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Was kommt nach dem Heim oder der Pflegefamilie?

Was benötigen junge Menschen nach dem Austritt aus einer stationären Erziehungshilfe oder einer Pflegefamilie für einen erfolgreichen Übergang in ein eigenverantwortliches Leben? Die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW suchte mit jungen Erwachsenen Antworten auf diese Frage – die Ergebnisse liegen nun vor.

Bild zum Forschungsprojekt «Care Leaver erforschen Leaving Care»

Care Leaver sind junge Menschen, die einen Teil ihres Lebens in Einrichtungen der stationären Erziehungshilfen oder Pflegefamilien gelebt haben und sich im Übergang ins Erwachsenenalter befinden.

Es zeigt sich: Die Erfahrungen im Heim und das Ende der Hilfe bestimmen, wie der Übergang ins eigenständige Leben gelingt. Das Heim wurde von einigen Care Leavern als eigenes «Ökosystem» erlebt, welches durch enge Zeit-, Raum- und Regelstrukturen gekennzeichnet ist und dadurch als eher fremdbestimmt wahrgenommen wird. Diese Bedingungen erschweren jungen Erwachsenen, mit den Freiheiten nach dem Austritt aus der Institution umzugehen.

«Plötzlich bist du ganz alleine, du bist auf dich alleine gestellt.»

Romana, 29, Care Leaver

Insgesamt bewerten Care Leaver die Strukturen, Abläufe und das Regelsystem in den Heimen als sehr starr und sie haben das Gefühl, sich einfügen zu müssen. Care Leaver wünschen sich mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten. Ihre Bedürfnisse an Freizeitgestaltung oder auch Freund*innen ausserhalb der Institutionen zu treffen, finden teils zu wenig Berücksichtigung.

Das liebe Geld…

Als grösste Herausforderung zeigt sich für Care Leaver die Finanzierung des eigenen Lebens. Damit verbunden sind auch Fragen zu den Themen Versicherungen und Steuern. Eine weitere Hürde stellt die Suche nach geeignetem und finanzierbarem Wohnraum dar. Der Übergang in Berufsbildung und Arbeit ist für junge Erwachsene generell anspruchsvoll. Care Leaver haben in diesem Prozess oftmals kaum Unterstützungspersonen. Nicht zuletzt stellen der Übergang in Elternschaft und die Bewältigung von Schicksalsschlägen Anforderungen, die Care Leaver bewältigen müssen.

Was sagen die Care Leaver zum Übergang?

Grundsätzlich wünschen sich die meisten Care Leaver mehr Unterstützung  ̶  auch nach dem Ende der Jugendhilfe. Kernbotschaften aus ihrer Sicht sind dabei: Es ist «schwer, darauf vorzubereiten, es ist klüger nachzubetreuen». Unterstützung sollte also am Einzelfall orientiert und zum richtigen Zeitpunkt zugänglich sein. Gleichzeitig ist dabei aber eine vertrauensvolle Beziehung und die Haltung der Sozialarbeitenden wichtig: «Du willst Hilfe erhalten und nicht belehrt werden».

Fachliche Empfehlungen zur Unterstützung von Care Leavern

Das Projektteam der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW gibt folgende Empfehlungen zur Unterstützung von Care Leavern:

Entwicklungsfelder im Feld der ergänzenden Hilfen zur Erziehung
  • Leaving-Care-Prozesse und Heimerfahrungen zusammen denken
  • Partizipation im gesamten Hilfeprozess ermöglichen
  • Vorbereitung auf ‘Umgang mit Unsicherheit’
  • Familienarbeit in den ergänzenden Hilfen zur Erziehung stärken
Entwicklungsfelder zur Erleichterung von Leaving-Care-Prozessen
  • Abbau von Barrieren im Hilfesystem und bedarfsorientierte Unterstützung
  • Erleichterter Zugang zu Finanzen, Wohnungen, Bildungsangeboten
  • Rechte von Care Leavern stärken
  • Soziale Netze von Care Leavern anerkennen und stärken
  • Selbstorganisation von Care Leavern ausbauen
  • Sensibilisierung für die Lebenslage Leaving Care

Alle Resultate des partizipativen Forschungs- und Entwicklungsprojekts «Care Leaver erforschen Leaving Care» sind in der Broschüre zusammengefasst.

Partizipatives Forschungs- und Entwicklungsprojekt

Über einen Zeitraum von fast drei Jahren haben 15 Care Leaver, zusammen mit Sozialarbeitenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden, ihre Lebenssituation erforscht. Das Projekt leistet einen Beitrag, dass sich Care Leaver nach Erreichen der Volljährigkeit aktiv an der Planung und Gestaltung ihrer Zukunft beteiligen können und in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt eine Unterstützung erhalten, die ihrem Bedarf entspricht.

So sind nun eine Info-Broschüre für Care Leaver sowie eine Webseite des Care Leaver Netzwerk Region Basel entstanden.

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