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Bildung und ästhetische Wahrnehmung

Schwerpunkt Natspot-Ausgabe 03/2022

Der Bildungsprozesse und ästhetische Wahrnehmung hängen unmittelbar zusammen. Warum? Wenn man ein Phänomen betrachtet, indem man es in Musse mit allen Sinnen wahrnimmt, kann man häufig auf ästhetische Strukturen oder Muster aufmerksam werden. Bei der Betrachtung des Regenbogens fällt einem z.B. auf: einen Regenbogen sehe ich immer nur, wenn die Sonne in meinem Rücken steht und vor mir eine Regenwand ist, in die die Sonne hineinleuchtet; manchmal gibt es ausserhalb des Hauptregenbogens einen zweiten Regenbogen – dieser ist schwächer und weist die umgekehrte Farbfolge auf; die Farbfolge des Hauptregenbogens ist oft, aber nicht immer, von aussen nach innen: rot – orange – gelb – grün – blau – violett; meistens ist nur der äusserste, rote Rand des Regenbogens sehr deutlich farbig, die anderen Farben sind blasser; beide Regenbögen sind konzentrische Kreise (haben denselben Mittelpunkt) und der Mittelpunkt ist der Schatten des eigenen (meines) Kopfes; der Regenbogen ist daher auch nicht „fix“ – bewegt sich die betrachtende Person, so nimmt sie „ihren“ Regenbogen mit; innerhalb des Hauptregenbogens ist die Regenwand oft deutlich heller als zwischen den beiden Regenbögen; den Hauptregenbogen kann man nur dann am Himmel erkennen, wenn die Sonne weniger als 40° über dem Horizont steht – der Regenbogen ist also ein Morgen- und Abendphänomen.

Regenbogen.jpg

Ein Regenbogen bietet die Möglichkeit einer sinnlichen Wahrnehmung
und eines Bildungsprozesses (Quelle:
pixabay)

 

Ausgehend von diesen sinnlich-ästhetischen Wahrnehmungen können sich Fragen bilden, z.B. diese: Warum kann es zwei Regenbögen geben? Warum sind Regenbögen farbig? Warum ist die Farbfolge oft, aber nicht immer rot – orange – gelb – grün – blau – violett? Warum ist meistens nur der rote Rand des Regenbogens deutlich farbig, während die anderen Farben mehr oder weniger verblassen? Warum ist die Farbfolge der beiden Bögen umgekehrt? Warum ist der äussere Bogen schwächer? Warum sind die beiden Regenbögen konzentrische Kreise um den Schatten meines Kopfes? Wie erklären sich die Winkel von 42° des inneren und 51° des äusseren Bogens bezüglich des Schattens meines Kopfes? Warum ist die Regenwand zwischen den beiden Bögen dunkler als innerhalb des inneren und ausserhalb des äusseren Bogens? Warum gibt es ab und zu „optische Echos“, d.h. rhythmische Wiederholun­gen einzelner Farben? Solche Fragen sind von zentraler Bedeutung für Bildungsprozesse – ausgehend von diesen sind Erkundigungs- und Erschliessungsprozesse in vielfältigsten Formen und unter Nutzung unterschiedlichster Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen möglich.


von Svantje Schumann
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