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14.11.2023 | Pädagogische Hochschule

Arbeitsbelastung und Verantwortung im Begleiteten Berufseinstieg

Brigitte Hohler (Studentin Primarstufe Quereinstieg) zeigt im 2. Teil der Miniserie auf, wie sie die Theorie-Praxis-Verzahnung an den Schulen sieht und welchen Umfang an Verantwortung sie an der Schule im Rahmen des Begleiteten Berufseinstiegs bereits übernimmt.

Brigitte-Hohler_web-teaser.jpgSie sind nun zu Beginn des 3. Studienjahrs, haben damit schon ein Jahr im Begleiteten Berufseinstieg hinter sich, bei dem Sie das ganze Jahr schon in einer Klasse unterrichten. 1½ Tage sind Sie noch an der PH. Wie sehen Sie die Verzahnung von Theorie und Praxis (also auch Rückwirkungen von der Praxis auf Theorie?)

Brigitte Hohler: Gerade bei der Studienvariante Quereinstieg ist die schulpraktische Ausbildung, also die eigene Unterrichtstätigkeit, in das Studium integriert. Das bedeutet, dass wir ab dem zweiten Studienjahr theoretische Inhalte, die an der PH vermittelt werden, unmittelbar in der Praxis umsetzen können. Umgekehrt können wir Fragen oder Irritationen, die sich in der Praxis ergeben, direkt an der PH thematisieren. Wie intensiv dieser Austausch funktioniert, hängt aber auch individuell von den Dozierenden ab.

Ab und zu ist in der Praxis auch erlebbar, dass bestimmte Konzepte und Vorgaben seitens PH eben theoretisch erarbeitet wurden, und diese in der Praxis nicht wie seitens PH gefordert umsetzbar sind. Hier wünschte ich mir, dass die PH Rückmeldungen aus der Praxis (sei es von uns Studierenden oder den Praxislehrpersonen) offener gegenüberstehen würde.

Was ich hingegen sehr schätze, sind die Unterrichtsbesuche von Dozierenden direkt an unseren Schulen. Hier kann der Austausch ganz anders und intensiver erfolgen als an der PH. Wenn insbesondere auch die Praxislehrperson daran teilnimmt, entwickeln sich sehr wertvolle Gespräche zwischen langjährig erfahrenen Berufsleuten, Berufseinsteigern und Fachdozenten. Ein Ausbau dieser Besuche wäre im Hinblick auf einen institutionalisierten Austausch zwischen Theorie und Praxis sehr wünschenswert.

Sie haben seit einem Jahr eine Anstellung an der Schule, im 1. Jahr 45%, im 2. Jahr 60% (von der PH sind je 30-50% vorgesehen). Wie bewerten Sie dieses Merkmal des Quereinstiegs, da Sie sich in Ausbildung befinden, in Bezug auf Spannungsfelder wie Eigenständigkeit, Verantwortung oder Elternarbeit?

Das ist eine sehr gute Frage. Als nicht mehr ganz junge Person mit 25-jähriger Arbeitserfahrung musste ich mich wieder in die Rolle der Studentin/Auszubildenden begeben. In meiner vorherigen Berufstätigkeit in der Privatwirtschaft war ich in sehr verantwortungsvollen Positionen, habe grosse internationale Projektteams geleitet und ich war es gewohnt, äusserst eigenständig zu arbeiten. Das System beim Quereinstieg sieht allerdings vor, dass die Studierenden während des Begleiteten Berufseinstiegs «geschützt» werden und keine Klassenlehrerfunktion oder alleinige Verantwortung auch im Elternkontakt übernehmen sollten.

Ich hatte grosses Glück und das vollumfängliche Vertrauen meines Schulleiters. Mein neues berufliches Umfeld hat mir von Beginn an viel Freiraum gelassen, was ich sehr schätze. So konnte ich schon im ersten Jahr die Klassenverantwortung mit meiner Stellenpartnerin teilen, in bestimmten Bereichen die alleinige Verantwortung übernehmen und auch selbständig Erfahrungen in der Elternarbeit sammeln. Das hat mir den Rollenwechsel zur Studentin sehr erleichtert. Nichtsdestotrotz bleibt natürlich der Wunsch bzw. Drang, wieder wirklich selbstverantwortlich und eigenständig arbeiten zu können.

Schule lebt von der Heterogenität auch unter den Lehrpersonen, nicht nur bei den Schüler*innen. Eltern erkennen das und stehen Quereinsteigenden meiner Erfahrung nach sehr positiv gegenüber. Sie schätzen unsere Lebens- und Berufserfahrung und die damit einhergehenden, ausgeprägten sozialen Kompetenzen.

Wie ist der Kontakt/Austausch zu den anderen Quereinsteiger*innen, die das Studium gleichzeitig mit Ihnen begonnen haben?

Wir sind eine sehr heterogene Gruppe mit ganz unterschiedlichen Bildungs- und Berufsbiografien und stehen auch an sehr unterschiedlichen Punkten unseres Lebens. Dadurch, dass wir aber eine eigene Kohorte mit eigenen, spezifischen Modulen und fixem Stundenplan bilden, sind wir doch eine recht eingeschworene Gemeinschaft. Wir pflegen einen intensiven Austausch, unterstützen uns sowohl bei schulischen als auch ausbildungsrelevanten Themen, und es haben sich sehr schöne Freundschaften entwickelt.

Was uns vielleicht auch noch stärker zusammenhalten lässt ist, dass wir der erste Jahrgang an der FHNW in dieser Studienvariante sind [Anm d. Red.: Quereinstieg ab Herbstsemester 2021]. Wir spüren ab und zu, dass die Studienvariante noch im Aufbau ist, und sind dann umso mehr füreinander da, wenn an der PH ein Prozess noch nicht ganz rund läuft.

Was leider manchmal etwas zu kurz kommt, ist das soziale Studentenleben. Da wird schon oft der Arbeit an einer Hausarbeit oder einem Leistungsnachweis Vorrang gegenüber einem kurzen Feierabendbier eingeräumt. Vielleicht erkennt man auch daran, dass wir Quereinsteigende sind.

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