinnen und Kunden zu berücksichtigen.
In datenschutzrechtlicher Hinsicht kommt der Bank grundsätzlich immer die Rolle als Verantwortliche zu, d.h. sie hat insbesondere die Datensicherheit zu gewährleisten. Falls der TPP (alleine) über Mittel und/oder Zwecke der jeweiligen Datenbearbeitung (mit-)entscheidet, qualifiziert er neben der Bank als (eigenständiger/gemeinsamer) Verantwortlicher und hat daher alleine oder zusammen mit der Bank für die Sicherstellung der Datensicherheit zu sorgen. Falls der TPP die Kunden- bzw. Personendaten im Auftrag und nach Weisung der Bank bearbeitet, qualifiziert er als Auftragsbearbeiter. Bei einem Datenschutzverstoss kann die betroffene Person gegen jeden, der an der Persönlichkeitsverletzung mitwirkt, vorgehen – das kann sowohl der Verantwortliche als auch der Auftragsbearbeiter sein. Viele Pflichten des revDSG, wie z.B. die Informations- oder Auskunftspflicht, treffen aber nur den Verantwortlichen, wobei diese teilweise strafbewehrt sind. Das Bussenrisiko trifft dabei nicht das Unternehmen, sondern die für die konkrete Datenbearbeitung verantwortlichen Mitarbeitenden.
Nach Abschluss der Arbeiten der Dimension 1, wo die rechtlichen Anforderungen für unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit zwischen regulierten Finanzinstituten und nicht regulierten Drittanbietern (sogenannten Third Party Providern, TPPs) auf dem Schweizer Finanzplatz aufgezeigt wurden (dazu oben) sowie der Dimension 2, in der mögliche Massnahmen skizziert wurden, welche das Vertrauen zwischen regulierten und nicht regulierten Marktteilnehmenden fördern könnten – dazu gehört ein Industriestandard durch Selbstregulierung, eine Zertifizierung von TPPs oder eine regulatorische Lizenzierung und Beaufsichtigung dieser Akteure – liegen nun die Ergebnisse der Dimension 3 vor, welche eine transparente Darstellung und Auswertung der Sichtweisen und Perspektiven von relevanten Anspruchsgruppen am Finanzmarkt der zur Beurteilung der so entstandenen Optionen enthält.
Verschiedene Sichtweisen und Perspektiven
Die Auswertung der qualitativen Befragung in Dimension 3 zeigt ein sehr breites sowie fragmentiertes Meinungsbild, auch innerhalb der einzelnen Anspruchsgruppen. Keine der vorgeschlagenen vertrauensschaffenden Massnahmen wird von allen Teilnehmenden eindeutig begrüsst. In Bezug auf das Zusammenarbeitsmodell Outsourcing, welches allerdings nicht als Open Finance-Modell einzuordnen ist, wird vorab auf den Status Quo bzw. das Rundschreiben 2018/3 «Outsourcing» der FINMA hingewiesen, welches für die Zusammenarbeit einen etablierten Rechtsrahmen biete. In Zusammenhang mit einer vorgeschlagenen Zertifizierungs- oder Bewilligungspflicht für TPPs werden wiederholt – weitgehend unabhängig von den Zusammenarbeitsmodellen – vor allem die unter Umständen hohen Kosten für TPPs als Schwäche genannt und eine Bewilligungspflicht von TPPs wird vergleichsweise oft als innovationshemmend beurteilt. Im Falle eines Verbleibs beim Status Quo oder einer Selbstregulierung wird umgekehrt jedoch die Herausforderung bei der Einigung auf einen Industriestandard gesehen und gleichzeitig die Befürchtung geäussert, dass sich – vor allem in den Zusammenarbeitsmodellen gemeinsames Angebot und Plattform – die stärkeren Marktteilnehmenden durchsetzen werden.
Tendenzen und Ausblick
Die Auswertung der Bewertungsraster zeigt folgende Tendenzen: in Kombination mit dem Modell Outsourcing votierten die meisten Teilnehmenden für den Status Quo, beim Modell gemeinsames Angebot für eine Zertifizierungspflicht von TPPs und bei den Modellen Plattform und einseitige Aufforderung für die Ausarbeitung eines Industriestandards
Das gesamte Projekt trägt zur Klärung von zentralen Begrifflichkeiten und der Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über die Möglichkeiten und Formen der Zusammenarbeit zwischen regulierten Finanzinstituten und nicht regulierten TPPs über alle drei Disziplinen hinweg (Recht, Ökonomie und Technologie) bei. Dieses gemeinsame Verständnis soll als Fundament dienen und innerhalb der Branche Diskussionen zu Partnerschaften weiter erleichtern.
Ausblickend gilt es, diese Punkte weiter zu vertiefen. Die rege und aktive Teilnahme an der durchgeführten Umfrage verdeutlicht, dass zahlreiche Parteien am Diskurs um die Ausgestaltung von Open Finance in der Schweiz sehr interessiert sind und einen Beitrag zu einer nachhaltigen, kundenzentrierten Umsetzung leisten wollen.
Die ganze Studie gibt es hier (PDF) Kurzversion der Studie (PDF)
Neue Methoden künstlicher Intelligenz (KI, AI) stellen eines der grössten Versprechen und eine der aussichtsreichsten Entwicklungen der Digitalisierung dar. Im Bereich der Bilderkennung, der Medizin, der Sprache oder der Mobilität hat künstliche Intelligenz bereits zahlreiche innovative Anwendungen ermöglicht und auch auf dem Finanzmarkt, auf welchen dieser Beitrag fokussiert, kommt sie zunehmend zum Einsatz. Neuartige Methoden bergen neben grossen Chancen immer auch Risiken, welchen gerade auf dem Finanzmarkt üblicherweise mit Regulierung begegnet wird. Der vorliegende Beitrag von Cornelia Stengel, Gino Wirthensohn und Luca Stäuble stellt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – verschiedene Einsatzmöglichkeiten für künstliche Intelligenz in Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen vor und beleuchtet die Frage der Notwendigkeit sowie den Stand der Diskussionen rund um deren Regulierung in der Schweiz und im Ausland.
Sprechen wir von Zahlungssystemen, welche heute nicht zuletzt aufgrund der regulatorischen Vorgaben und des direkten Kundenkontakts den idealen Einstieg für FinTech-Start Up’s bilden, und welche gleichzeitig das Potential haben, ganze Plattform-Ökonomien zu begründen oder sich im Gegenteil beinahe unsichtbar ins Realgeschäft (z.B. einen Kauf) einzufügen.
Die Neuauflage des von Cornelia Stengel und Thomas Weber im Jahr 2016 verfassten interdisziplinären und anwendungsorientierten Werks «Digitale und mobile Zahlungssysteme – Technologie, Verträge und Regulation von Kreditkarten, Wallets und E-Geld» ist aktuell in Arbeit und wird der heute nunmehr unerlässlichen digitalen Transformation des Finanzbereichs Rechnung tragen.
Die Tokenization, also die Digitalisierung von Vermögenswerten und deren digitale Übertragung, wird tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen:
Die Schweiz hat eine solide gesetzliche Grundlage für diese neuen Technologien geschaffen – es gilt, diese Möglichkeiten bestmöglich zu nutzen.
Durch das neue Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT-Gesetz) werden verschiedene Bundesgesetze so angepasst, dass sich die Schweiz als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort im Bereich Blockchain/Distributed-Ledger-Technologie weiterentwickeln kann.
Finden Sie eine Übersicht über die Neuerungen in untenstehender Präsentation.
Wie immer ist die Definition eines Begriffs nur sinnvoll möglich, wenn dieser Begriff in einen Kontext gesetzt wird. In der untenstehenden Präsentation, welche Cornelia Stengel am Seminar des Europa Instituts an der Universität Zürich zum Thema «FinTech 7.0 – FinTech aus Sicht der Geldwäschereiprävention» gehalten hat, werden die einzelnen Aspekte der «wirtschaftlichen Berechtigung an digitalen Werten» aus der Perspektive der Geldwäschereigesetzgebung beleuchtet und eine Einordnung neuerer Erscheinungsformen von Vermögenswerten, sog. Token, vorgenommen. Das Referat wird in Form eines wissenschaftlichen Beitrags veröffentlicht.
Datengetriebene Innovationen bieten ein enormes Potenzial für Schweizer Unternehmen. Durch neue Technologien, wie Künstliche Intelligenz (KI) oder das Internet der Dinge (IoT), können wichtige Wettbewerbsvorteile erzielt und mittelfristig Kosten gespart werden. Studien belegen jedoch, dass viele datengetriebene Initiativen am Ende nicht den gewünschten Erfolg bringen. Woran liegt das?
Ein erster Grund liegt in der mangelnden Transparenz und der damit verbundenen schlechten Verfügbarkeit sowie Qualität von Unternehmensdaten bzw. Datenflüssen. Ein zweiter Grund ist das Fehlen eines datenzentrierten Managementansatzes, welcher die Datensicht mit der Geschäfts- bzw. Kundensicht kombiniert.
In unserem Seminar erfahren Sie, wie der Ansatz des «Data Thinking» den Einstieg in datengetriebene Innovationsprojekte erleichtert. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse und dem Design innovativer und zugleich (rechts-)sicherer Lösungen mit hohem Geschäftspotenzial. Unser Vorgehen kombiniert Methoden des Design Thinking mit Prinzipien der Data Governance.
Seminar Data Thinking – Datengetriebene Innovationen in der Praxis
Mit dem neu am FinanceLab der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Basel eingerichteten #FinTank wird ein Ort für das interdisziplinäre Nachdenken über diese und viele weitere Themen geschaffen. In Workshops, Informationssessions oder konkreten Studien und Arbeitspapieren werden aus den unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedener Disziplinen wissenschaftlich fundierte Antworten auf praktische Fragen entwickelt.
Nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Fragen, Gedanken und Strategien in Zusammenhang mit Innovationen auf dem Finanzplatz mit unabhängigen Experten verschiedener Disziplinen zu analysieren und schaffen Sie damit die Basis für verantwortungsbewusste Entscheidungen für die Zukunft!
Kontakt
- Prof. Dr. Cornelia Stengel
- Telefonnummer
- +41 61 279 18 52 (Direkt)
- Y29ybmVsaWEuc3RlbmdlbEBmaG53LmNo
- Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
Hochschule für Wirtschaft
Peter Merian-Strasse 86
4052 Basel